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Special - Folgen des Amoklaufs : Rückkehr der Killerspieldiskussion?

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    Bedauerlicherweise bestand ein Großteil der Reaktionen aus einem Beißreflex, der wenig dazu beiträgt, vor allem bei den älteren Semestern das Bild vom Gamer als aggressivem Jugendlichen zu beseitigen. Natürlich ist da eine tiefe Frustration, dass Spiele wie Counter-Strike mit Millionen von Fans nach langer Ruhe erneut in ein schlechtes Licht gerückt werden, aber Reaktionen wie „Der Amokläufer aß Brot – verbietet Brot“ sind nicht hilfreich. Ebenso wenig wie Kauder und de Maizière sogleich als „die Politiker“ zu verallgemeinern. Der Großteil der Politiker hat derzeit nämlich weitaus größere Sorgen als vermeintliche Killerspiele.

    Natürlich kann man die Aussagen von Kauder und die Aussage von de Maizière als reinen Populismus in Anbetracht bevorstehender Wahlen betrachten. Oder in gewisser Weise als Eingeständnis, beim Verstehen der aktuellen Ereignisse schlichtweg überfordert zu sein und verzweifelt irgendwo Ansatzpunkte zu finden, um nicht als hilflos und inaktiv dazustehen. Vielleicht war es auch nur eine ganz persönliche Meinung in einer schwierigen Zeit.

    Selbst der „gefürchtete“ Kriminologe Christian Pfeiffer schwächte die Schuldzuweisung an „Killerspiele“ im gestrigen „Hart aber fair“ ab und betonte, dass Videospiele für gefestigte Menschen einfach nur ein Zeitvertreib sind. Ungewohnte Worte von einem der heftigsten Kritiker überhaupt. Was aber eigentlich auch zeigt, dass das Thema auf viel zu hoher Flamme kocht und etwas mehr Gelassenheit guttäte. Zumal es weiterhin keine übereinstimmenden Studien oder Metastudien gibt, die eine auslösende Wirkung von Videospielen auf physische Gewalt im Allgemeinen belegen.

    Die Gewalt erreicht den Mainstream

    Diskussionsbedarf gibt es allerdings durchaus. Die explizite Darstellung von Gewalt hat in den letzten Jahren ungemein zugenommen, und zwar medienübergreifend. Beliebte Serien wie „Breaking Bad“, „The Walking Dead“, „Criminal Minds“ oder „Game of Thrones“ wären noch vor wenigen Jahren undenkbar gewesen. Action-Filme zelebrieren Gewalt in Zeitlupe und mit allem, was das Effektkino hergibt. Ein Großteil der aktuellen USK-18-Titel wären noch vor wenigen Jahren sofort auf dem Index gelandet. Davon, dass jede Art von realer Gewalt von Informationsmedien schlagzeilentauglich immer wieder breitgetreten wird, gar nicht zu reden. Die Gewalt ist längst im Mainstream angekommen, und das ist bedenklich.

    Das alles ist aber wohl eher ein Symptom einer allgemeinen gesellschaftlichen Verrohung. Die Gewaltbereitschaft der Menschen ist deutlich gestiegen, vor allem in verbaler Form. Die Gründe dafür liegen aber wohl kaum im Medienkonsum, sondern beruhen eher auf den aktuellen Ereignissen in der Welt, der politischen Lage, sozialen Problemen, dem wachsenden Terror, Perspektivlosigkeit und wirtschaftlicher Unsicherheit. Die Welt, wie wir sie seit Jahren kennen, gerät ins Wanken, und eben das erzeugt Reaktionen bei den Menschen. Dass es zurzeit offenbar angesagt ist, aus Eigennutz diese Ängste noch weiter zu schüren, ist nicht hilfreich und ein weiterer Punkt, der unseren Widerstand erfordert und viel Kraft kostet.

    Mediengewalt: Symptom oder Auslöser?

    Die meisten Studien sind sich einig, dass Gewalt in Medien zwar Einfluss auf die Wahrnehmung von Gewalt hat, selbige aber nicht auslöst, sofern es um psychisch und sozial gefestigte Konsumenten geht. Wenn Spiele wie GTA V, die ein Millionenpublikum erreichen und mehr Umsatz generieren als so mancher Hollywood-Blockbuster, tatsächlich Gewalt auslösen würden, na, dann gute Nacht, Marie. Ich würde das Haus wohl nicht mehr freiwillig verlassen.

    Aber man stelle sich vor, wie all das auf jemanden wirkt, der psychisch krank, sozial isoliert oder in anderer Art und Weise ernsthaft geschädigt ist. Dessen Probleme können durch den ungebremsten Gewaltkonsum massiv verstärkt werden, speziell wenn kein intaktes soziales Umfeld vorhanden ist, das etwaige Probleme erkennen und helfend eingreifen kann. Dazu gehört übrigens auch die Verantwortung der Eltern. Dass der Attentäter von München sich offenbar bereits jahrelang mit dem Thema Amok beschäftigte, wurde anscheinend von seinem Umfeld nicht so als Warnsignal wahrgenommen, wie es hätte sein sollen, und auch die Behandlung hat nicht gefruchtet.

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