Länderauswahl:
Du wurdest von unserer Mobile-Seite hierher weitergeleitet.

Special - Hass in Online-Communitys : Alle Mann Händchen halten!

  • PC
Von  |  | Kommentieren

Wenn man an das MOBA League of Legends denkt, hat man zunächst riesige Turniere und eine noch riesigere Fan-Gemeinschaft vor Augen. Doch beschäftigte man sich in der Vergangenheit näher mit der Materie, fiel vor allem eines auf: ein, milde gesagt, sehr rauer Umgangston innerhalb der Community. Beleidigungen der untersten Schublade waren keine Seltenheit. Waren? Ja, waren. Entwickler Riot Games hat mit einem neuen System für Besserung gesorgt.

League of Legends ist ein verdammt gutes Spiel. Ein Spiel, dem auch ich Hunderte Stunden gewidmet habe. Warum also bekomme ich mittlerweile nervöse Zuckungen, wenn es darum geht, mal wieder ein Match zu wagen? Die traurige Antwort: Ich bin es leid, in jedem zweiten Match Zeuge eines Beleidigungsfeuerwerks zu werden. Spielt man zu schlecht, ist man im besten Falle ein Noob, spielt man zu gut, liegt das natürlich an etwaigen Cheats. Macht man einen Fehler, kann das selbstverständlich nur an der eigenen sexuellen Orientierung liegen, und möchte man schlichtweg Spaß haben, hat man sowieso schon verloren.

Zwar gibt es durchaus die Möglichkeit, einzelne Personen oder gar den kompletten In-Game-Chat auszublenden, jedoch gehen dann auch jegliche Möglichkeiten zur taktischen Absprache flöten – eine Lösung musste her. Riot Games beschloss schon vor geraumer Zeit, vor der Problematik nicht die Augen zu verschließen und aktiv dagegen vorzugehen. Es wurden verschiedene Systeme getestet, um für ein angenehmeres Klima zu sorgen. Der Erfolg dieser gut gemeinten Maßnahmen hielt sich jedoch stets in Grenzen. Zumindest bis jetzt. Mit dem sogenannten Tribunalsystem gelang offenbar endlich der Durchbruch.

Eine strenge Hand

Nachdem ein ähnliches System unter demselben Namen bereits gescheitert war, überarbeitete man es grundlegend und startete vor einigen Wochen den zweiten Anlauf. Drei Jahre lang wurden Spiel-Designer und Wissenschaftler zu Rate gezogen, sie sollten das Verhalten der Spieler genauestens untersuchen. So fand man heraus, dass mit ganzen 87 Prozent ein Großteil des negativen Benehmens nicht von Spielern kommt, die prinzipiell zum Pöbeln neigen, sondern von denjenigen, die eher in die Kategorien „neutral“ und „positiv“ einzuordnen sind und schlichtweg manchmal einen schlechten Tag haben. Überraschenderweise steht auch das Alter in keinem Zusammenhang mit dem Benehmen.

Um also etwas ändern zu können, musste laut Jeffrey Lin von Riot Games zu einem allgemeinen Umdenken in der gesamten Community animiert werden. Struktur und Ordnung in eine Gemeinschaft zu integrieren, die zuvor keine hatte – eine echte Mammutaufgabe. Für den Erfolg war eine strenge Hand vonnöten. Positive wie negative Auffälligkeiten mussten mit dementsprechenden Konsequenzen versehen werden, und zwar möglichst zügig nach den Vorfällen.

Hier kommt das Tribunal zum Einsatz. Das System erstellt automatisch Daten zu Verhaltensauffälligkeiten, die von Spielern als inakzeptabel gemeldet wurden, und erlaubt es der Community, selbst Daten und Chat-Ausschnitte einzusehen, um danach abzustimmen, ob das Benehmen in Ordnung war oder nicht. Dieselbe Vorgehensweise möchte man übrigens bis Ende des Jahres auch für positives Verhalten einführen. Das Ergebnis zeigt: Eigentlich ist die absolute Mehrheit der Spieler mit Beleidigungen jeglicher Art nicht einverstanden. Diese Art der Selbstjustiz machte es ihnen offenbar erst bewusst.

Grandiose Ergebnisse

Mittlerweile ist es den Entwicklern fast in Echtzeit möglich, basierend auf den Wünschen der Community selbst, entsprechendes Feedback auf Meldungen zu geben. Die Ergebnisse sprechen für sich: Fälle von Homophobie, Rassismus und Sexismus gibt es laut Statistik nur noch in zwei Prozent aller League-of-Legends-Matches. Der verbale Missbrauch konnte um ganze 40 Prozent gesenkt werden und unglaubliche 91,6 Prozent aller „negativen“ Spieler änderten ihr Verhalten bereits nach nur einer Meldung.

Auch der Selbsttest überzeugt. Von acht Testspielen in den letzten Tagen wurde lediglich in einem einzigen Match ein wenig gemeckert. Die gewohnten Hasstiraden begegneten uns nicht. Natürlich kann hierbei auch eine Portion Glück im Spiel gewesen sein, beeindruckend ist es trotzdem. Das spricht deutlich dafür, dass es sich bei der langjährigen Problematik keinesfalls um eine unlösbare handelt.

Mit gutem Beispiel voran

Selbstverständlich ist die Community von League of Legends nicht die einzige, in der regelmäßig unangebrachte Ausdrücke fallen. Ein friedliches Beisammensein und der eigentliche Spielspaß scheinen für viele Spieler enorm an Wichtigkeit verloren zu haben. Eine Tatsache, die traurig stimmt, aber erkennen lässt, wie wertvoll der Schritt von Riot Games ist. Es bleibt zu hoffen, dass andere Entwickler dem Beispiel folgen – oder noch besser, dass die Spielerschaft selbst zur Vernunft kommt.

Kommentarezum Artikel