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Special - Kommentar: Guck nicht so blöd : Mimik aus dem letzten Jahrhundert

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Viele Spiele erschaffen virtuelle Welten, doch die wenigsten füllen sie mit Leben. Letzteres findet aber vor allem im Gesicht statt. Warum haben viele Entwickler das noch nicht gemerkt?

Es ist Wahnsinn, wie weit die Technik bei Computerspielen vorangeschritten ist. Bump-Mapping, Full HD, Motion-Capturing, 3D, doppelte Bildschirme und sonstiger moderner Schnickschnack, von dem Otto Normalzocker nicht mal weiß, was er eigentlich ist, finden in Spielen Verwendung. Dank neuester Technik werden Spielwelten immer größer und sogar ganze Universen werden simuliert. Und warum? Um den Spieler in eine virtuelle Welt zu versetzen, die packend und glaubwürdig ist. Doch wenn ich mir Titel wie Mass Effect 2 oder Fallout 3 anschaue, scheitern die Entwickler schon innerhalb der ersten zehn Minuten in Sachen Glaubwürdigkeit und Emotion. „An was scheitern sie denn, lieber Felix?", wird jetzt manch einer denken. Ganz einfach: an der Mimik der Akteure.

Bei allem grafischen Glitter und Glamour, den Spiele heutzutage versprühen, frage ich mich doch immer wieder, warum sich die Entwickler so wenig Mühe geben, den Akteuren durch Gesichtsmimik Leben einzuhauchen. Gerade bei Spielen, die eine epische Geschichte erzählen wollen, wie zum Beispiel Mass Effect 2. Versteht mich nicht falsch, Mass Effect 2 hat eine tolle Grafik und einige der Charaktere sind echt sehr gut in Szene gesetzt, aber Shepards Gesicht hat die emotionale Bandbreite eines Kartons. Und wir reden hier nicht von irgendeiner Randfigur, sondern von dem Big Daddy der Weltraumpiloten, die ein ganzes Universum retten. Egal ob Trauer, Wut oder Freude, Shepards Gesichtsausdruck blieb in der Hinsicht relativ gleich. Ähnliches trifft auf die Mitbewohner der Welt von Fallout 3 zu.

Egal wie gut die Animationen einer Figur sind, wenn die Mimik gerade mal das Niveau einer Marionette aus der Augsburger Puppenkiste erreicht, ist es schwer, Emotionen zu vermitteln. Dass genau diese aber den Unterschied machen, sieht man hervorragend an Half-Life 2. Man nehme zum Beispiel Alyx Vance. Klar, sie sieht gut aus, aber das ist nun mal nicht das einzige „Feature", das sie so attraktiv macht.

Es sind Momente, in denen sie nach einem harten Gefecht einen coolen Spruch loslässt und dabei noch verschmitzt eine Augenbraue hochzieht. Oder man ihr die Hoffnungslosigkeit und Angst aus dem Gesicht ablesen kann statt nur aus den Untertiteln. Durch diese im Gesicht dargestellten Gefühle entsteht eine emotionale Bindung zum Spieler, weil damit verdeutlicht wird, dass in dieser virtuellen Person ein wenig Realität steckt und sie dadurch zum Spiegelbild wird. Dass ein Spiel aus dem Jahre 2004 in der Hinsicht die Konkurrenz immer noch alt aussehen lässt, ist ein anderes Thema.

Doch es gibt auch Licht am Ende des Tunnels. Heavy Rain zum Beispiel. Auch hier haben die Entwickler gemerkt, wie wichtig das Gesicht für die Geschichte ist. Allerdings kommt mit zunehmend realistischer Mimik auch ein neues Problem hinzu: der Uncanny-Valley-Effekt. Spielfiguren, die realistischer gestaltet sind, sind schwerer zu akzeptieren als abstrakte, völlig künstliche Figuren. Doch da die Figuren nun mal immer realistischer in ihrer Darstellung werden, ist mir persönlich dieser Effekt lieber als realistische aussehende Figuren, die durch ihre fehlende Mimik bestechen.

Deswegen mein Appell: Liebe Entwickler, wenn ihr euch schon die Mühe macht, Universen zu erschaffen, dann lasst doch lieber die langweilige Planeten-Scannerei weg und konzentriert euch darauf, den Charakteren und somit auch dem Spiel etwas mehr Leben einzuhauchen.

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