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Special - Ein Anflug von Größenwahn : Wien als Minecraft-Stadt

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Was haben ein Sportlehrer, ein Student für Bauingenieurwesen und ein Pharmaziestudent gemeinsam? Sie bauen Wien virtuell in Minecraft nach. Wie es zu dem Megaprojekt gekommen ist, was an Minecraft so faszinierend ist und was die Wiener Unterwelt mit dem Projekt zu tun hat, erzählen Stefan Riedmann, Bernhard Theissl, Philipp Wicho und Josef Gottschall, Head of Public Relations Unit Wien Kanal, im Gameswelt-Interview.

41,4 Quadratkilometer Stadtfläche – das ganze Gebiet zwischen dem Gürtel im Westen, der Tangente im Südosten und der alten Donau im Nordosten – sowie 6,3 Kilometer Donaukanal, 14 Straßenbahnen, 160 Haltestellen – ein virtuelles Wahnsinnsprojekt. Etwas Vergleichbares gibt es europaweit nicht. Die Idee dazu hatte Bauingenieur-Student Stefan Riedmann, 22. „Das war eigentlich ein Anflug von Größenwahn“, sagt er heute.

Gameswelt: Wie habt ihr mit MCVienna angefangen?

Stefan Riedmann: Angefangen habe ich das ganz alleine im Oktober 2013. Da dachte ich mir: Warum baue ich nicht einfach ganz Wien nach? Und begann mit dem Franz-Josefs-Kai im ersten Bezirk. Aber schon bald habe ich bemerkt, dass diese Aufgabe ein bisschen zu groß für mich allein ist, und mich dann auf die Suche nach einem Team gemacht.

Bernhard Theissl: Ich habe mit ein paar Freunden – unabhängig von diesem Projekt – gemeinsam gebaut, auch einmal das Schloss Schönbrunn. Dann sahen wir auf Facebook, dass man sich bei jemanden bewerben kann, der ganz Wien nachbaut. Und da dachten wir uns, das machen wir doch glatt. Und so haben wir uns dann gefunden und seitdem machen wir das gemeinsam.

GW: Was ist an Minecraft so faszinierend?

SR: Die unendliche Kreativität, die Freiheit. Das kann man mit LEGO vergleichen, ist ziemlich ähnlich. Aber wenn ich mir ein LEGO-Set mit 200 bis 300 Teilen kaufe, dann kann ich mir nur ein paar Sachen daraus bauen. Mit Minecraft für 20 Euro habe ich aber unendlich viele Steine und kann auch unendlich große Sachen bauen.

BT: Es gibt Leute, die sagen: Ich bin Navy-Schiffsfanatiker und ich baue jetzt alle Flugzeugträger in Minecraft nach. Das geht. Die Grenze ist nur die eigene Fantasie. Das ist das Tolle und das Faszinierende. Und es kommen die Leute auch zusammen. Spät nach der Uni oder nach dem Training setzen wir uns noch gemeinsam hin und basteln.

Philipp Wicho: Das ist so, wie wenn man am Abend auf ein Bier geht. Wir haben einen Piloten im Team, und der ist oft gar nicht in Wien. Da treffen wir uns dann am Abend in Minecraft, können dabei auch ein bisschen quatschen und nebenbei ein paar Häuser bauen.

GW: Wie funktioniert das Bauen eigentlich, welche Hilfsmittel stehen euch zur Verfügung?

SR: Wir haben offizielles Kartenmaterial der Stadt – das ist ja Open Data, darauf kann jeder zugreifen. Das wird dann wie ein Hintergrundbild in die Minecraft-Welt reingeladen. Da sieht man die Grundrisse. Danach arbeiten wir mit Fotos – in Wien ist jedes Haus tausendmal fotografiert –, darauf kann man sich die Fassaden genau anschauen.

BT: Da sehen wir uns an, wie das Dach ausschaut, die Fassade, der Eingang oder die Fenster. Und dann müssen wir überlegen, welche Materialien wir nehmen. Es gibt bei Minecraft ja verschiedene Materialien mit anderer Farbe und Struktur. Und durch diese Kombination und das gemeinsame Denken entsteht dann ein neuer Block.

GW: Klingt eigentlich ganz einfach.

BT: Ja, ist es. LEGO-Spielen ist auch nicht schwer. Aber man muss eben die Muße haben. Es gibt manchmal ganz seltene Farben. Oder wie mache ich eine Rundung, wie bringe ich das hin, dass das in der Virtualität aussieht wie in der Realität? Das ist eigentlich die hohe Kunst, das so hinzukriegen, dass es einen Wiedererkennungswert hat.

GW: In den Stephansdom haben angeblich drei Personen über zwei Wochen investiert.

SR: Da haben wir ungefähr hundert Arbeitsstunden investiert. Der Stephansdom ist ja nicht unbedingt klein und er steht in einem blöden Winkel zum Koordinatensystem, das es in Minecraft gibt. Es geht einfach viel Zeit drauf, bis man eine Form findet, mit der alle zufrieden sind.

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