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Test - Ni No Kuni II: Schicksal eines Königreichs : Test: Studio Ghiblis Vermächtnis

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Ni No Kuni darf zweifellos als Überraschungshit bezeichnet werden und wird von Rollenspielfans als einer der besten PS3-Exklusivtitel gehandelt. Ein Nachfolger war daher eigentlich überfällig. Doch es ist gar nicht so einfach, eine ähnlich gut funktionierende Mischung aus berührender, kindlicher Märchenhaftigkeit und komplexen Spielsystemen zu zaubern, ohne dabei den Vorgänger lediglich zu kopieren. Entwickler Level 5 geht daher den mutigen, aber fragwürdigen Weg, in Ni No Kuni II ausgerechnet die pokémonartigen Vertrauten zu streichen und stattdessen ein umfangreiches System zum Aufbau eines Königreichs einzuführen.

Auf den ersten Blick wirkt Ni No Kuni II für Fans des ersten Teils wie eine Heimkehr. Grafisch ist der Studio-Ghibli-Stil über jeden Zweifel erhaben, selbst wenn das Studio nicht mehr direkt involviert ist, sondern lediglich einige ehemalige Mitarbeiter. Die Fantasiewelt, in der ihr euch bewegt, ist zwar eine andere als jene des Vorgängers, wirkt aber dennoch sofort vertraut. So besteht die Bevölkerung auch diesmal aus einer bunten Mischung aus Menschen und allerlei anthropomorphen Tierrassen.

Aufbau eines Königreichs

Selbst eine Stadt namens Katzbuckel, Anfangsort des ersten Teils, findet sich in dieser neuen Welt wieder. Der blonde Junge Evan soll eigentlich König dieser Stadt werden, nachdem sein Vater, der alte König, gestorben ist. Doch die Mäuse und Ratten, angeführt vom ehemaligen Berater des Königs, haben die Machtübernahme von langer Hand geplant und wollen den Prinz im Zuge des Staatsstreichs töten. Nur mit Hilfe von Roland, einem Besucher aus einer anderen Welt, kann Prinz Evan fliehen.

Fortan ist das Ziel des jungen Prinzen, sein eigenes Königreich zu errichten, in dem alle Bewohner in Frieden leben können sollen. Nach einigen Irrungen und Wirrungen gelingt es eurer Gruppe tatsächlich, das Königreich Minapolis zu gründen. Über dieses zu herrschen, bildet einen elementaren Bestandteil des Spiels. Ähnlich einem Mobile-Game erweitert ihr euer Königreich nach und nach um neue Gebäude, in denen ihr Materialien produziert und Forschung betreibt, wodurch ihr wiederum bessere Ausrüstung herstellen oder Zaubersprüche lernen könnt.

Damit euer Königreich floriert, benötigt es natürlich Einwohner. Dieser Hintergrund bildet die Kernmotivation für die meisten Nebenquests, von denen es wieder unzählige gibt. Durch die Erfüllung von Aufgaben sind die Auftraggeber derart Feuer und Flamme für euch, dass sie schnurstracks in eure frisch gegründete Stadt ziehen. Einwohner könnt ihr dann auf die unterschiedlichen Gebäude verteilen und somit deren Produktivität verbessern. Tüftlerisch veranlagte Spielernaturen können alleine in diesem Spielelement stundenlang versinken, denn in Sachen Umfang steht der Ausbau des Königreichs einem eigenständigen Mobile Game tatsächlich in nichts nach.

Möge die Macht mit euch sein

Euer jungfräuliches Königreich bildet gleichsam den Dreh- und Angelpunkt der Handlung. Ihr reist von Land zu Land und versucht, eine weltweite Friedensallianz zu schließen. Natürlich gibt es auch böse Mächte mit völlig gegenteiligen Zielen. Wo der Vorgänger als höchst persönliche Geschichte eines heranwachsenden Jungen begann, die sich erst nach und nach zur klassischen Rettung der Welt entwickelte, steht hier – zynisch betrachtet – der Aufbau von Macht von Anfang an im Vordergrund. Dem ersten Teil stand die kindliche Naivität viel besser; die Märchenhaftigkeit war deutlich glaubwürdiger.

In Ni No Kuni II hingegen haben wir einen Protagonisten, dessen Plan, alle Königreiche unter dem Banner des Friedens zu vereinen, in einer leicht verschobenen Betrachtungsweise durchaus als diktatorisch-imperialistische Fantasie gedeutet werden kann. Verstärkt wird das Problem dadurch, dass wir zu Evan deutlich weniger Sympathie aufbauen konnten als damals zu Oliver. Der Rest der Charaktere bleibt ebenfalls blass im Vergleich zum Vorgänger.

Die Spielwelt jedoch ist erneut wunderbar abwechslungsreich und glänzt mit netten Ideen und Liebe zum Detail. Stellvertretend wäre da die Stadt Goldorado zu nennen, die sich dem Glücksspiel verschrieben hat und selbst Gesetzesbeschlüsse durch einen Würfel fasst. Die Dialoge sind abermals meist nur in Zwischensequenzen vertont, dort aber exzellent. Ansonsten beschränken sich die Äußerungen der Charaktere auf einzelne Wörter, die den geschriebenen Text begleiten. Unser Sound-Award gilt daher auch nicht der Vertonung, sondern der abermals grandiosen orchestralen Untermalung.

Mehr Action im Kampfsystem

Größter Kritikpunkt am ersten Teil von Ni No Kuni war das Kampfsystem, insbesondere die KI der Mitstreiter. Level 5 hat sich der Kritik angenommen: Nun kämpft ihr komplett in Echtzeit, wobei ihr zwischen bis zu drei Nahkampfwaffen wechselt. Zusätzlich habt ihr eine Fernkampfwaffe und es stehen euch bis zu vier Zaubersprüche zur Verfügung. Die Kämpfe verlaufen nun deutlich flotter, aber auch generischer und unübersichtlicher.

Für das Fehlen der pokémonartigen Vertrauten wurde leider kein adäquater Ersatz gefunden. Vermutlich sollen die Gnuffis diesen Zweck erfüllen, da diese aber allesamt recht ähnlich aussehen, kommt keine auch nur annähernd ähnliche Sammelwut auf wie im Vorgänger. Ihr könnt bis zu vier dieser niedlichen Geschöpfe in den Kampf mitnehmen, wo sie euch vor allem passiv unterstützen. Ab und an könnt ihr zudem ihre Spezialfähigkeiten auslösen. Da die Standardkämpfe jedoch fast schon übertrieben einfach sind und zumindest in unserer Testversion keine Möglichkeit bestand, den Schwierigkeitsgrad anzupassen, verkommen sie zur Spielerei, die höchstens für Bosskämpfe relevant wird.

Während ihr euch in der Oberwelt bewegt, kommt es zu einem eigenartigen Stilbruch: Anstelle der gezeichneten Charaktere sind eure Truppe und Monster plötzlich im seltsamen 3-D-Chibi-Stil dargestellt, sprich: riesige Köpfe und winzige Körper. Da Standardkämpfe zumeist sehr kurz und belanglos sind, werden Begegnungen auf der Oberwelt zudem schnell zum Nervtöter, da sie lediglich aufhalten und kaum herausfordern.

Ansonsten wird Komfort jedoch groß geschrieben. Monster, die einige Stufen niedriger sind, greifen euch glücklicherweise erst gar nicht mehr an. Auch das Schnellreisesystem ist vorbildlich gelöst: In kaum einem anderen Spiel ist es so einfach, von einem bereits besuchten Punkt zu einem anderen zu reisen. Das fördert jedoch die Faulheit und treibt mitunter seltsame Blüten, beispielsweise wenn es komfortabler ist, sich innerhalb einer Stadt von einer Straße zur nächsten zu teleportieren, als einfach ein paar Schritte zu Fuß zu gehen. Hier sollte man sich selbstdisziplinieren, um sich nicht die Immersion zu zerstören und das Spiel zu einem puren Hin- und Herspringen verkommen zu lassen – denn dafür ist die Welt wirklich viel zu hübsch.

Ni no Kuni II: Schicksal eines Königreichs - Der junge König Charakter Trailer
Der erste von mehreren geplanten Charakter-Trailern zu Ni no Kuni II widmet sich Evan und dessen Aufstieg zum König.

Ein Paradies für Level-Süchtige

Ein wenig wirkt es so, als habe Level 5 versucht, den Wegfall der Vertrauten und die damit verbundene Motivation, sie weiterzuentwickeln, mit möglichst vielen anderen Spielsystemen zu kompensieren. Frei nach dem Motto: „Mehr Leveln, mehr Spaß!“ Es gibt in Ni No Kuni II eigentlich nichts, was ihr nicht aufleveln könnt. Neben eurer Truppe ist da wie erwähnt euer Königreich, in dem ihr regelmäßig neue Gebäude errichtet und diese kontinuierlich ausbaut. Ausrüstung kann ebenso verbessert werden, ja, selbst Zaubersprüche und Gnuffis sind levelbar. Damit nicht genug gibt es den Kampfequalizer, wo ihr mit jedem Levelaufstieg eines Charakters Punkte sammelt, mit denen ihr wiederum gewisse allgemeine Boni verbessern könnt. Beispielsweise, dass eure Truppe resistenter gegen Feuer ist oder mehr Gold findet.

Da euer Königreich trotz friedensstiftender Absichten eine schlagkräftige Armee benötigt, gibt es einen eigenen Kampfmodus für Militäreinsätze. Ihr steuert dabei bis zu vier Truppen und müsst diese so um euch rotieren lassen, dass sie in einem Stein-Schere-Papier-System gegen feindliche Einheiten die Oberhand gewinnen. Dieser Modus ist taktischer, als er auf den ersten Blick wirkt. Ihr könnt zwar Spezialfähigkeiten wirken, eure Verluste auffüllen und zerstörte Türme und Kanonen wieder aufbauen, aber all dies kostet euch Kampfpunkte, über die ihr nur in begrenztem Rahmen verfügt. Wir müssen vermutlich kaum mehr erwähnen, dass ihr auch eure Truppen aufleveln könnt.

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