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Special - Interview mit Dark Horse Studios : Special

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Was für Personen arbeiten im Bereich Powerleveling und welche Art Spieler sind ihre Kunden? Zerstören diese Dienstleistungen die MMO-Welt? Stimmen die Klischees über Gold-Farming? Fragen über Fragen, und um sie zu beantworten, haben wir uns mit dem Chef eines der größten Unternehmen für Powerleveling in MMOs zusammengesetzt und einige interessante Details über diese Schattenwirtschaft in MMORPGs herausgefunden.

Interview geführt von Philipp Rogmann-Proietti, Gameswelt, mit Bill Edwards, Dark Horse Leveling Studio.

Gameswelt: Bitte gib uns einen Überblick über die Services, die ihr den Spielern für die verschiedenen MMORPGs anbietet, und welche Möglichkeiten der Spieler hat, wenn er sich an euch wendet.

Bill Edwards: Wir bieten zurzeit "Verbesserungsservices für Charaktere” an, und zwar für die folgenden MMORPGs: 'World of Warcraft', 'Lineage 2', 'Everquest 2', 'City of Heroes / City of Villains', 'Guild Wars', 'Auto Assault', 'Maple Story', 'Runescape 2', 'Legend of Mir 3'. Nicht verwunderlich, dass die meisten unserer Aufträge momentan für 'World of Warcraft' sind.

Der Service, den wir anbieten, variiert von Spiel zu Spiel und beinhaltet folgende Dinge: Powerleveling (Wir spielen den Charakter des Spielers in einem MMORPG auf den Level seiner Wahl), Questing (bestimmte Quests im Spiel werden von uns beendet, je nachdem ob es sich um eine Quest handelt, die wir überhaupt annehmen), PvP (Spieler gegen Spieler; wir erhöhen den Rank eines Spielers in der Rangliste des Spiels; das bieten wir zurzeit nur für 'World of Warcraft' an), Verbesserung der Handwerksfähigkeiten (wir verbessern die Handwerksfähigkeiten des Charakters, wie zum Beispiel bei Schmiedekunst etc.) und Farming eines Gegenstandes (wir nutzen den Charakter des Spielers, um einen bestimmten Gegenstand im Spiel zu finden).

GW: Was für Spieler nutzen euren Service? Gibt es eine bestimmte Art von Leuten, die eher als andere mit euch Kontakt aufnehmen?

BE: Eine große Auswahl von Menschen nutzen unsere Dienste, alle natürlich Erwachsene, da wir keine Aufträge von Personen unter 18 Jahren annehmen.

Generell lässt sich sagen, dass unsere Kunden finanziell gut gestellt sind. Außerdem sind sie fast ausschließlich männlich. Die meisten sind erfahrene Spieler in dem Spiel, für das sie einen Auftrag geben, und sehr oft ist der Wunsch, einen neuen Charakter aufzubauen, der Grund für den Auftrag. Oftmals auf einem neuen Server, um mit Freunden spielen zu können, und sie machen es auf diesem Weg, um direkt zum höchsten Bereich vorzudringen – ohne das lange Leveling, das sie meistens schon von vorher kennen.

Merkwürdigerweise sind zurzeit viele unserer Kunden Teil des US-Militärs im Irak. Wobei das nicht so merkwürdig ist, wenn man sich vorstellt, wie attraktiv die virtuelle Welt eines MMORPGs ist gegenüber dem, was die Soldaten jeden Tag dort mitmachen. Ungefähr die Hälfte unserer Kunden sind Leute aus den USA, aber wir haben eigentlich schon von überall Aufträge erhalten – außer aus der Antarktis. Die Mehrzahl unserer europäischen Kunden sind in England, Norwegen, Deutschland und Spanien zu Hause – in dieser Reihenfolge.

GW: Wie ist die Idee von einer Firma wie eurer entstanden und was für Leute arbeiten für euch?

BE: Ich selbst und Faith Huang sind die Vorsitzenden von DHLS. Ich bin amerikanischer Staatsbürger und Anwalt. Faith ist der Chef von DHLS und Taiwanese. Wir leben außerhalb von Taipei, der Hauptstadt von Taiwan.

Bevor uns die Idee zur Gründung unserer Firma kam, waren wir schon leidenschaftliche MMORPG-Spieler. Über die Jahre habe ich aktiv die folgenden Spiele gespielt: 'Ultima', 'Everquest', 'Dark Age of Camelot', 'Asheron’s Call 2', 'Shadowbane', 'City of Heroes', 'Everquest 2' und 'World of Warcraft'. Zurzeit spiele ich das neue MMORPG 'Auto Assault', beschäftige mich nach langer Zeit wieder mit 'Dark Age of Camelot' und manchmal spiele ich noch 'World of Warcraft'.

Unser Studio ist eine Unterfirma eines taiwanesischen Unternehmens, das nichts mit unseren Services zu tun hat und das der Familie von Faith gehört. Die Firma gibt es seit 1978 und bot das notwendige Kapital für unsere Services. Das Mutterunternehmen mit komplett anderem Namen ist ein Handelsunternehmen mit über einer Million US-Dollar Umsatz im Jahr. Seit 2004 bieten wir unsere Dienstleistungen für MMORPGs an.

Die meisten unserer Mitarbeiter arbeiten in China oder in einer anderen Nation der so genannten Dritten Welt. Warum, ist eigentlich nicht so schwer zu verstehen, und bei allen Firmen, die unsere Art von Dienstleistung anbieten, ist das so – egal, wo das Hauptbüro ist. Es ist eine ökonomische Notwendigkeit, denn wenn wir die Stundenlöhne eines Landes der so genannten Ersten Welt, wie zum Beispiel der USA, zahlen müssten, würde sich niemand die Services leisten können. Um das zu verdeutlichen, müssen wir uns zum Beispiel einmal den Preis eines Powerlevelings von Level 1-60 anschauen, das wir mit garantierten 600 Gold, einem Reittier etc. für 'World of Warcraft' anbieten: 380 US-Dollar. Durchschnittlich dauert das für uns 14 Tage – wir haben es schon in neun Tagen geschafft, das kommt aber auf den Server an. Nun nehmen wir an, wir zahlten dem Mitarbeiter den Mindestlohn zum Beispiel in Kalifornien, also 8,50 US-Dollar. Das würde eine Gesamtsumme von 336 Stunden á 8,50 US-Dollar bedeuten also 2.856 US-Dollar. Und das wäre nur das, was wir dem Mitarbeiter bezahlen würden, um nicht gegen Gesetze zu verstoßen und außerdem noch attraktiv für den Mitarbeiter zu sein. Damit sind keinerlei weitere Kosten und Zusatzkosten und keinerlei Gewinn abgedeckt.

Sind diese Angestellten dann unterbezahlt? Nein, in China sind sie es definitiv nicht. Wir bezahlen unseren Angestellten so viel und meistens sogar mehr, als sie in jedem anderen Job verdienen könnten, der für sie erreichbar ist. Und sie arbeiten in guten Verhältnissen mit Klimaanlage und Sicherheit am Arbeitsplatz und werden bezahlt, um Spiele zu spielen. Dazu kommt, dass an vielen Orten in China der jährliche Verdienst eines Arbeiters bei unter 100 US-Dollar liegt! Unser erster Angestellter hatte vorher für ein Gold-Farming-Studio in Fujian gearbeitet. Er hatte einen Highschool-Abschluss und in dem Dorf, in dem er zu Hause war, hatte noch niemand jemals ein Studium begonnen. Der Verdienst bei dem Gold-Studio war höher als bei jedem Job, den er in der Gegend kriegen konnte, und die anderen Jobs wären harte körperliche Arbeit in ungesunden Verhältnissen gewesen. Da er so exzellent arbeitet, bezahlen wir ihm inzwischen das Mehrfache von dem, was er vorher bei dem Gold-Farming-Studio bekam.

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