Preview - Anger Foot : Dieses Spiel ist wie ein Tritt ins Gesicht
- PC
Der Fuß wippt nervös im Takt, die Finger führen routiniert komplexe Eingaben aus und das, obwohl die Synapsen unter dem Effektgewitter fast zusammenbrechen. Anger Foot zaubert einen audiovisuellen Roundhouse-Kick auf den Bildschirm, der unverkennbar aus dem Devolver-Katalog stammt. Bevor skeptische Gedanken bei euch aufkommen, lasst mich versichern: Style over Substance steht hier keinesfalls an der Tagesordnung.
Im Kern tritt Anger Foot in die Fußstapfen von Hotline Miami, erwiesenermaßen eines der besten Videospiele aller Zeiten. Auch hier rast ihr in einem Affenzahn durch die Levels und säubert Raum für Raum von Gegnern. Die liegen nach einem Tritt oder Treffer am Boden, allerdings haltet ihr selbst auch nicht sonderlich viel mehr aus. Doch da hören die Ähnlichkeiten zum offensichtlichen Vorbild nicht auf.
Schuhe machen Leute
Im Kern läuft Anger Foot also wie Hotline Miami ab, nur tretet ihr eure Gegner eben, anstatt sie zu boxen. Im Gegensatz zum Vorbild rennt ihr in der First-Person-Perspektive durch die Levels und verfolgt das Geschehen eben nicht aus der Vogelperspektive. Schusswaffen wie Pistolen und Maschinenpistolen mit sehr begrenzter Munition drückt euch das Spiel ebenfalls in die Hand. Diese schleudert ihr den Feinden an den Kopf und betäubt sie so, wenn das Magazin leer ist.
Auch ein weiterer Punkt stammt in abgewandelter Form direkt aus dem Vorbild: Wo ihr in Hotline Miami spezielle Skills durch angelegte Masken erhaltet, spendiert sie euch Anger Foot in Form schicker Schuhe. Marken-Treter erwarten euch natürlich nicht, die Vorbilder erkennt jeder stabile Sneakerhead aber ohne Probleme. So füllen Converse Chucks eure Magazine durch gekickte Gegner um eine Kugel auf, Timberlands lassen die feindlichen Köpfe anschwellen und Birkenstocks verursachen Extraschaden bei Bossen. Mehr Latschen konnte ich bisher nicht probieren, Neugier auf die weiteren Möglichkeiten kam aber durchaus auf.
Denn bei Anger Foot fällt euch von Anfang jeder noch so kleine Fehler nicht nur sprichwörtlich ordentlich auf die Füße. Der Tod lauert hinter jeder Ecke und wollt ihr alle Herausforderungen eines Levels abschließen, gleicht das oftmals einem Gewaltmarsch. Keine Schusswaffen zu nutzen oder besoffen eine bestimmte Anzahl an Gegnern aus dem Bild zu treten, mag einfach klingen, gestaltet sich aber bisweilen äußerst knifflig. Kippt ihr euch beispielsweise zu viele kühle Blonde hinter die Binde (die Flaschen liegen überall verteilt), verschwimmt eure Sicht und mit dem Zielen hat es eure Figur dann auch nicht mehr wirklich.
Trotz ihrer fordernden Natur solltet ihr die Herausforderungen aber keinesfalls vernachlässigen, durch sie verdient ihr nämlich Sterne. Diese schalten neue Schuhe frei und wie wir bereits geklärt haben, braucht ein Sneakerhead von Welt haufenweise freshe Fußbekleidung, um in der rauen Welt von Shit City zu überleben.
Eine beschissene Stadt
Den Namen des Schauplatzes habe ich mir übrigens nicht ausgedacht, die Entwicklerinnen und Entwickler greifen für ihr Setting nicht gerade feinsinnig in die Ideenkiste. Als namensgebender Anger Foot kickt ihr euch durch den fäkalienversuchten Sündenpfuhl, aus dem besten Grund aller Zeiten: Goo Cop hat eure hart erbeuteten limitierten Sneaker geklaut.
Denn in der Defäkationsstadt gilt nur eine Regel: Kriminalität ist das Gesetz. Also scheuen weder Adidas-tragende Gopnik-Krokodile noch in Pseudo-Gucci gewandete Hunde (alle auf zwei Beinen unterwegs) vor Mord, Totschlag, grobem Unfug und anderen schwerwiegenden Verbrechen zurück. Ja, selbst die Polizei steht auf der anderen Seite des Gesetzes, was durch ihre Darstellung als Tauben vermutlich verdeutlicht werden soll. Weil Tauben sind bekanntlich fliegende Ratten, und Ratten sind Verräter. Zumindest erkläre ich mir das so.
Der Frontalangriff auf eure Sinne hört bei der knallbunten Cel-Shading-Optik mit ihren abstrusen anthropomorphen Antagonisten aber noch nicht auf. Zu Beginn wirkt der leise aus den Boxen flüsternde Techno-Soundtrack noch regelrecht harmlos. Sobald ihr euch aber in die Konfrontation werft, dreht die Lautstärke auf, der Bass scheppert so heftig, dass eure auf dem Lautsprecher schlafende Katze gnadenlos heruntervibriert wird, und vor euch öffnet sich ein Tunnel der Konzentration. Wie schon bei Hotline Miami verschmelzen Optik und Sound zu einem einzigartigen Erlebnis, das zunächst überfordert, nach wenigen Minuten aber zu neuen Höchstleistungen antreibt.
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