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Test - Burnout Paradise Remastered : Geiles Spiel, veraltete Technik

  • PS4
  • One
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Spielspaß schlägt grafisches Brimborium. Immer und überall. Trotzdem hätten EA und Criterion (oder wer auch immer diese Überarbeitung gestaltet hat) beim Remaster von Burnout Paradise gerne ein paar Schippen mehr drauflegen können, denn man muss schon sehr genau hinschauen, um Unterschiede zu entdecken. Am Spaß ändert das nichts – wohl aber am Anschaffungspreis, sofern man eine Microsoft-Konsole besitzt

Endlose Stunden habe ich in dieses Spiel versenkt. In einer Zeit, in der Forza Horizon nur ein Funkeln in den Augen seiner Entwickler war, übertrumpfte Burnout Paradise alles, was sich auch nur entfernt Open-World-Rennspiel schimpfte. Es sah geil aus, war für seine Zeit riesig groß, lud zum Forschen, zum irre schnellen Rasen und zu endlosen Stunts ein. Welch ein herrlicher, für das Jahr 2009 technisch überwältigender Spaß.

Ob man nun die Rennen in Angriff nahm, die an buchstäblich jeder Straßenkreuzung warteten, ob man auf Erkundungstour ging, um gelb markierte Zäune und rote Plakate über den Haufen zu fahren, oder schlicht die Aussicht auf Stadt und Land genoss, spielte eine untergeordnete Rolle. Flexibel wie ein Ball offerierte Burnout Paradise so viele Spielvarianten, dass online wie offline keine Langeweile aufkam. Natürlich nur, solange man keinen Realismus erwartete. Hier stand griffiges, wunderbar direktes Arcade-Handling im Vordergrund.

Als alter Burnout-Fan fehlte mir eigentlich nur eines, nämlich ein Crash-Modus, bei dem ich spektakuläre Unfälle an stark befahrenen Kreuzungen hätte provozieren können. Ein Highlight der Vorgänger, das in der Paradise-Episode leider wegfiel. Halb so wild, wenn der Rest umso mehr begeistert. Ein offenes Straßennetz, das trotz aufwendiger Geometrie und dynamischer Tageszeiten in 60 Bildern pro Sekunde über den Bildschirm flimmerte, hätte kaum jemand der Xbox 360 beziehungsweise der PlayStation 3 zugetraut, doch Criterion belehrte uns alle eines Besseren.

Allein die Darstellung der Crashs suchte ihresgleichen. Kaum ein anderes Spiel zelebrierte die Echtzeitberechnung tödlicher Autounfälle wie dieses. In kunstvoll präsentierter Zeitlupe faltete Burnout Paradise selbst die stabilsten Karosserien in fein choreografiertem Blech-Origami zu Metallklumpen. Selbstverstümmelung war nie aufregender.

Damals wie heute?

Und wie steht es damit im Jahre 2018? Nun, angesichts Konkurrenten wie The Crew oder Forza Horizon, deren offene Welt das Sechs- bis Zwanzigfache an Fläche abdeckt und die dazu noch dynamisches Wetter auffahren, gehört Burnout Paradise klar zum alten Eisen. Allein die Begrenzung auf acht mögliche Zielpunkte für alle Rennen zeugt von einer sichtbaren spielerischen Limitierung, auch wenn dies zum Abklappern der endlos vielen Schleichwege motiviert, die über, unter und zwischen den offiziellen Straßen die eine oder andere Abkürzung garantieren. Navigationssystem? Fehlanzeige! Frei setzbare Kartenmarkierungen? Ebenfalls nicht vorhanden.

Nicht, dass dies den Spaß völlig verderben würde, aber angesichts der Entwicklungen in diesem Genre kann Burnout Paradise die Genrekrone nicht mehr für sich beanspruchen. Und da die Crashs – einst das Vorzeigefeature der Reihe – zwar schön dargestellt werden, aber keine tragende Rolle mehr spielen, fehlt es Burnout Paradise heute an einem schlagkräftigen Alleinstellungsmerkmal.

Daran ändert die Neuauflage, die den Untertitel „Remastered“ trägt, herzlich wenig. Dennoch kein Grund, das Spiel zu verschmähen. So viele spritzige Arcade-Racer mit Open-World-Struktur gibt es letztendlich nicht, als dass Genrefreunde augenrollend abwinken könnten. Schon gar nicht, wenn unter dem Fernseher eine Sony-Konsole steht.

Ob sich eine Anschaffung der Neuauflage lohnt, hängt allerdings von mehreren Faktoren ab. Kennt ihr das Original bereits? Besitzt ihr es womöglich noch? Und, wenn ja, für welches System? Die Xbox-360-Fassung läuft dank Abwärtskompatibilität problemlos auf der Xbox One und sieht dank aufgemöbelter anisotropischer Filter sogar besser aus als das Original.

Burnout Paradise Remastered - Launch Trailer
Kommende Woche erscheint Burnout Paradise Remastered für PS4 und Xbox One; vorab gibt es schon den Launch-Trailer.

Wirklich ein Remaster?

Genau hier scheiden sich die Geister. Noch einmal 40 Euro latzen für ein Spiel, das man bereits besitzt? Da muss die Neuauflage schon einiges in die Waagschale werfen, was aber leider nicht der Fall ist. Introvideos in 720p, deren Kompression an frühe YouTube-Zeiten erinnern, mag man noch verschmerzen können, nur sieht es auf der Straße nicht viel besser aus. Man muss schon genau hinsehen, um alle Verbesserungen zu erkennen – selbst auf der PS4 Pro und der Xbox One X, die eine Darstellung in 4K ermöglichen. Eigentlich machen sie die Schwächen nur noch sichtbarer.

Burnout Paradies Remastered glänzt vornehmlich mit schärferen Bodentexturen, denen zusätzlich eine ganz nette, wenn auch nicht spektakuläre Normal Map spendiert wurde, die künstliche Tiefe verleiht. Asphalt-, Sand- und Kiesoberflächen wirken dadurch ein ganzes Stück schärfer und plastischer. Mit im Paket stecken noch ein paar schärfere Plakate und der Austausch sämtlicher 2-D-Elemente gegen hochauflösende Varianten.

Dazu gehören auch einige Mogeloberflächen, die dreidimensionale Objekte durch geschickt gestaltete 2-D-Texturen vorgaukeln, wie etwa Zäune, die inneren Streben bestimmter Masten oder Bahnschienen. Das war es dann aber auch schon. Der Rest aller Verbesserungen wird durch feinere Filter und ein leicht aufgedrehtes Farbprofil erreicht, was angesichts des Anschaffungspreises von 40 Euro herzlich wenig ist. Selbst die Echtzeitschatten zittern noch immer, wenn sie wandern, und wirken kaum schärfer.

Eine Alternative gibt es in jedem Gebrauchtwarenladen für geschätzt fünf Euro. Wer die Xbox-360- Variante von Burnout Paradise auf der Xbox One (X) emuliert, muss zwar mit der niedrigen Auflösung von 720p leben, wird die texturbasierten Unterschiede währen einer halsbrecherisch schnellen Fahrt aber kaum bis gar nicht wahrnehmen. Tatsächlich gibt es Bereiche in der Remastered-Fassung, deren Texturen an die Grobschlächtigkeit einer Voodoo-3-Grafikkarte erinnern und die unterstützte 4K- Auflösung auf der Xbox One X beziehungsweise der PS4 Pro ad absurdum führen.

Leider macht die Offenlegung der Schwächen durch 4K nicht vor der Geometrie halt. Die hohe Auflösung offenbart nun beispielsweise klare Steigungskanten beim Hinauffahren steiler Berge. Immer dann, wenn die Reifen des Wagens die Kante eines Polygons überfahren, zieht die Kamera ruckartig nach oben. Das fällt in 720p weit weniger auf als in 4K. Ebenfalls enttäuschend: Der hervorragend zusammengestellte Soundtrack wirkt genauso undynamisch abgemischt wie anno dazumal. Surroundeffekte wirken vergleichsweise flach im Mix und können ihre Einbußen durch Kompression nicht verbergen. Das sind alles nur Kleinigkeiten, aber die Summe macht’s.

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