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Test - Hellblade 2: Senua’s Saga – Test : Ein Vorzeige-Spiel für die Xbox. Ein Kaufgrund aber nicht

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Als Hellblade: Senua’s Sacrifice (Test) im August 2017 erschien, stellte es eine mittelschwere Sensation dar. Eine derart hohe Produktionsqualität hatte man von einem Indie-Spiel ohne finanzstarken Publisher im Hintergrund noch nicht gesehen. „Indie-AAA“ sagen die Entwickler selbst zu ihrem gewählten Anspruch, den sonst allenfalls noch Larian Studios seit Baldur’s Gate 3 in gleichem Maße hegt. Doch seitdem ist einiges passiert: Entwickler Ninja Theory wurde inzwischen von Microsoft gekauft. Auf dem Nachfolger Hellblade 2: Senua’s Saga lasten nun nichts weniger als Systemseller-Erwartungen für die Xbox Series X|S.

Doch Hellblade erregte seinerzeit eben nicht nur durch seine bemerkenswerte Grafikqualität und den sagenhaft ausdrucksstarken Gesichtsanimationen für Aufsehen, sondern vor allem durch seine erzählerische Herangehensweise: In seiner Variation der Orpheus-Sage steigt die nordische Kriegerin Senua ins Reich der nordischen Hölle hinab, um ihren verstorbenen Geliebten ins Leben zurück zu geleiten. Doch nach und nach wird offenbar, dass es sich bei den Bestien und Göttern, die sich ihr dabei in den Weg stellen, in Wahrheit um die Manifestationen ihrer eigenen Ängste, verdrängten Traumata und Psychosen handelt.

Denn noch eine Ebene tiefer in den mannigfaltigen Schichten der Interpretationsebenen war Hellblade vor allem ein psychoakustisches Kunstwerk, das sich der halluzinierten Realität mentaler Krankheiten widmet: Die Stimmen in ihrem Kopf, die Senua während des Spiels wie unablässig plappernde Engelchen und Teufelchen beraten, jeden ihrer Schritte kommentieren, sie warnen, vor allem aber auch verhöhnen, wurden in Zusammenarbeit mit Psychologie-Professoren an der Cambridge-Universität und Betroffenen entwickelt, um der Erfahrung von Schizophrenie eine möglichst authentische Entsprechung zuteil werden zu lassen.

Trigger-Warnung: Die Hellblade-Spiele thematisieren ausführlich psychische Krankheiten, Traumata, Schizophrenie und Depression. Wenn du selbst davon betroffen bist, dann haben die Entwickler eine eigene Website eingerichtet mit einer Liste von Anlaufstellen, bei denen du dir Rat und Hilfe holen kannst.

Story: eine raue Welt der Gewalt und Götter

Beim Nachfolger Hellblade 2: Senua’s Saga handelt es sich nun nicht um ein Prequel, wie zwischenzeitlich fälschlich vermutet wurde, sondern einen richtigen Nachfolger, der an die Handlung des ersten Teils anschließt. Senua hat am Ende des Vorgängers Frieden mit ihren inneren Dämonen geschlossen und ihre ständige Anwesenheit in ihrem Geiste akzeptiert. Doch nun sieht sie sich neuen, ganz weltlichen Bedrohungen gegenüber.

Zu Beginn des Spiels erleben wir Senua als Gefangene auf einem Sklavenschiff der Nordmänner, die Senuas Volk scharenweise verschleppen und brutal abschlachten. Doch in der rauen See vor der isländischen Küste erleidet sie Schiffbruch. Alle an Bord ertrinken, nur sie selbst überlebt und beginnt so ihren blutigen Rachefeldzug gegen ihre Peiniger.

Doch schon bald offenbart sich eine viel größere Bedrohung hinter den Ereignissen: Ein Vulkanausbruch hat einen Spalt bis tief in die Erde zur Hölle der nordischen Mythologie gerissen, aus dem die Riesen emporstiegen und nun nach Menschenopfern verlangen. Senua muss sich auf einen beschwerlichen Weg machen, um sich mit dem sagenumwobenen verborgenen Volk zu verbünden, die allein über das geheime Wissen verfügen, einen unsterblichen Gott zu töten.

Ein Spiel wie ein Bewusstseinsstrom

Die Handlung von Hellblade 2: Senua’s Saga fällt deutlich direkter und weniger von psychologischem Symbolismus durchtränkt aus wie im Vorgänger, wenngleich es immer noch ausreichend Andockstellen für Interpretationen anbietet. Statt um mentale Krankheiten und verschüttete Traumata geht es diesmal um Senuas Schuldgefühle angesichts der zahllosen Opfer, die sie nicht zu retten imstande war, und das Überwinden von tief verwurzelten Urängsten: die Furcht vor der Dunkelheit, vor dem eigenen Versagen, davor sich zu rettungslos zu verirren, vor Einsamkeit und sozialer Isolation, welche die wachsende Nähe und das Vertrauen in Freunde und Kameraden innerlich blockiert.

Wie schon im ersten Teil greifen die Entwickler zur Vermittlung dazu auf den genialen erzählerischen Kniff von Senuas schizophrenen inneren Stimmen zurück, die wie garstige Feen jeden ihrer Schritte kommentieren und bei Verwendung von Kopfhörern tatsächlich im eigenen Kopf zu sprechen scheinen. Im Gegensatz zum Vorgänger treten sie nun weniger spöttisch und widerstreitend auf, schließlich hat Senua ihre Krankheit mittlerweile überwunden bzw. sich mit ihr arrangiert.

Vielmehr fungieren sie nun als eine Art innerer Monolog, der Senuas Gedanken an den Spieler übermitteln soll und – das ist das Geniale daran! – ihm dabei nicht selten selbst zu einer Art mentalem Echo wird. Regelmäßig ertappte ich mich jedenfalls dabei, wie die Stimmen genau das, was ich in diesem Moment dachte, gewissermaßen aussprachen und teilweise sogar vorwegnahmen: „Wo geht es nun lang? Hat sie sich verlaufen? Soll sie besser umkehren? Geh dort nicht hin, es ist bestimmt gefährlich!“ War Hellblade 1 noch eine Studie über die entrückte Gedankenwelt einer schizophrenen Person, gewährt Teil 2 faszinierende Einblicke in die eigenen Denkprozesse beim Spielen von Videospielen.

Entsprechend ist Hellblade 2 ein Spiel, das seine Sogwirkung vor allem auf der Tonspur entfaltet und daher nach Möglichkeit mit Kopfhörern genossen werden sollte – ein Umstand, der schon beim Vorgänger in nahezu jedem Artikel zum Spiel ausgiebig betont wurde – und zwar nicht allein deswegen, weil nur so die Präsenz der Stimmen im Kopf wie von den Entwicklern beabsichtigt wirkt, sondern das gesamte Sounddesign des Spiels geradezu körperliche Wucht entfaltet. Wenn Senua etwa vor dem Vulkanausbruch flieht und um sie herum die Felsen bersten und die Lava wie ein Sturm tobt, erzeugt das Spiel allein schon auf der Tonspur einen Rausch, der beispiellos in Videospielen ist. Kämpfe gegen die blutrünstigen Wikinger finden nicht selten mitten in einem tosenden Orkan statt, der sämtliche Sinne gleichzeitig betäubt.

Grafik: endlich wahrhaft Next-Gen

Und ja, auch grafisch zieht Hellblade 2: Senua’s Saga sämtliche Register. Da ist jede Szene und jede Einstellung einzig und wahrhaftig Next-Gen, wie man es sich nach dreieinhalb Jahren in der aktuellen Konsolen-Generation schon immer gewünscht hat – wenn auch nur in 30 FPS, was angesichts des weitgehend gemächlichen Spieltempos aber nur bedingt störend ins Gewicht fällt. Was Gesichtsanimationen und Motion-Capturing angeht, setzte bereits der erste Teil Maßstäbe und auch Teil 2 wird ab sofort in dieser Disziplin als Maß der Dinge gelten. Da meint man jedes Äderchen und jeden einzelnen Muskel in Senuas Gesicht zu erkennen und wie er bei jeder Regung Fleisch und Haut realistisch verzieht und wölbt. Sagenhaft.

Doch auch sonst stellt Hellblade 2 bis auf Weiteres nichts weniger als den Vorzeigetitel für die Unreal Engine 5 dar. Wie der Raureif auf den schroffen Felsen der isländischen Landschaft jeden Lichtstrahl in magischem Schimmern zu reflektieren scheint, wie die HDR-Farben der stets tiefstehenden Nordmeer-Sonne am Horizont die Wolken in ein Bedrohung kündendes Höllenfeuer tauchen, wie die Kamera ein ums andere Mal den ansonsten weitgehend sehr linearen Pfad verlässt und für den Schauplatzwechsel zu Flügen wie mit dem Helikopter über die Hügel und Berge der malerischen Insel ansetzt – das ist zutiefst beeindruckende State of the Art. Überhaupt: Wie God of War inszeniert sich auch Hellblade 2 ohne einen Schnitt in einer einzigen Kamerabewegung, wechselt dabei nahtlos von der Schulteransicht während des Spielens in die wacklige Handkamera der Zwischensequenzen oder spektakulären Drohnenansichten aus der Vogelperspektive.

Gameplay: ein zweischneidiges Schwert

Spielerisch bildete schon Teil 1 für manch pingeligen Kritiker ein zweischneidiges Schwert. Die Rätsel waren zwar um Originalität und Abwechslungsreichtum bemüht, traten darin aber mitunter etwas spröde auf. Das Kampfsystem war vielen Spielern zu simpel, die dabei übersahen, dass es genau so beabsichtigt war, um den hypnotischen Sog der vorrangig am psychologischen Erlebnis interessierten Erfahrung nicht zu unterbrechen, sondern diesen im Gegenteil noch zu verstärken.

Hellblade 2: Senua’s Saga folgt in jederlei Hinsicht der Marschrichtung, die sein Vorgänger vorgezeichnet hat. Trotz regelmäßiger atemberaubender Panoramen über die isländische Landschaft fällt die Spielwelt keineswegs offener aus, sondern vollkommen linear wie im ersten Teil. Auch das Kampfsystem, von dem zwischenzeitlich das Gerücht die Runde machte, es werde sich in überarbeiteter Form stärker an den Standards und der Komplexität moderner Action-Adventures orientieren, blieb nahezu unverändert.

Und auch die Rätsel wiederholen großzügig das Muster des Vorgängers zwischen gewitzter Spielidee, sperriger Umsetzung und moderatem Schwierigkeitsgrad, der das Erlebnis nicht behindert, sondern stets verdächtig nah in die Richtung eines Walking-Simulators rückt, dem mehr an der Vermittlung seiner Geschichte und der dadurch erzeugten Atmosphäre gelegen ist und weniger an der spielerischen Herausforderung. Wenn man mal gerade nicht weiter weiß, dann selten weil das Spiel schwer wäre, sondern allenfalls, weil es nur zurückhaltend Andeutungen macht, was genau gerade zu tun ist.

Und spätestens an dieser Stelle beginnt das Antlitz von Hellblade 2: Senua’s Saga Risse zu zeigen. Denn während es dem Vorgänger immer wieder gelang, die innere Gefühlswelt Senuas und ihrer Wahrnehmung, die stets unter dem Verdacht stand, womöglich nur Halluzination zu sein, in ein spielerisches Konzept abzubilden, nimmt man sie im zweiten Teil eher als notwendige Konvention seines Spielgenres wahr. Wieder dabei sind etwa die Perspektivenrätsel, bei denen Runen-Symbole gefunden werden müssen, indem man die Umgebung aus einem bestimmten Winkel betrachtet. (Assassin’s Creed: Valhalla klaute diese Puzzle-Idee übrigens aus Hellblade für eine seiner Nebenaufgaben.)

Fällt dieses Spielprinzip schon beim ersten Mal nicht sonderlich prickelnd aus, deutet es spätestens durch seine ständige Wiederholung irgendwann den mangelnden Einfallsreichtum seiner Entwickler an. Vor allem aber im späteren Spielverlauf nimmt dieser Mangel an Inspiration geradezu irritierende Ausmaße an: Da müssen wir etwa mehrfach einen Weg entlangrennen und uns währenddessen alle paar Meter hinter Säulen verstecken, weil uns sonst einbrechende Wellen fortspülen oder Lavaströme verbrennen. Diese Szenen fallen so dermaßen gestreckt aus und variieren dabei dennoch nie ihr einförmiges Spielprinzip, dass sie sinnbildlich stehen können für die Gleichgültigkeit ihrer Entwickler fürs generelle Gameplay, das offenbar zugunsten der rauschhaften Erfahrung bewusst stark vernachlässigt wurde.

Eine der besten Momente im Spiel war dann für mich auch ein Abschnitt, in denen es ihnen gelingt, genau diese zwei Aspekte miteinander zu verschränken, sodass das eine, also das Gameplay, das andere, also die emotionale Erfahrung, deckungsgleich in Einklang bringt und dadurch massiv verstärkt. In einer finsteren Höhle muss Senua mit ihrer Fackel mehrere Altäre anzünden, um dadurch die Realität zu verändern, was wiederum Wege öffnet, die zuvor verschlossen oder verschüttet waren. Spätestens als ich dafür durch einen Fluss waten muss, gelingt es dem Spiel auf eindrückliche Weise, eine irrationale Angst zu erzeugen, die unbeschreiblich wirkt.

Denn auf einmal kann ich Senuas Furcht vor dieser undurchdringlichen Dunkelheit nachempfinden, verspüre sie vermeintlich selbst, während uns nur der fahle Schein der Fackel vor totaler Blindheit schützt. Denn wenn diese ausgeht oder durch Unachtsamkeit ins Wasser fällt, wird Senua unweigerlich im finsteren Höhlenlabyrinth gefangen sein und auf ewig umherirren. Beachtlich, wenn es einem Spiel glückt, eine Szene wie diese, in der man schlicht eine Höhle erkundet und die man ähnlich schon hundertfach in Videospielen erlebt zu haben meint, auf einmal an eine solche Urangst koppelt und diese zumindest ansatzweise auf den Spieler überträgt.

Momente wie diesen, die der Vorgänger noch meisterlich in steter Regelmäßigkeit aneinander zu reihen verstand, gelingen dem Nachfolger nur selten, und wenn einem dann doch mal ein „krass!“ über die Lippen gleitet, dann eher als Ausdruck des Staunens angesichts seiner imposanten Schauwerte - etwa wenn sich zum ersten Mal einer der riesenhaften göttlichen Widersacher offenbart oder sich die Gefährten im Angesicht eines tobenden Sturms der Ausweglosigkeit ihrer Anstrengungen gewahr werden.

Wo Teil 1 seine Geschichte vor allem als trügerische Oberfläche einsetze, um die tiefer liegenden Symbolebenen darunter zu stapeln, erzählt Teil 2 doch weitgehend lediglich eine reichlich konventionelle Fantasy-Mär von garstigen Monstern und blutrünstigen Zeitgenossen. Selbst seine erzählerischen Wendungen sind keine, die aufwühlend überraschen oder gar ein Umdenken herausfordern, sondern lediglich solche, die die Richtung der Abenteuerreise ändern. Letztlich gibt’s vor allem gegenseitig viel aufs Maul.

Kämpfe: einer nach dem anderen, bitte

Die dadurch entstehende Leerstelle im narrativen Herzen des Spiels führt dann aber eben auch dazu, dass seine spielerischen Defizite stärker hervorstechen als noch im Vorgänger. Insbesondere die ohnehin schon recht plumpen Kampfsequenzen werden zunehmend nicht als Auflockerung wahrgenommen, sondern vielmehr als Störfaktor, den man eigentlich nur schnell wieder hinter sich bringen will. Zumal auch sie einem sich ständig wiederholenden, immer gleichen Ablauf folgen: Hat man einen Gegner besiegt, stolpert der nächste anstandslos aus dem Irgendwo des umliegenden Getümmels vor die Füße, bis man sie irgendwann einen nach dem anderen erledigt hat.

Zweifellos sind die Kämpfe spektakulär inszeniert, als geradezu tänzelnd anmutige Action-Choreographien, in der die Übergänge zwischen Spielszene und Zwischensequenz alle paar Sekunden verwischen, während man streng genommen eigentlich nur im richtigen Augenblick das richtige Knöpfchen drücken muss. Jeder einzelne Finisher zelebriert in atemberaubender Schaulust die gnadenlose Brutalität dieses ungeschlachten nordischen Volkes, dem man in diesen Momenten abgestoßen und fasziniert zugleich ansieht, warum es rein für das Töten lebt, weil nur das ihr Überleben sicherstellt.

Doch in der stumpfsinnigen Repetition dieses Geschehens banalisiert es sich gleichsam wie von selbst wieder, und durch seine spielerische Belanglosigkeit lässt eine geradezu beschämende Lustlosigkeit der Entwickler erkennen, die auf Dauer beinahe schon lächerlich wirkt und sich zusehends auch auf den Spieler überträgt.

In jederlei Hinsicht schwächer als der Vorgänger

Und so beginnt man allmählich, auch die Aspekte von Hellblade 2 zu hinterfragen, die man gedanklich eigentlich schon als gelungen abgehakt hatte, bei genauerer Betrachtung aber ebenfalls einen zwiegespaltenen Eindruck offenbaren und das deutliche Gefälle zwischen dieser Fortsetzung und ihrem weitaus besseren Vorgänger erkennen lassen.

Denn so beeindruckend die Grafik zweifellos ausfällt, so gleichförmig setzt sie sich doch weitgehend bloß aus dem tristen Einerlei von schlichten Felsen, Stränden und Wiesen zusammen, exzellent beleuchtet zwar, brillant modelliert und toll in Szene gesetzt durch Nebel, Rauch und Feuerschein, aber eben nur bedingt vergleichbar mit anderen aktuellen AAA-Spielen voller lebendiger Städte und riesiger Welten. Und so atemlos einmal mehr das Schauspiel von Senua-Darstellerin Melina Juergens in Erscheinung tritt, so beschränkt sich ihre Darbietung doch auf weite Strecken aufs rein körperliche Leiden und Placken und erschöpft sich mimisch im ständigen Augenrollen und Zähnefletschen. Und auch die ständigen Stimmen in Senuas Kopf stellen nicht mehr die geniale Versinnbildlichung eines schizophrenen Bewusstseinsstroms dar, sondern bilden letztlich nur die durchaus gewitzte Form einer zusätzlichen Erzählinstanz, die sich mit der Zeit zum selbstgefälligen Manierismus abnutzt. Genauso übrigens die unablässig wackelnde Handkamera, die in ihrem ständigen Taumeln nicht müde wird, ihre Unmittelbarkeit zu behaupten, und so irgendwann reichlich nerven kann.

Senua's Saga: Hellblade 2 - Neue Gameplay-Szenen nebst Release-Termin

Die Leaks hatten recht: Senua's Saga: Hellblade 2 erscheint am 21. Mai 2024 und es gab einige neue Szenen zum Spiel.

Dabei steht Hellblade 2 vor allem sein überragender Vorgänger im Weg. Gäbe es diesen nicht, es würde sicherlich als spielerisch zwar wankelmütiger, atmosphärisch und inszenatorisch aber berauschender Vorzeigetitel für die Unreal Engine 5 wahrgenommen. So aber bildet er einen Nachfolger, der nunmal in keinem Aspekt auch nur annähernd an das Vorbild heranreicht. Wer nicht mehr erwartet, der darf sich gerne davon mitreißen lassen und wird mich vermutlich eh als meckrigen Miesepeter verachten. Den Vorgänger muss man übrigens nicht vorher gespielt haben, auch wenn man es aus offensichtlichen Gründen natürlich tun sollte, weil er eben viel besser ist.

Denn gleichsam sollte man nie vergessen, dass an Hellblade 2 Erwartungen haften, die sich vermutlich ohnehin nicht erfüllen lassen. Offensichtlich sind nicht alle der zuvor genannten Kritikpunkte auch wirklich welche, sondern in erster Linie Mahnungen an die eigene Erwartungshaltung, die es unter Umständen neu zu kalibrieren gilt. Dessen sind sich auch die Entwickler bewusst und weisen in einem offenen Brief an die Fans darauf hin, dass es sich bei Hellblade 2 schließlich um ein für AAA-Verhältnisse recht kurzes Spiel von lediglich etwa 8 Stunden handelt (ich habe irgendwas zwischen 6-7 gebraucht), von einem relativ kleinen Team mit lediglich 80 Mitarbeitern entwickelt wurde und trotz seiner bemerkenswert hohen Produktionsqualität nicht zum Vollpreis, sondern nur für 50 Euro verkauft wird, also gar nicht so hohe Ambitionen hegt, wie man sie ihm vielleicht aufbürdet.

Unter diesem Gesichtspunkt ist das Endergebnis immer noch höchst bemerkenswert. Ein Must-Play für alle Abonnenten des Game Pass ist es ohnehin. Ein Kaufgrund für die Xbox Series aber eher nicht.

Greift zu, wenn...

… ihr vor allem eine inszenatorisch berauschende Erfahrung von ca. 7 Stunden erwartet und kein bahnbrechendes Erlebnis wie im Vorgänger.

Spart es euch, wenn...

… ihr spielerische Raffinesse oder zumindest ein ordentliches Kampfsystem erwartet oder euch eine ähnlich vielschichtige Geschichte wie im Vorgänger erhofft.

Fazit

Matthias Grimm - Portraitvon Matthias Grimm
Inszenatorisch berauschender Nachfolger, der leider in keinem Punkt annähernd an seinen bahnbrechenden Vorgänger heranreicht

Der Vorgänger Hellblade: Senua’s Sacrifice setzte nicht nur technisch Maßstäbe mit seiner fulminanten Inszenierung und den einzigartig realistischen Gesichtsanimationen, sondern vor allem erzählerisch. Denn unter der Oberfläche seiner düsteren nordischen Fantasy-Variation des Orpheus-Mythos erschloss sich eine reiche und reife Symbolwelt über psychische Krankheiten und persönliche Traumata.

Hellblade 2: Senua’s Saga folgt den Fußstapfen seines Vorgängers in jedem seiner Schritte: keine offenere Spielwelt, sondern nach wie vor eine streng lineare, mitreißend durcherzählte Erfahrung von knackig inszenierten 7 Stunden Dauer, die geschickt das äußere Abenteuer der Heldenreise mit dem Erkunden der eigenen inneren Gefühlswelt kurzschließt und sich diesmal dem Überwinden von Ängsten, Selbstzweifeln und Schuldgefühlen widmet.

Dennoch bietet die Geschichte von Hellblade 2 weitaus weniger Anknüpfpunkte für Interpretationen als sein Vorgänger und gebärdet sich dadurch weitaus konventioneller innerhalb einschlägiger Erzählstandards im Fantasy-Genre. Wo Teil 1 seine Geschichte vor allem als Nährboden setzte, um darauf die verschiedenen Schichten seiner Symbolik zum Gedeihen zu bringen, erzählt Teil 2 doch weitgehend von den üblichen garstigen Monstern, blutrünstigen Zeitgenossen und Helden wider Willen, die aufbrechen, um jene zu erschlagen. Am Ende gibt’s vor allem viel aufs Maul. Dazwischen auch immer mal Leerlauf, trotz der kurzen Spieldauer.

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Die erzählerischen Defizite lassen aber vor allem auch die spielerischen deutlicher zum Vorschein kommen. Die Rätsel sind zwar um Einfallsreichtum und Abwechslung bemüht, schwanken jedoch stark zwischen gewitzt, belanglos und spröde. Vor allem aber das Kampfsystem, das manch einer schon im Vorgänger bemängelte, wirkt in seiner plump leiernden Stumpfsinnigkeit zunehmend wie ein Störfaktor, den man irgendwann nur noch schnell wieder hinter sich bringen will.

So ist Hellblade 2 letztlich vor allem eine beeindruckende Werkschau für die grafische Überlegenheit der Unreal Engine 5 und das womöglich erste richtige Next-Gen-Spiel, an dem sich alle Spiele für den Rest des Jahres messen lassen müssen. Ein Must-Play für alle Abonnenten des Game Pass ist es ohnehin. Ein Kaufgrund für die Xbox Series X|S aber eher nicht.

Überblick

Pro

  • beeindruckend detaillierte Next-Gen-Grafik
  • bombastische Inszenierung
  • Gesichtsanimationen und Motion-Capturing setzen Maßstäbe
  • mitreißende, brutale Fantasy-Story in nordischer Mythologie
  • grandioses Sounddesign
  • um Abwechslung bemühtes Gameplay zwischen Walking-Sim, Puzzles und Kämpfen
  • nur 50 Euro bzw. im Game Pass (aber auch nur 7 Stunden Spieldauer)

Contra

  • Story fällt konventioneller aus als im Vorgänger
  • weniger inhaltliche Tiefe
  • Gameplay schwankt stark zwischen gewitzt, belanglos und spröde
  • Kämpfe stumpfsinnig und eher störend
  • nur 6-7 Stunden

Awards

  • Technik
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  • Sound
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