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Test - L.A. Noire: The Complete Edition : Phelps, mit „P“. Wie in „PC“.

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Es ist ein Kreuz mit den falschen Vorstellungen. Nehmen wir den verklärten Beruf des Polizeibeamten: Meisterte Terence Hill als atomar verstrahlter Supercop im gleichnamigen Film noch seinen Alltag mit dem Werfen von Autos, dem Fangen auf ihn abgefeuerter Kugeln vermittels Dentalmasse und einer charmanten Coolness, so liegen dem in diesem Review im Mittelpunkt stehenden Cole Phelps eher die alltäglichen Dinge des Polizeidienstes: Schießen. Kämpfen. Fahren und Verhören. Sowie allerlei Gerümpel in seinen Händen zu drehen und zu betrachten. Zumindest in der Konsolenfassung von L.A. Noire war das so. Ein ausführlicher Trip durch das grafisch aufgebohrte L. A. der PC-Version zeigt: Daran hat sich auch nichts Wesentliches geändert.

Info

Vor das Spielen hat Rockstar den obligatorischen Registrierungsakt gesetzt: Nach der Installation will das zwei DVDs umfassende Datenschwergewicht erst online aktiviert werden. Danach soll man sich für Rockstars Plattform „Social Club“ registrieren, aber dieser Schritt kann auch übersprungen werden, um ein zweckdienliches Standardkonto einzurichten.

L. A. im Jahre 1947: Aus den Boxen tönt schwermütig-pornöse Saxophonmusik, während eine markante englische Stimme aus dem Off uns zu einem kurzen Rundflug durch die Stadt der Engel mitnimmt, der von deutschen Bildschirmtexten begleitet wird. Wir sind Cole Phelps: Kriegsheld, liebender Ehemann, vorbildlicher Bulle. Der einzige Gentleman in einem Nachkriegssündenbabel, das von Korruption, Gewalt und Gier durchseucht ist. So scheint es zumindest. Denn Flashbacks verraten: Auch an Phelps und seiner Vergangenheit ist mehr dran, als es den Anschein hat. Wie alles in der Halbwelt des Film Noir ist auch der Detective undurchsichtiger als eine Milchglasscheibe.

Einmal den Publikumsjoker, bitte

Phelps arbeitet im Laufe des Spiels in verschiedenen Dezernaten, ermittelt in Verkehrs-, Mord- und Brandfällen. Dabei ähnelt sich der Ablauf der Einsätze: Nach einer kurzen Einsatzbesprechung auf dem Revier cruisen wir mit einem Partner GTA-typisch im Dienstwagen durch die Stadt zum Tatort. Hier sichten wir Beweise, liefern uns im Verlauf der späteren Handlung Feuergefechte inklusive obligatorischer Deckungsmechanik oder sprechen mit Zeugen und Verdächtigen. Dieses Feature ist auch in dieser Version grafisch nicht minder beeindruckend als auf der Konsole: Denn per Motion-Scan-Technologie wurden sämtliche Gesichter der handelnden Akteure aufwendig digitalisiert und sehen fast aus wie echt.

Die Folge: Wir müssen bei einer Vernehmung wie ein Schießhund auf die Gesichtsausdrücke unseres Gesprächspartners achten, um ihn oder sie bei Lügen oder Ausflüchten zu ertappen.

L.A. Noire: The Complete Edition - PC Launch Trailer
Am kommenden Freitag erscheint L.A. Noire in der Complete Edition auch für den PC; wir haben schon heute den offiziellen Launch-Trailer.

Kommen wir dabei mal nicht weiter, dann helfen Intuitionspunkte. Mit diesen schalten wir richtige Antworten frei, enthüllen Hinweise auf der Minikarte oder befragen die Spiel-Community nach ihrem Bauchgefühl, was Schuld oder Unschuld des Befragten angeht. Parallel dazu sammeln wir an Tatorten versteckte Zeitungen ein, die in spannend erzählten Rückblenden mehr über die übergeordnete Geschichte von L.A. Noire preisgeben, betreiben ein wenig Sightseeing oder klauben Filmrollen auf, wenn uns die Sammelleidenschaft packt.

Kriminelle Gier

Abseits davon gibt es aber – bis auf „kleinere Delikte“ wie Bankraub oder Geiselnahmen - in der Stadt wenig zu tun. Die Handlung ist straff gestrickt, das frei begehbare L. A. kann aber nicht verschleiern, dass Coles Weg durch die Straßen der Stadt doch ein linearer ist. Und dieser gleicht dem der Konsolenvariante wie ein Colt dem anderen: Bis auf eine drastisch erhöhte Weitsicht, die bei einer PC-Version obligatorische verbesserte Auflösung, ein paar knackigere Texturen sowie Anti-Aliasing und anisotrope Filterung halten sich die technischen Unterschiede in zwar deutlich sichtbaren, aber überschaubaren Grenzen.

Diese Unterschiede fallen allerdings nicht immer positiv ins Gewicht: Trotz deutlich höheren Speichers und besserer Rechenleistung hat auch die PC-Variante mit gelegentlichen Pop-ups, Einbrüchen der Bildwiederholrate und kleineren Nachladerucklern zu kämpfen – und zwar unabhängig von den grafischen Einstellungen. Obwohl der sicht- und fühlbare Unterschied zu den Konsolenversionen vergleichsweise gering ist, ist der Hardware-Hunger des Spiels dennoch beachtlich und grenzt ans Verbotene. Optional bietet die PC-Portierung bei entsprechend vorhandener Hardware auch einen 3-D-Modus.

Fazit

von Bernhard Trecksel
Es ist irgendwie passend, dass ein Spiel, das in der Film-Halbwelt Hollywoods angesiedelt ist, selbst vor einer riesigen, aber hohlen Kulisse agiert: Sicher, L. A. ist gigantisch, wunderbar detailliert und leuchtet auf dem Rechner auch noch einen Tick heller und schärfer als auf der Konsole. Aber was nützt es einem, wenn man nur durchfahren und ein bisschen Sightseeing machen darf? Wenn Stadt und Haupthandlung aneinander vorbeiexistieren? Man kann natürlich darüber streiten, ob es Sinn und Zweck einer Portierung sein soll, einem Spiel komplett neue Elemente hinzuzufügen, aber Open-World-Meisterwerke wie Batman: Arkham City zeigen deutlich, wie man Spieler auch lange nach auserzählter Geschichte noch bei der Stange hält. Diese Chance hat Rockstar bei L.A. Noire verpasst. Ich bin der Meinung, dass die technischen Möglichkeiten eines PCs nicht vollends ausgereizt wurden: Wäre es so schwer gewesen, ein paar zusätzliche Aktivitäten hinzuzufügen, die man in der Stadt erledigen kann? Und warum fällt es Entwicklern so schwer, die primäre Peripherie des PC-Enthusiasten, namentlich Maus und Tastatur, bei Portierungen mit einer angepassten Steuerung zu versehen? Doch bei aller sicher gerechtfertigten Kritik ist L.A. Noire auch auf dem PC unterm Strich eines: ein technisch nahezu einwandfreier, hervorragend inszenierter und interaktiver Film Noir, der durch seine vielschichtigen, brillant gezeichneten Charaktere als Pionier die Grenzen der Vision „Videospiel“ auslotet und aus spannend arrangierten Fällen, menschlichen Abgründen und einer hervorragenden, wenn auch seidendünnen Metageschichte ein kleines Kunstwerk arrangiert. Eines, das Thriller-Fans allen Schwächen zum Trotz lange an den Monitor fesseln wird.

Überblick

Pro

  • tolle Darstellung der 40er-Jahre
  • fantastischer Soundtrack
  • grandiose Synchronsprecher und Akteure
  • vielschichtige Charaktere
  • brillante Mimik dank Motion-Scan
  • fantastisches Spielgefühl
  • spannende Fälle
  • gigantische Stadt nach Originalvorbild
  • sehr umfangreich
  • filmreife Präsentation

Contra

  • Fahrzeug- und Frauenmodelle wiederholen sich oft
  • Metageschichte für Thriller-Veteranen durchschaubar
  • Zwischensequenzen und Spielerfahrung „beißen sich“
  • (andere Autos in Zwischensequenzen)
  • Ruckler und Pop-ups
  • Hardware-hungrig

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