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Special - Fotorealismus vs. Kreativität : Fotorealismus schadet unserer Kreativität

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Der technische Fortschritt ist unaufhaltsam. Als Video- und Computer-Spiele das Licht der Welt erblickten, staunten wir über jeden Pixel, der über den Bildschirm flackerte. Mehr als drei Jahrzehnte später sind virtuelle Welten stellenweise kaum noch von der Realität zu unterscheiden. Doch allmählich wird mir klar, dass diese Entwicklung nicht nur Positives mit sich bringt. Ich behaupte, dass der nahende Fotorealismus uns unserer eigenen Kreativität und Vorstellungskraft beraubt. Früher regten Spiele die Fantasie stärker an, heutzutage ist davon weniger zu spüren.

Generationen von Spielern sind mit Atari, SNES oder SEGA Genesis aufgewachsen. Die Produktionskosten und die Anzahl an Entwicklern waren überschaubar und dennoch waren Video- und Computer-Spiele für viele von uns nicht nur ein bloßes Unterhaltungsprodukt. Sobald der Röhrenfernseher und die Konsole eingeschaltet wurden, öffnete sich das Tor zu einer anderen Welt. Und das, obwohl Spiele weit davon entfernt waren, ein Abziehbild der Realität zu sein. Trotz grober Pixel und weniger Farben entfaltete sich eine vollkommen andere Welt auf dem Flimmerkasten.

Die technischen Werkzeuge, über die Entwickler mittlerweile verfügen, ermöglichen es ihnen, die Realität fast ohne Einschränkungen nachzubilden. Die millionenschweren Produktionen der Neuzeit sind kaum noch von der Wirklichkeit zu unterscheiden und übersteigen womöglich die Visionen derer, die damals mit nur einer Handvoll Mitarbeitern Konzepte und Spiele entwarfen, die stellenweise noch heute aufgegriffen werden. Die hohe Auflösung in Kombination mit einer wirklichkeitsgetreuen Nachbildung sind das Ergebnis der rasend schnellen technischen Entwicklung.

Doch je realistischer Spiele werden, desto weniger abstrahiert der Spieler. Das kann anhand eines simplen Vergleichs veranschaulicht werden. Betrachtet eine Gruppe von Menschen ein abstraktes, expressives Kunstwerk, wird jeder einzelne dieser Menschen unterschiedliche Dinge in das Werk hineininterpretieren. Je weniger der Künstler darstellt und je mehr er sich nur auf das Wesentliche konzentriert, desto stärker wird die Fantasie des Betrachters angeregt.

In unserer Wahrnehmung reichern wir das Bildnis mit Details an und sehen komplett andere Dinge darin als unsere Mitmenschen. Eine realistische Abbildung wird, sofern sie akkurat umgesetzt wurde, als solche akzeptiert und nicht weiter in Frage gestellt. Das soll die Leistung keinesfalls schmälern. Ein nahezu perfektes Abbild der Realität zu erzeugen, erfordert wahnsinnig viel Auffassungsgabe.

Fan der Fantasie

Mit Spielen verhält es sich genauso. Eine schlichte grafische Darstellung regt uns mehr dazu an, darüber nachzudenken, was da eigentlich auf dem Bildschirm passiert. Reduzierte 2-D-Grafiken verleiten uns dazu, zu abstrahieren und uns vorzustellen, wie Spiel XY wohl in der Realität aussehen könnte. Jedem von uns wird dabei ein anderes Bild vorschweben. Denke ich an Link's Awakening, sehe ich eine riesige, mythische Welt, die vor lauter bedrohlichen Kreaturen wimmelt. Meine Fantasie ist womöglich der genaue Gegenentwurf zu dem, was Nintendo in dem Titel sah.

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