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Test - LittleBigPlanet : Ein Sackgesicht eröffnet neue Horizonte

  • PS3
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In dem verschlafenen Örtchen Guildford im Süden Englands sind gleich mehrere Spielentwickler-Teams ansässig, darunter die Lionhead Studios (Fable), Criterion (Burnout) und Media Molecule. Man sitzt gerne bei einem Glas Ale im Pub, quasselt über Games und spinnt gemütlich vor sich hin. In solch einer Situation dürfte die Idee zu LittleBigPlanet entstanden sein: Lasst uns ein Jump'n'Run mit altmodischer 2D-Mechanik auf die Beine stellen, mitsamt süßem Charakter als kultigem Held. Dann setzen wir einen riesigen Editor ins Zentrum des Geschehens, mit dem man so ziemlich alles selbst bauen kann, was man im Spiel an Levels, Figuren und Mini-Games findet. Das Ganze natürlich mit einer hoch komplexen Physik und komfortablen Online-Tausch für die Community.

Verrückt, ambitioniert ... und überaus sympathisch

Dieses völlige Nerd-Produkt, das auf den ersten Blick höchstens einige Hobby-Spieldesigner und Retro-Jump'n'Run-Fans anspricht, soll die Herzen der Masse im Sturm erobern - quasi die Mainstream-Antwort Sonys auf den angesagten Casual-Gamer-Zug rund um Nintendos Wii. Der Neuling Media Molecule hat sich also eine scheinbar verrückte Aufgabe gestellt und ein mehr als ambitioniertes Projekt namens LittleBigPlanet in Angriff genommen. Trotzdem oder gerade deswegen hat Sony hohe Erwartungen an das Produkt und bringt sogar ein PS3-Bundle mit Spiel und Konsole in den Handel.

Eines muss man Media Molecule aber lassen: Sich so weit aus dem Fenster zu lehnen, sorgt durchaus für Sympathien. Und das gilt auch für Sackboy, den Helden des Spiels. Der kleine Kerl ist eigentlich bloß eine Stoffpuppe aus grober Jute. Das Püppchen ist aber mit seinen Grimassen dermaßen niedlich animiert, dass ihm die Herzen der Spieler und Spielerinnen nur so zufliegen. Ich bin überzeugt: Der kleine Sackboy wird ein ganz Großer in der Gilde der Games-Kultfiguren werden.

Genre-Kost in die Puppenkiste

Bevor ich mich mit dem Editor beschäftige, komme ich zum eher traditionellen Part des Spiels, den vorhandenen Jump'n'Run-Levels. Muss man in LittleBigPlanet denn überhaupt im Editor rumfuhrwerken? So die bange Frage vieler Spieler. Nein, muss man nicht, sollte man aber. Wer darauf verzichtet, bekommt trotzdem ein schlicht gestricktes, aber sehr unterhaltsames Jump'n'Run im Geist früherer Meister à la Super Mario, Gex, Bonk's Adventure, Sparkster, Pandemonium, Crash Bandicoot oder Sonic geboten.

Ihr steuert Sackboy durch die meist in Seitenansicht präsentierten Levels, folgt dem in alle vier Richtungen verlaufenden Pfad und erreicht das Ziel, ohne zuvor alle Leben verschleudert zu haben. In jeder Stage befinden sich Checkpoint-Tore. Dort steigt ihr nach dem Aushauchen eines Lebens wieder ein. Verbraucht ihr an einem Tor allerdings alle vier Leben, müsst ihr gnadenlos wieder am Levelanfang beginnen.

Doch wer trachtet dem süßen Sackboy nach dem Leben? Je nach Level-Thema (unter anderem Garten, Gruselwelt, Wilder Westen, orientalischer Tempel, Schneeland) sind das gefährliche Banditen, Dinosaurierskelette, untote Butler, Riesenkrokodile, gefährliche Maschinen oder groteske Monster. Darüber hinaus gefährden Stachelgruben, Brandflächen, bodenlose Löcher, Gas-Bassins und vieles mehr die Jutehaut des kleinen Helden. Um heil ans Ziel zu kommen, springt und rennt ihr beziehungsweise Sackboy munter durch die Levelarchitektur, meistert knifflige Passagen mit schwebenden Plattformen, rast mit kleinen Fahrzeugen einen Hügel hinab, schwingt euch an Lianen über Fallen oder nutzt abwechselnd erscheinende Fahrstühle.

LittleBigPlanet - E3 2008 Trailer
Die Prinzessin will vom Prinzenritter gerettet werden. 'LittleBigPlanet' im E3-Trailer.

Auch klassische Puzzles wie das Betätigen von Schaltern, das Verschieben von Kisten als Treppenersatz und das Finden von Schlüsseln gehören zum Alltag der Stoffpuppe. Ebenso dürft ihr immer wieder mal bestimmte Figuren retten, aber auch beispielsweise Items zu Zwischenzielen transportieren und versteckte Durchgänge suchen. Die Gegner sind übrigens genauso wie die Stages visuell nicht wirklich zum Fürchten: Alles sieht aus, als wäre es direkt einer Bastelpuppenkiste entsprungen. Jedem Element sieht man an, dass es auf irgendeine Art Kulisse ist: Ebenen bestehen aus Stoff, Plattformen aus Karton, das Wasser aus Laubsägesperrholz und selbst die Feinde sind mit Schrauben, Ösen und Nieten in bester Spielzeug- beziehungsweise Baukastenmanier konstruiert.

Boni-Jagd - allein oder zu zweit

Ab und zu sorgen spezielle Abschnitte oder gar ganze Levels in der klassischen Hüpferei für Abwechslung, wo ihr unter anderem vor einem stetig die ganze Stage zerstörenden Monster flieht, euch mit einem Bossgegner duelliert oder eine rasante Fahrsequenz übersteht. Wer die Augen offen hält, schaltet Bonus-Levels frei, die typische Highscore-Minispiele beinhalten. Ihr seht schon: LittleBigPlanet ist in diesem Bereich ein sehr traditionelles Jump'n'Run. Der Schwierigkeitsgrad ist anfangs sehr moderat, steigert sich aber immerhin ein wenig. Der kniffligste Part ist oft, dass sich Sackboy trotz 2D-Spielmechanik auf bis zu drei Ebenen (oder „Schienen") durch die Welten bewegt.

Häufig müsst ihr die Ebene wechseln - nicht zuletzt, um zum Beispiel hinter eine Plattform im Vordergrund zu gelangen. Dieses Spiel mit den Ebenen funktioniert in der Praxis allerdings nicht immer so, wie es soll, zumal ihr aufgrund der Seitenansicht nicht immer sauber erkennen könnt, welche Ebenen vorhanden sind und auf welcher sich Sackboy befindet. Dazu kommt eine eigentümlich träge Steuerung, die allerdings nur beim Sprungverhalten störend auffällt. Und selbst diese Mankos verzeiht man dem Spiel bald.

Die 50 Levels des Story-Modus habt ihr recht schnell durchgezockt. Die meiste Zeit seid ihr aber sowieso nicht damit beschäftigt, das jeweilige Levelende zu erreichen. Vielmehr habt ihr es auf die überall in den Stages versteckten Bonusgegenstände und Punktekugeln abgesehen. Mit Letzteren erhöht ihr zum einen euren Kombo-Wert, zum anderen natürlich eure Punktzahl. Am Ende der Stage nehmt ihr in einer Rangliste Platz - online könnt ihr so schauen, ob ihr die Stage besonders gut im Griff habt. Heiß begehrt sind die hunderte Bonus-Items. Jedes der Items wird dem Editor hinzugefügt. Da ihr somit euren Baukasten nach und nach mit Gegenständen füllt, ist die Motivation enorm groß, alle Items zu finden. Fans von Sammeleien wie Pokémon verfallen dem Spiel ohnehin noch schneller.

Interessanterweise könnt ihr übrigens gar nicht alle Items alleine finden. In den Levels gibt es Bonusräume beziehungsweise Rätsel, für die ihr die Hilfe eines Mitstreiters benötigt. Bis zu vier Spieler dürfen gemeinsam online oder offline durch die Stages hüpfen, dabei wird Teamwork groß geschrieben. Dank der simplen Steuerung (laufen, hüpfen und sich an Leveldetails festhalten) kommen selbst unerfahrene Spieler oder gar Nichtspieler rasch mit Sackboy klar. Witzig: Per Tastendruck zeigt Sackboy Emotionen, ihr könnt seine Arme bewegen, per Sixaxis-Motion den Kopf bewegen und einen Kollegen packen oder gar verprügeln. Eine schlichte Chatfunktion im jederzeit einblendbaren In-Game-Menü ist jedoch für die Kommunikation ebenfalls vorhanden.

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