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Test - Life Is Feudal: Your Own : Gigantisch, komplex und gesellig

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Nach mehr als einem Jahr in der Early-Access-Phase ist mittlerweile die finale Version der Mittelaltersimulation Life is Feudal: Your Own bei Steam zu haben. Eine offene Spielwelt, nahezu unbegrenzte Interaktion mit der Umgebung sowie ein fundamentaler Teamwork-Gedanke sollen euch vor den Monitor fesseln. Das sind große Versprechen. Doch welche können die Entwickler tatsächlich halten? Dem sind wir auf den Grund gegangen.

Völlig durchnässt und entkräftet steigt der Protagonist aus dem Wasser, schleppt sich mühevoll von der Küste an den nahe gelegenen Wald, um dort erst mal kurz durchzuschnaufen. Er ist auf sich alleine gestellt mit nicht mehr als den Kleidern am Leib. Sofort kreisen die Gedanken um existenzielle Fragen, die ein Gefühl der Beklemmung auslösen: Was soll ich jetzt machen? Wo soll ich hin? Wie kann ich überleben? Was wie die Szene aus einem Survival-Film klingt, ist der Spielbeginn der Mittelaltersimulation Life is Feudal: Your Own – und der Beginn einer sehr langen und auch mühevollen Reise.

Selbst ist der Mann

Um das gleich zu Beginn zu klären: Life is Feudal: Your Own ist nicht das große Sandbox-Projekt, das der Entwickler Bitbox vor vielen Monaten angekündigt hat – zumindest nicht ganz. Zwar sind das Fundament sowie die Spielmechanik identisch, doch eine Welt mit über 10.000 gleichzeitig agierenden Charakteren auf einer 450 Quadratkilometer großen Fläche gibt es nicht. Dieser „MMO-Ableger“ soll erst zu einem späteren Zeitpunkt folgen. Allerdings gibt Your Own schon mal einen guten Anhaltspunkt, auf was die Entwickler abzielen.

Der anfängliche Vergleich mit einem Survival-Film beziehungsweise Survival-Spiel ist gar nicht mal verkehrt. Denn ihr seid tatsächlich auf euch selbst gestellt und müsst euch in der nahezu unberührten Wildnis behaupten. Da ihr jedoch über keinerlei Hilfsmittel außer euren bloßen Händen verfügt, müsst ihr im wahrsten Sinne des Wortes von ganz vorne anfangen.

Ihr schleppt euch durch den Wald, sammelt Feuersteine vom felsigen Boden, rupft ein paar Pflanzenfasern aus und schnappt euch einige Äste von den zahlreichen Bäumen in der Nähe. Aus diesen eher dürftigen Materialien bastelt ihr kurzerhand eure ersten Werkzeuge wie eine primitive Axt oder eine Spitzhacke. Nach und nach könnt ihr bessere Materialien sammeln, Rohstoffe verarbeiten und euch somit immer besser entwickeln.

Das klingt prinzipiell recht spannend, ist aber zu Beginn vor allem eines: mühsam. Zwar gibt es mittlerweile einige hilfreiche, wenn auch nicht hübsche Pop-up-Hilfen, die euch die ersten Schritte erklären. Allerdings sind das Aufsammeln der Rohstoffe sowie deren Verarbeitung ziemlich fummelig und zeitraubend gestaltet. Hinzu kommt die ziemlich gewöhnungsbedürftige Steuerung, die nicht zu den komfortabelsten ihrer Gattung gehört. Außerdem basieren trotz der Hilfen viele Aktionen auf dem Prinzip „Trial and Error“ - Ausprobieren ist angesagt. Das mag zwar für eine Mittelaltersimulation passend sein, ist aber definitiv nicht jedermanns Geschmack und oftmals sogar nervig.

Gemeinsam sind wir stark

Das gilt auch für einige andere Aspekte, die auf den ersten Blick eigentlich sehr vielversprechend klingen. So verbessern sich beispielsweise eure Fähigkeiten nur dann, wenn ihr sie aktiv einsetzt. Wer also das Holzhandwerk meistern will, muss viel Zeit in die Arbeit mit Holz investieren. Auch die Attribute wie Stärke oder Ausdauer steigen nur, wenn ihr euch körperlich betätigt – allerdings nur bis zu einem bestimmten Gesamtwert. Sobald der erreicht ist, geht es nicht mehr weiter und der Charakterfortschritt ist prinzipiell erst mal gestoppt. Das dauert jedoch recht lange und ist – ebenso wie der Einstieg ins Spiel – recht mühsam.

Wer beispielsweise die Karriere eines Zimmermanns einschlagen will, muss erst als Holzfäller die Stufe 30 erreicht haben. Um jedoch Einrichtungsgegenstände herstellen zu können, muss das Handwerk auf Stufe 90 gebracht werden. Ihr seht schon, dass es viel zu tun gibt – leider ist das meist recht eintönig. Etwas mehr Abwechslung, etwa in Form von Zwischenzielen oder bestimmten Boni, wäre auf Dauer motivierender gewesen. Klar, es ist im Kern eine Simulation. Doch auch eine solche kann spannender verpackt werden.

Zudem bewirkt ein einzelner Spieler nicht allzu viel. Bis zu 64 Charaktere können sich gleichzeitig auf einem Server tummeln und sollten das auch tun. Denn nur in einer Gemeinschaft ist es möglich, in einer halbwegs absehbaren Zeitspanne so etwas wie eine kleine Siedlung zu errichten. Überhaupt stehen Teamwork und Gemeinschaftssinn bei Life is Feudal hoch im Kurs, da ihr gemeinsam deutlich mehr und vor allem schneller Erfolge feiert.

Allerdings ist es trotz dieser relativ geringen Spieleranzahl nicht immer leicht, Anschluss an eine bereits bestehende Gemeinschaft zu finden. Bei unseren Testläufen kam es mehrfach vor, dass wir in eine Siedlung marschierten, um dort unsere Hilfe anzubieten – nur um kurze Zeit später vertrieben zu werden.

Auf in den Kampf

Obwohl ihr die meiste Zeit im Spiel mit dem Handwerk oder dem Sammeln von Rohstoffen verbringen werdet, gibt es auch ein Kampfsystem in Life is Feudal. Das hat dieselben vielversprechenden Ansätze wie die anderen Elemente – und dieselben Schwächen. So gibt es beispielsweise ein realistisches Treffersystem, bei dem eure Bewegung entscheidet, ob und wo ihr euren Gegner trefft. Zudem existieren mehrere Trefferzonen mit unterschiedlichen Wirkungsgraden. Es ist sogar möglich, kleinere Gruppen zu bilden und sie per Schlachtenbefehl mit einem kurzzeitigen Buff (Stärkung) zu verbessern. Dennoch fühlt sich der Kampf in der aktuellen Version noch immer etwas unfertig und deplatziert an.

Selbiges gilt übrigens auch für die Präsentation des Spiels. Die Grafik hat zwar ihre schönen Momente, doch insgesamt wirkt die Optik ebenso kantig wie detailarm. Das beginnt bei den Bodentexturen und hört bei den mitunter etwas hölzernen Animationen noch nicht auf. Die musikalische Untermalung ist zwar ganz passabel, einige Geräusche klingen jedoch ebenso steril wie künstlich.

Fazit

André Linken - Portraitvon André Linken
Potenzial für ein Simulationshighlight

Zugegeben, unser Testbericht von Life is Feudal liest sich wohl deutlich negativer, als es die Wertung vermuten lässt. Doch das liegt vor allem an meiner Enttäuschung. Aller Kritik zum Trotz birgt Life is Feudal ein riesiges Füllhorn an Potenzial. Die enorme Handlungsfreiheit, das umfangreiche Crafting-System, der Teamwork-Gedanke, die Survival-Elemente – all das ist prinzipiell ebenso vielversprechend wie reizvoll.

Allerdings sind der Spielablauf im Allgemeinen und der Einstieg im Speziellen unglaublich zäh, die Steuerung ist zu fummelig und die Motivationskurve zu flach. Wer auf knallharte und etwas dröge Simulationen steht, wird mit Life is Feudal sicherlich viel Spaß haben. Alle anderen sollten vor dem Kauf unbedingt mal eine Probepartie absolvieren, denn es ist nicht jedermanns Sache. Das Potenzial für ein Highlight ist definitiv vorhanden – eventuell dann in der echten MMO-Variante.

Überblick

Pro

  • enorme Handlungsfreiheit
  • umfangreiches Crafting-System
  • prinzipiell guter Teamwork-Gedanke
  • unzählige Werkzeuge, Objekte etc.
  • große Spielwelt

Contra

  • Grafik wirkt etwas hölzern und steril
  • Steuerung mitunter fummelig
  • sehr zäher Einstieg
  • größtenteils eintönige Wiederholungen von Aktionen
  • motivierende Elemente zu spärlich

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