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Test - Gran Turismo Sport : Sonys Finale im heißen Rennspiel-Herbst

  • PS4
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… viel online

Also keine Einzelspieler-Karriere. Aber worin besteht dann der Spielinhalt? Nun, Kazunori Yamauchis neuestes Werk hat vornehmlich Online-Rennen im Visier. Nach der Sichtung zweier Einführungsvideos, die euch eine sportliche Renn-Nettiquette näher bringen sollen, dürft ihr eigene Lobbys erstellen, in denen ihr frei Schnauze Regeln aufstellt, oder öffentlichen Veranstaltungen beiwohnen, die zu vorbestimmten Uhrzeiten stattfinden. Bisher scheint ein stündlicher Takt maßgeblich zu sein, wobei drei unterschiedliche Veranstaltung im Turnus mit je zwanzig Minuten Abstand bereitstehen.

Wollt ihr teilnehmen, so schreibt ihr euch vor Rennstart ein und versucht im freien Qualifying eine ordentliche Zeit hinzulegen, die euch bei der anstehenden Veranstaltung möglichst weit vorne im Startfeld platziert. Schlägt die Stunde, so sucht das Programm automatisch bis zu 24 Teilnehmer aus dem Online-Fundus und steckt sie in einen gemeinsamen Wettbewerb.

Leider zeigen die Nettiquetten-Videos, die ihr zwangsweise vorab schauen müsst, zum jetzigen Zeitpunkt wenig Wirkung. Rempelmanöver und Versuche, misslungene Kurveneinschläge an der nächsten Wand abzufangen, werden zwar durch Zeitstrafen geahndet, nur hält das die wenigsten Online-Teilnehmer von solchen Maßnahmen ab. Leidtragend sind jene, die versuchen, auf Biegen und Brechen den Regeln zu folgen. Denn obwohl GT Sport versucht, die Verhältnisse über eine punktebasierte Fairness-Wertung im Lot zu halten, ist diese nur bedingt gerecht. Punktabzug erfolgt auch dann, wenn man passiv bleibt und ungewollt gerammt wird. Wer hier mitfährt, sollte sich also ein dickes Fell zulegen oder eine Gemeinschaft fairer Fahrer suchen, die in privaten Lobbys ihre Runden dreht.

Wer gut mitfährt, gewinnt entsprechend Erfahrungspunkte, Credits und Bonus-Autos. Nun ja, sofern der Erfolg denn gespeichert wird. Haben Sonys Server Sendepause, so ist jeglicher Erfolg umsonst gewesen, wie wir bei unserer gestrigen Sitzung am eignen Leibe erfahren durften. Drei Stunden lang fuhren wir bei einigen Rennen online mit, nur um in regelmäßigen Abständen gesteckt zu bekommen, unser Stand könne aufgrund einer angeblich nicht bestehenden Online-Anbindung nicht gespeichert werden. Harter Tobak, aber wir gehen nicht von einem Dauerzustand aus.

Trotz des Fokus auf Online-Rennen sind gespeicherte Spielstände enorm wichtig, immerhin wollt ihr Credits sammeln, um neue Wagen zu kaufen und euren Fahrerrang ebenfalls pflegen, damit ihr auf alle Strecken zugreifen könnt. Von beidem gibt es allerdings relativ wenig. Rund 150 Autos bilden den Fuhrpark. Das ist sogar weniger als die bereits recht schmale Palette von Project Cars 2 und erheblich weniger als bei Forza Motorsport 7. Qualitativ braucht sich der Fuhrpark aber nicht hinter Forza zu verstecken. Alle Modelle bewegen sich auf dem gleichen, sehr hohen Niveau und können dank eines Lackeditors nach eigener Facon bemalt werden. Mehr noch: Im Spielverlauf schaltet ihr sogar Foto-Hintergründe frei, auf denen ihr die Wagen effektvoll platzieren könnt. Ein optischer Genuss, wenn auch ohne viel spielerischen Wert.

Mit nur 17 Kursen, die über Verzweigungen auf insgesamt 40 Varianten kommen, gewinnt GT Sport keine Preise für üppigen Umfang. Allerdings muss man Polyphony Digital eine breit gefächerte Varianz anrechnen, denn jeder Kurs kann zu mehreren Tageszeiten befahren werden, was der Abwechslung beiträgt. Leider sind die Lichtverhältnisse nicht dynamisch. Startet ihr also ein Nachtrennen, so bleibt es stets auf demselben Stand. Egal wie lange ihr auf der Nordschleife eure Runden dreht, ihr werdet die Mittagssonne nie zum Horizont wandern sehen oder aus der Nacht heraus gen Morgen fahren.

Grandiose Grafik und ihre Schattenseiten

Im Ausgleich dafür bezirzt Gran Turismo Sport durch fantastische statische Lichtverhältnisse. Ein passender Fernseher vorausgesetzt, genießt ihr spektakuläre HDR-Kontraste, die an mancher Stelle sogar den exzellenten Eindruck von Forza Motorsport 7 übertreffen. Lichtkegel aus den Scheinwerfern der Wagen blenden ebenso beeindruckend wie das gleißende Sonnenlicht. Flutlichter im Autodrom tun endlich mal das, was der Name sagt, nämlich mit Licht fluten. Das muss man mit eigenen Augen gesehen haben, um es gebührend zu schätzen zu wissen.

Ebenfalls lobenswert: Spielt ihr auf einer PS4 Pro, so bleibt euch die Wahl überlassen, ob ihr lieber in hoher Auflösung spielt (1800p über Checkerboarding), oder unter 1080p gewisse grafische Vorteile genießt. Beispielsweise Replays, die statt 30 fps volle 60 Bilder unterstützen und somit ultraflüssig wirken. Alternativ genießt ihr ein leicht gesteigertes Detailrendering, was sich vor allem auf Kleinigkeiten wie Lackspiegelungen auswirkt, die dann weniger grob wirken. Egal wie ihr euch entscheidet, das Spiel läuft innerhalb der Rennen immer bombenfest auf 60 fps – also ganz ohne Einbrüche, wie wir sie aus GT 5 und GT 6 kennen.

Was uns dabei besonders gefällt, sind die weiten Vistas. Kein anderes Rennspiel gewährt einen derart weiten Blick auf den Horizont, inklusive Bergen, Wäldern und Stadtpanoramen. Das Gefühl, in einer weiten, lebendigen Welt zu fahren, ist ungemein ergreifend. Erkauft wird die Pracht jedoch durch vernachlässigte Randdetails

Die Strecken selbst wirken nämlich eher klinisch. Auf den Kursen und deren Rand bewegt sich so gut wie gar nichts. Selbst Grashalme sind eine Seltenheit, obwohl sie in früheren Gran-Turismo-Ablegern gerne aufwändig animiert wurden. Warum auf der Nürburgring-Nordschleife beinahe alle Asphaltgrafitti fehlen, ist uns ein Rätsel.

Mit Pappaufsteller-Bäumen muss man im Reich der Rennspiele leben, das ist auch bei der Konkurrenz der Fall. Was aber ungemein negativ auffällt, ist die hohe Anzahl an „Facing Sprites“, die für die Darstellung von Büschen herhalten müssen. Facing Sprites sind 2D-Objekte, die sich immer mit der Front zur Kamera drehen, egal aus welcher Perspektive man gerade schaut.

Diese Technik ist extrem unmodern, weil der Trick bei genauem Hinschauen stark auffällt. Im Jahr 2017 eine geradezu altertümliche Methode zur Einsparung von Rechenzeit. Sei es drum – es geht um ein Randdetail, das man nicht überbewerten sollte. Unterm Strich sieht Gran Turismo Sport zum Anbeißen lecker aus, auch wenn echtes 4K nicht erreicht wird. Vorteil für Full-HD-Spieler: Die PS4 Pro errechnet dank Downsampling ein sehr scharfes Bild ohne sichtbare Kantenverzahnung. Da ist es selbst für Käufer mit einem 4K-Gerät eine Überlegung wert, auf 1080p herunter zu gehen.

Nur ein Feature hätte sich Polyphony wahrlich sparen können. Kein Mensch braucht eine halbherzige PSVR-Unterstützung, wie sie hier aufgefahren wird. In VR dürft ihr Autos aus vorbestimmten Blickwinkeln begaffen oder Einzelrennen im Arcade-Modus fahren, wobei euch nur ein einziger Kontrahent auf der Strecke bleibt. Ganz ehrlich, für so etwas lohnt es sich nicht, die nervige Verkabelung des Sony-Headsets zu entwirren, auch wenn der grafische Eindruck durchaus nett ist.

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