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Test - Sniper: Ghost Warrior 3 : Nicht mehr als ein Streifschuss

  • PC
  • PS4
  • One
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Was sollte ein Videospiel, das sich auf das höchst professionelle Gewerbe eines Scharfschützen fokussiert, auf gar keinen Fall sein? Richtig, zu leicht. Und jetzt ratet noch einmal: Was ist Sniper: Ghost Warrior 3 leider geworden? Wieder richtig. Bei einem ganz gewöhnlichen Shooter wäre der Grad der Herausforderung nicht weiter wild. Doch bei einem Spiel wie diesem steht die Schwierigkeit (oder besser gesagt: ihr Fehlen) im ungewöhnlichen Verhältnis zur angepeilten Zielgruppe.

Ähnlich ergeht es dem Spiel von CI Games in Sachen Glaubwürdigkeit. Das ganze Setting, der Kern der Spielidee, beißt sich mit der neu eingeführten Open World. Die ist zwar per se nicht schlecht, lässt ihren Protagonisten aber weniger wie einen elitären Scharfschützen als vielmehr wie einen x-beliebigen Actionhelden aussehen. Schlimm genug, dass die gesamte Welt in drei Teile zerschnippelt wurde, die wir nur während spezifischer Missionen wechseln dürfen. Noch dazu ähneln sich diese Gebiete viel zu sehr und sind bemitleidenswert leblos.

Wer also ein annähernd forderndes und realitätsnahes Erlebnis erreichen möchte, muss die Schwierigkeit auf die höchste Stufe stellen und darf den Verlockungen der Open World nicht erliegen. Die Projektion in den eigenen Charakter sowie die logisch darauf aufbauende Handlungsweise eben dieser Person, sind der Schlüssel für spannende und anspruchsvolle Unterhaltung. Diesen Effekt zu erzielen, gestaltet sich jedoch als recht schwierig, da unsere Hauptfigur ein beinahe unsterblicher Alleskönner ist.

Obwohl sich die Entwickler offensichtlich eine Menge Mühe gegeben haben, einen akzeptablen und nicht allzu abgedroschenen Plot abzuliefern, erreicht die Handlung nur selten mehr als B-Movie-Niveau. Mit dem Zusatz der sich monoton wiederholenden Rettungsmissionen entsteht ein Spieluniversum, in welchem sich man nur mit Zähneknirschen und zwei zugedrückten Augen einigermaßen wohlfühlen kann.

Einen Multiplayermodus gibt es momentan noch nicht – darf man den Gerüchten und News glauben, müsst ihr darauf auch noch etliche Monate warten. Stattdessen konzentriert sich Sniper: Ghost Warrior 3 aktuell auf vier Singleplayer-Kapitel mit 26 Missionen und einem klassischen Level-System, welches euch zwischen vier Klassen entscheiden lässt und mit jedem Fortschritt euer Erlebnis noch ein bisschen einfacher gestaltet.

Nicht hübsch, aber selten

Grafisch gesehen ist Sniper: Ghost Warrior 3 kein hässliches Entlein, aber gewiss auch keine Konkurrenz für weit größere Projekte ähnlicher Ausrichtung. Gerade das Licht- und Schattenspiel gefällt sehr gut und unter den richtigen Umständen sieht der Shooter beinahe schon hübsch aus. Im Detail versteckt sich jedoch nicht nur der Teufel, sondern auch die hässliche Wahrheit. Abgesehen von den Schusswaffen des Protagonisten solltet ihr euch nichts aus der Nähe ansehen und schon gar nicht die Zoomfunktion nutzen. Kantige Ränder, eckige Pflanzen und etliche Clipping-Fehler im Gebüsch machen die Menschensafari nicht unbedingt zu einem Augenschmaus.

Weitere Abzüge in der B- und C-Note gibt es für die KI. Unsere Feinde stellten sich teilweise so unterirdisch an, dass der eine oder auch andere ungewollte Lacher zum traurigen Programm des Abends wurde. Da stirbt manch ein Soldat direkt vor den Augen seines Kameraden und dieser zuckt nicht einmal mit den Schultern. Hinzu kommt, dass die Wegfindung und die Bedingungen, unter welchen der Feind mich beziehungsweise meine Position ausmachen kann, zwischen zweidimensional und willkürlich schwanken.

Verschlimmbessert

Graben wir jedoch noch ein kleines bisschen tiefer, begegnen wir letztendlich dem wirklichen Problem dieses Titels. Die Technik ist – gelinde ausgedrückt – eine Baustelle. Neben den bereits erwähnten Totalausfällen der KI und den „Patzern“ im grafischen Bereich gibt es hier und dort auch mal einen Absturz sowie den Verlust von Speicherdaten zu beklagen. Darunter leidet der Spielspaß nicht nur, er droht bei jedem weiteren Mal, sich zu erhängen.

Erinnern wir uns an so manche Vorschau zu dem Spiel, die in den letzten Monaten erschien, so fragt man sich, was bei CI Games nur passiert sein könnte. Von Problemen solchen Ausmaßes war in der Vergangenheit nichts zu hören. Kaum ist der Titel auf dem Markt, kommt man nicht umhin, sich entweder vergeigt zu fühlen oder anzunehmen, beim polnischen Entwickler wurde so lange verschlimmbessert, bis das Getriebe zu pfeifen und der Motor zu husten begann.

Greift zu, wenn...

… euch das Scharfschützenerlebnis in Shootern wie Battlefield und Call of Duty bereits anspruchsvoll genug ist und ihr mehr Wert auf Open World als auf Storytelling legt.

Spart es euch, wenn...

… ihr ein forderndes, in sich stimmiges Scharfschützenspiel sucht. Für den durchschnittlichen Shooterfan ist es ebenfalls ungeeignet.

Fazit

Heiner Gumprecht - Portraitvon Heiner Gumprecht
Zu viel Shooter und zu wenig Sniper

Ein Spiel, bei dem ich mich unwillkürlich frage, welche Zielgruppe CI Games nur angepeilt haben könnte. Für einen bloßen Shooter ist es mit seiner Thematik zu speziell, für Scharfschützen mit einer Vorliebe in Sachen Feinmotorik ist es zu anspruchslos. Erst auf dem höchsten möglichen Schwierigkeitsgrad wird Sniper: Ghost Warrior 3 zu einem annähernd spannenden und fordernden Erlebnis. Dem stehen aber immer noch die miesen deutschen Synchronsprecher und die lustlose, verwaiste Open World im Weg.

Überblick

Pro

  • hohe Missionsvielfalt
  • verschiedene Spielstile/Klassen
  • viele Waffen/Gadgets
  • viele Fertigkeiten
  • übersichtliche Karte

Contra

  • KI-Aussetzer
  • schlechte deutsche Synchronisation
  • leblose Spielwelt
  • öde Nebenmissionen
  • aktuell kein Multiplayer
  • Grafik-/Clipping-Fehler
  • Systemabstürze

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