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Test - Knock-Knock : Die Rückkehr des Poltergeist-Genres

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Während sich Zombies, Vampire und Werwölfe in der gegenwärtigen Unterhaltungskultur als Lieblingswidersacher des Publikums das Siegertreppchen teilen müssen, haben klassische Monster, Schreckgespenster und Poltergeister das Nachsehen und finden nur schwer wieder zurück in die Kinosäle der Gegenwart. Knock-Knock hält nun aber ein überzeugendes Plädoyer für das grausame Potenzial, das in der Poltergeistthematik stecken kann.

Das Szenario, in das uns die Entwickler von Ice-Pick Lodge werfen, klingt zunächst denkbar simpel und übersichtlich: Wir schlüpfen in die Haut des unter Schlafmangel leidenden Protagonisten, der durch nächtliche Geräusche im und um sein Haus herum wach gehalten wird. Unsere Aufgabe ist es, so viele Nächte wie möglich zu überstehen und unbeschadet bis zum Sonnenaufgang auszuharren. „Kein Problem!“, dachten wir, von unzähligen Horrorspielen geschult. Doch Knock-Knock sollte uns ordentlich auf die Finger hauen.

Der Schein trügt

Jeder Level beginnt zunächst gleich. Geweckt von lautem Poltern erwacht unser Protagonist in seinem Haus und fordert uns auf, den Geräuschen auf den Grund zu gehen. Also schleichen wir von Raum zu Raum und erhellen die dunklen Zimmerecken nur mit einer Nachtlampe bewaffnet. Schon im ersten Nebenzimmer entdecken wir eine Glühbirne, die im Dunkeln von der Decke hängt, und schalten sie natürlich sofort an: Licht ist etwas Gutes, schon als Kind war die Nachtlampe der beste Freund des Schlafs. Doch sobald wir die Glühbirne angeschaltet haben und das Zimmer in ein helles Licht tauchen, werden die Geräusche um uns herum lauter, aggressiver und ein lautes Stampfen nähert sich dem Zimmer! War das etwa eine dumme Idee? Haben wir jetzt die Monster angelockt?

An einer anderen Stelle zerbricht die Lampe, kurz nachdem wir sie angefasst haben, was uns noch mehr erschreckt als irgendein wütendes Klopfen. Wir verstecken uns schleunigst hinter einem Sofa und während die Geräusche um uns herum langsam wieder verstummen, erkennen wir, dass Knock-Knock nach eigenen Regeln spielt.

In jedem Level ist ein Objekt versteckt, das die Zeit ein wenig vorspult, sobald man es in die Finger bekommt. Doch nachdem wir einige Male hintereinander glücklich ausatmend die Hände danach ausgestreckt haben, verwandelt es sich in einem Level plötzlich in ein riesiges Auge, das uns direkt anstarrt und sogar vorübergehend die Zeit anhält. Verflucht noch mal!

Die Stimmen im Kopf

Unser Protagonist ist uns bei diesem ständigen Trial & Error übrigens keine große Hilfe: Geplagt und sichtlich gezeichnet vom Schlafmangel plappert er unzusammenhängende Sätze über Kindheit, Elektrizität und die Arbeit als „Weltologe“ und macht dabei Geräusche wie eine sich paarende Ewok-Herde. Im Gegensatz zur quasi nicht vorhandenen Sprache der Spielfigur machen sich die bösen Kräfte im Haus durch mehr als nur Klopfen und Stampfen bemerkbar. Als wir uns nach einer weiteren zerbrochenen Glühbirne in den Keller retten und dort verharren, ruft eine angenehm klingende Frauenstimme, wir sollen von dort weggehen. Intuitiv gehorchen wir und laufen fast einem der … Nun, das wollen wir an dieser Stelle nicht verraten, aber eines sei gesagt: Sobald euch das Spiel Hinweise gibt, müsst ihr misstrauisch sein wie der Hase im Fuchsbau! Denn genau wie dieser Hase werdet ihr euch fühlen.

Albtraumhafter Grafikstil

Knock-Knock ist kein fotorealistisches Next-Gen-Produkt, und das will und darf es auch nicht sein. Der simple Grafikstil, getaucht in oft biederes, gedrücktes Licht, ist hauptverantwortlich für die packende Atmosphäre des Spiels und bietet viele stimmige Details: Während der Protagonist sich durch die dunklen Hausgänge bewegt, zittert seine Hand, die die Lampe hält, stark und verzieht dadurch den Lichtkegel in ein regelmäßiges Auf und Ab. Selbst wenn ein Punkt erreicht wird, an dem die unerbittliche Spielmechanik frustrierend werden kann, lockt das einzigartige Design in Kombination mit der Klangkulisse der Levels immer wieder dazu, einen neuen Versuch zu starten.

Mit der Angst allein daheim

Knock-Knock, das am besten im Dunkeln und mit Kopfhörern gespielt werden sollte, demonstriert euch das Potenzial einer guten Klangkulisse und lässt euch vollkommen freie Hand bei der Frage, wie ihr die nächste Nacht überstehen wollt. Manchmal findet ihr bis zu fünf zufällig verteilte Gegenstände, die nützlich sein könnten, doch in keiner Nacht werdet ihr die gleichen Dinge an denselben Stellen wiederfinden. Oft kann es frustrierend sein, nicht weiterzukommen, da zu keinem Zeitpunkt eindeutig ist, wieso man letztlich doch aufgespürt wurde. Die Lernkurve ähnelt der Flugbahn eines schwächlich geworfenen Holzstocks – doch die unheimlich dichte Atmosphäre und das erfrischend neue Spielprinzip werden euch immer wieder für eine weitere Nacht in das Haus zurückkehren lassen.

Fazit

von Dominik Schott

Knock-Knock ist ein gelungenes Spiel, das allerdings nicht massentauglicher ist als ein Outlast oder Slender. Das liegt vor allem am wenig verzeihenden Spielprinzip, das sich nicht von alleine erklärt, sondern verstanden werden will – und sein bestes gibt, dies mit falschen Hinweisen und regelmäßigen Überraschungen möglichst schwer zu machen. Von dieser Einstiegshürde abgesehen überzeugen die verschiedenen Facetten des Spiels durchgehend. Klangkulisse und Design verfehlen ihre Wirkung zu keinem Zeitpunkt und die Level sind auch nach mehreren Spielstunden noch spannend. Knock-Knock schlittert gefühlt zwar am Preis „Neuer Referenztitel des Horrorgenres“ vorbei, ist aber dennoch ein sehr gutes Spiel, das mehr als eine kurze Anspielrunde verdient hat.

Überblick

Pro

  • sehr atmosphärisch
  • tolles Artwork und klasse Grafikstil
  • überragende Klangkulisse
  • erfrischend neues Spielprinzip
  • hoher Wiederspielwert

Contra

  • Trial-&-Error-Prinzip kann frustrieren
  • erste Aha-Momente stellen sich erst sehr spät ein

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