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Test - Castlevania Anniversary Collection : Vampirjagd mit Zuckerbrot und Peitsche

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Die acht enthaltenen Klassiker

Solltet ihr euch mit all diesen Spielen wenig bis gar nicht auskennen, dann gewähren wir euch in den folgenden Absätzen einen Überblick:

Castlevania (NES, 1987)

In diesem wahren Klassiker unter den NES-Spielen zieht ihr mit Vampirjäger Simon Belmont durch ein großes Schloss und säubert insgesamt sieben Abschnitte von Zombies, Fledermäusen und anderem Gruselgetier, bevor ihr euch Dracula in seinem Turm stellt. Die in zwei Stufen erweiterbare Peitsche dient euch als Hauptwerkzeug. Wollt ihr Sekundärwaffen wie Axt, Weihwasser, Dolch, Stoppuhr oder Bumerang einsetzen, so müsst ihr erst Herzchen aus Kerzen schlagen.

Da nur die westliche Fassung enthalten ist, gibt es leider keine Speicheroption nach den Bossen. Die Sammlung offeriert allerdings eine Quicksave-Funktion, die euch ermöglicht, zu jedem beliebigen Zeitpunkt zu speichern. Das klingt zunächst komfortabel, nimmt dem Spiel aber auch viel von seiner Spannung. Andererseits leidet der erste Castlevania-Teil in manchen Abschnitten unter einer willkürlichen Platzierung von Gegnern. Eine einzige Berührung wirft den Helden zurück – im schlimmsten Fall in einen tödlichen Abgrund. Da kann eine Quicksave-Funktion viel Frust ersparen.

Castlevania II: Simon's Quest (NES, 1988)

Nach dem Kampf gegen Dracula leidet Simon Belmont unter einem tödlichen Fluch. Er muss die letzten Überreste Draculas finden, um sie zu verbrennen, damit er überlebt – oder doch nicht? Mehrere Endsequenzen sind abhängig von der benötigten Spielzeit.

Inspiriert von Action-Adventures wie Metroid und Zelda wagte Konami mit der ersten Fortsetzung eine Abwandlung des Spielsystems. Das Hüpfspiel-Gerüst wurde um viele RPG-Elemente erweitert, die zwar stimmungsvoll in Szene gesetzt wurden - siehe etwa der stetige Tag- und Nachtwechsel samt Auswirkung auf die Gegnerstärke – allerdings auch durch unlogische Rätsel, gesprächskarge Dorfbewohner und weitere Mängel ebenso frustrieren konnten. Ohne Komplettlösung ist das Spiel auch heute nur schwer zu knacken.

Zudem beging Konami unnötigen Stilbruch. Herzen gelten plötzlich als Währung für den Einkauf und die sechs Schlösser, die man in der großen zweidimensionalen Oberwelt aufsucht, werden nicht von Endgegnern bewacht. Simon's Quest ist aus historischer Perspektive interessant, spielerisch aber leider kein Highlight. Immerhin: Einige der bekanntesten Musikstücke der Serie haben hier ihren Ursprung, darunter das besonders beliebte Stück „Bloody Tears“.

Interessant: Konami packt die gleiche Version in diese Sammlung, die auch auf dem NES Classic Mini enthalten ist. Gut zu erkennen am verbesserten Passwort-System. Im Original waren viele Schriftzeichen kaum entzifferbar. Nachteil: Retro-Passwörter vom NES-Original funktionieren nicht mehr.

Castlevania III: Dracula's Curse (NES, 1990)

Nach der experimentellen, aber etwas missglückten Action-Adventure-Episode kehrte Konami 1990 zum ursprünglichen Spielprinzip zurück, erweiterte es allerdings um optionale Abzweigungen und Helfer-Charaktere. In diesem Prequel steuert man Trevor Belmont, der sich schon 100 Jahre vor seinem Urenkel Simon mit Dracula anlegte.

Auch heute macht dieser Teil noch richtig viel Spaß. Je nach eingeschlagenem Weg erhält Trevor Hilfe von Begleitern mit besonderen Kräften. Beispielsweise Draculas Sohn Alucard, der anno 1990 seine Premiere feierte. Der Sohnemann des Blutsaugers kann sich in eine Fledermaus verwandeln und Feuerbälle verschießen. Andere Helfer laufen an der Decke oder vermögen Magie anzuwenden. Trevor kann in einem Durchlauf aber nur einen Begleiter mitnehmen. Das motiviert zu mehrfachem Durchspielen.

Castlevania 3 gehört spielerisch, grafisch und akustisch zu den besten NES-Spielen seiner Zeit. Leider enthält die Anniversary-Sammlung aber nur die West-Fassung, die um einige Faktoren beschnitten ist. Das japanische Modul verwendete einen Spezialchip, der zusätzliche Grafikeffekte ermöglichte und zwei zusätzliche Soundkanäle mitbrachte – darunter einen extra tiefen Basskanal. Um wie viel besser die Musik in der japanischen Version klingt, lässt der Titelbildschirm der Anniversary Collection erahnen, denn dort hört man ein Stück des Fernost-Soundtracks als Hintergrundmusik. Tipp: Gebt bei der Namenseingabe „Help Me“ ein, um das Spiel mit 10 Leben zu starten.

Kid Dracula (Famicom, 1990)

Dieses Spiel war bislang nur in Japan erhältlich und gilt als niedliches Spin-off der Castlevania-Reihe. 10.000 Jahre nach seiner letzten Niederlage gegen einen Vampirjäger erwacht Dracula aus seinem Todesschlaf und stellt fest, dass er ein Knirps ist. Er wähnt sich allerdings noch als ultimativer Dämon mit Weltherrschaftsanspruch.

Zu dumm, dass ein anderer Dämon ihm diese Position streitig macht. Kid Dracula beschließt, den Unhold aufzusuchen und ihm die Ohren langzuziehen. Grafisch erinnert das Abenteuer stark an die anderen NES-Episoden der Reihe, allerdings wurde die Grafik vereinfacht und mithilfe einfarbiger Flächen stark auf Comic-Stil getrimmt.

Kid Dracula setzte anno 1990 viel stärker auf typische Jump-and-Run-Elemente als die Vampirjäger-Spiele. Wer es heute angeht, muss in abstrakten Plattform-Konstruktionen punktgenaue Reflexe beim Springen und Ausweichen beweisen. Der ungemein flüssige Spielablauf bereitet auch heute noch Spaß, kann aber nicht mit modernen Titeln des Genres mithalten. Für Castlevania-Fans sicher eine nette Dreingabe, aber kein Highlight.

Super Castlevania IV (Super NES, 1991)

Die Super-Nintendo-Episode der Belmont-Saga ist inhaltlich ein großzügig ausgewalztes Remake des ersten Teils, spielt sich aber ganz anders, da Simon Belmont hier eine Multifunktionspeitsche nutzt, die in jede beliebige Richtung geschwungen werden darf. Sie ist die bislang flexibelste Waffe in der Serie, dient aber nebenbei noch als Schild und als Enterhaken für den Schwung über Abgründe.

Anno 1991 legte das Spiel dank 16-Bit-Technik in Grafik und Sound erheblich zu. Der Soundtrack besteht systemtypisch aus Samples und gehört auch heute noch zum Besten, was die Serie zu bieten hat. Atmosphärisch dicht und kompositorisch teils experimentell, wandert der Soundtrack vom Orgel-Goth-Rock zum Jazz, macht Zwischenhalt bei World Music und landet dann doch immer wieder bei orchestraler Klassik im Stil von Bach. Angesichts der Möglichkeiten des Super Nintendos einfach nur irre und auch heute noch ein Ohrenschmaus! Kein Wunder, dass der Soundtrack inzwischen als Vinyl-LP veröffentlicht wurde.

Das Spiel selbst entwarf Konami ein ganzes Stück linearer als die beiden Vorgänger, aber auch fairer und dank des Passwortsystems weniger frustrierend. Kritikpunkte gibt es Rückblickend nur wenige, etwa dass die Grafik für das Gruselthema an mancher Stelle einen Tick zu bunt wirkt. Zudem kämpfte Konami zu dieser Zeit noch mit der Technik des Super Nintendos. Darum gibt es einige Stellen mit auffällig wenigen Gegnern und ein paar kurze Slowdowns.

Tolle Mode-7-Effekte wie drehende Räume, rotierende Türme und schrumpfende Golems entschädigten damals dafür, gehen heute aber nur noch als grafische Gimmicks durch. Trotzdem ist Super Castlevania 4 ein absolutes Highlight der Serie. Schade, dass auch hier nicht die japanische Version als Option beiliegt, denn die zeigte rotes Blut anstelle von grünem Schleim in Draculas Kerker.

The Castlevania Adventure (Game Boy, 1991)

Der Versuch, Castlevania in ein mobiles Abenteuer zu verwandeln, glückte leider nicht auf Anhieb. The Castlevania Adventure stellt ebenfalls ein Prequel zum Original dar, in dem Christopher Belmont die Peitsche schwingt. Lahmes Scrolling, ein unnötig kurzes Zeitlimit und träge Steuerungskontrolle sind nicht die einzigen Faktoren, die das Spiel tranig wirken lassen. Auch die Abwesenheit von Sekundärwaffen wirkte damals wie heute als Fehlentscheidung im Design.

Als Ausgleich dafür sollte ursprünglich eine noch wirksamer ausbaufähige Peitsche herhalten, die in der höchsten Stufe Projektile schießen kann. Dummerweise erleidet Christopher jedoch bei jeder Feindberührung ein Peitschen-Downgrade. Nervig, ärgerlich, unnötig kompliziert! Angesichts der trägen Steuerung ist das Abenteuer auch so schon zäh und schwierig genug. Musikalisch gehörte The Castlevania Adventure seinerzeit jedoch zu den besseren Titeln auf dem Gameboy.

Dank der Quicksave-Funktion in der Anniversary-Sammlung kann der Frust beim Spielen etwas gemindert werden. Es gibt trotzdem bessere Möglichkeiten, die Zeit totzuschlagen, auch wenn das Spiel mit gerade mal vier Leveln nicht besonders lang ist.

Castlevania II: Belmont's Revenge (Game Boy, 1992)

Der zweite Gameboy-Ableger entschädigte seinerzeit großzügig für alle Fehler des Erstlings. Christopher Belmonts zweite Vampirjagd ist mit sechseinhalb Leveln nicht besonders lang, aber schön gestaltet und auch heute noch sehr unterhaltsam – trotz einfach gehaltener monochromer Grafik. Chris bewegt sich schneller als im Erstling, kann auf Axt und Weihwasser als Sekundärwaffen zugreifen und erlebt keine Peitschen-Downgrades mehr bei Feindkontakt. Ausnahmen bestätigen die Regel: Die Projektile einer gewissen Sorte Gegner lassen seine Peitsche noch immer schrumpfen, und bei Berührungen mit Quallen verliert er alle Herzen für die Subwaffen. Damit kann man leben!

Das zweite Gameboy-Abenteuer war seinerzeit ideal für unterwegs: Nicht zu schwer, nicht zu lang und dank eines einfachen Passwort-Systems flexibel genug für jede Umgebung. Die freie Levelauswahl für die ersten vier Schlösser erinnerte sogar ein wenig an Capcoms Mega Man. Außerdem war und ist die Musik wieder ein Highlight. Kompositorisch zwar simpel, aber atmosphärisch eine Wucht angesichts der Möglichkeiten des Gameboys.

Tipps für Anfänger: Schlagt über Türen (oder in deren Nähe) auf Wände ein – oft verbirgt sich dort ein Extraleben oder ein Stück Fleisch zum Aufstocken der Lebenskraft. Sucht ihr nach mehr Extras, dann versucht, an allen Seilen weiter hinaufzuklettern, als die Grafik vorgibt. Durch manche Decke könnt ihr nämlich durchklettern und so Bonusräume erreichen. Außerdem: Gebt vier Mal „Herz“ als Passwort ein, um ein Soundmenü freizuschalten.

Castlevania Bloodlines aka Castlevania: The New Generation (Mega Drive, 1994)

Castlevania auf einer Sega-Konsole? Im Jahr 1994 war das eine Sensation, denn damit brach einer der treuesten Partner Nintendos mit dem Markführer und gestand Sega eine wichtige Rolle zu. Nintendos Vorgaben zwangen Konami jedoch zu einigen Design-Anpassungen, die das Spiel aus der Reihe tanzen ließen und nie wieder Verwendung fanden. Beispiel: Anstelle von Herzen dienten rote Kristalle als Kraftspender für Sekundärwaffen. Außerdem wirkte die Auswahl der Endgegner sehr Castlevania-untypisch.

Inhaltlich entstand dadurch kein Schaden, Im Gegenteil: Dank der Auswahl zwischen zwei möglichen Protagonisten und der zeitlichen Verlagerung in die Zeit des ersten Weltkriegs spendierte Konami der Serie ein wenig frisches Blut. Bis dato gehört es zu den flinksten und dynamischsten Teilen der Serie, zumal es ein paar witzige technische Spielereien auffuhr. Kompositorisch kommt Bloodlines noch heute gut an, wobei die piepsigen Mega-Drive-Klangfarben dem Super Nintendo nicht ansatzweise das Wasser reichen können. Heute noch weniger als damals.

Auch inhaltlich erreicht Bloodlines nicht ganz die Qualität eines Super Castlevania 4. Die Bosse sind viel zu einfach zu bezwingen und insgesamt fehlt es doch klar am Grusel-Faktor des Originals. Eine Kritik, die nicht auf die Goldwaage gelegt werden darf – es ist nach wie vor eines der besseren Castlevanias und ganz klar ein wertvoller Mega-Drive-Klassiker. In der Anniversary Edition liegt die US-Fassung vor – mit rotem Blut statt grünem Schleim. Gut so!

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