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Special - Kolumne: Das perfekte Spiel : Eine kleine Verschwörungstheorie

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Videospiele gibt es nicht erst seit gestern. Ganz im Gegenteil. Und wirklich neue Ideen gibt es im Grunde nur selten. First-Person-Shooter bleiben solche, ebenso wie Rollenspiele oder Action-Adventures. Sportspiele erst recht, immerhin steckt dahinter ein zwingendes Regelwerk und es geht eigentlich „nur" um die Umsetzung. Und doch wundert man sich immer wieder, warum es nicht schon längst das perfekte Spiel gibt. Klar, ganz perfekt geht dank der berühmten Geschmackssache ohnehin nicht. Aber die klammern wir jetzt einfach mal aus.

Ich meine, jeder kennt das. Man spielt Titel A und stellt fest, dass man sich Feature XY aus Spiel B wünscht. So geht es mir zum Beispiel mit den Musikspielen. Guitar Hero World Tour ist definitiv interessanter zu spielen, aber Rock Band 2 hat die besseren Features und die größere Songliste. Oder Open-World-Spiele. Entweder sehen sie famos aus, sind aber hohl wie eine Nuss, was die Spielwelt angeht (Far Cry 2), oder sie sehen furchtbar aus (Saints Row 2) oder man muss in Autos durch die Gegend zuckeln, deren Fahrverhalten bestenfalls einer einrädrigen Badewanne entspricht (GTA 4).

Warum schafft es keiner, es mal komplett richtig zu machen? Erfahrungen gibt es genug, Feedback der Fans gibt es genug und wir von der schreibenden Zunft nörgeln auch genug rum, nicht selten sogar vor dem Release - falls wir denn mal gefragt werden (nicht, dass es irgendeinen Entwickler interessieren würde, wenn eine Hand voll Journalisten an irgendwelchen Features rummeckert). Zumal es sich nicht selten um derart offensichtliche Fehler handelt, dass selbst meine Oma, die eine Xbox 360 immer noch für einen Toaster hält, stutzig werden würde.

Unfähigkeit, Geldgier und Budget-Mangel sind normale Gründe, da brauchen wir uns nicht drüber zu unterhalten. Wer gibt sich schon groß Mühe, wenn er eine etablierte Marke hat (Need for Speed). Oder billig einen Klon produziert, der zwar völliger Mist ist, aber aufgrund der Verpackung und Ähnlichkeit zu anderen Titeln vielleicht doch gerade so genug Kohle einspielt, dass er das Budget abdeckt, bevor die Spieler merken, was für ein Schrott es eigentlich ist (Rock Revolution).

Aber sind das wirklich die einzigen Gründe? Gerade bei den Publishern, die über größere Budgets verfügen und ohnehin gute Spiele machen, wäre doch noch mehr drin, oder? Mal ehrlich, dass die Fahrzeuge in GTA 4 furchtbar zu steuern sind, müsste doch eigentlich jedem auffallen, also auch den Entwicklern. Oder dass PES 2009 immer noch vergleichsweise Scheiße aussieht und die Abwehr von FIFA 09 immer noch dumm ist wie Brot.

Das bringt einen unwiderruflich zu einem Schluss: ES IST ABSICHT! Wir sind das Opfer einer Verschwörung, die uns auch auf Jahre hinaus noch die Kohle aus den Taschen ziehen soll.

Man überlege sich mal Folgendes: Entwickler XY macht das perfekte Spiel. Von mir aus ein ultrarealistisches NHL oder ein GTA 4, in dem man täglich die Unterhosen wechseln muss, weil sonst die Damen wegrennen. Oder was auch immer. Ihr wisst, was ich meine. Publisher ZZ schaut sich das Spiel an uns sagt: „Bist du noch zu retten??? Wenn wir das auf den Markt bringen, können wir dicht machen. Das mit dem Shoppen bei Edeka muss raus, das Deckungssystem ist viel zu gut und die Autos fahren sich wie in echt. Das geht mal gar nicht."

Entwickler XY ist verblüfft und versteht die Welt nicht mehr. Die Erklärung kommt sofort. „Wenn wir das so auf den Markt bringen, hat niemand mehr einen Grund, etwas anderes zu spielen, geschweige denn einen Nachfolger, für den wir versprechen, alles besser zu machen. Das heißt: Keine neuen Projekte, keine weiteren Spiele, keine Sequels und ihr dürft bei McDonald's Fritten braten."

Recht hat er. Irgendetwas muss man ja schließlich haben, um sagen zu können, dass Schlagmichtot 2 um so viel besser ist als Schlagmichtot 1, zum Beispiel weil die Tapeten auf dem Klo jetzt auf Fototexturen basieren. Oder dass bei NHL die Spieler demnächst vom Eis humpeln, wenn man ihnen den Hockeyschläger auf die Klöten dengelt. Oder dass man beim neuen Need for Speed im Winter endlich auch Tannennadeln aus den Fußmatten pulen darf. Oder endlich die Dinge funktionieren, die nie funktioniert haben. Dafür einige Dinge nicht, die immer problemlos gingen (man muss ja Potenzial für weitere Sequels haben). Das sind noch echte Anreize! Ansonsten kauft das doch keine Sau.

Natürlich WOLLEN wir das perfekte Spiel. Wir wollen ein FIFA, in dem Asamoah nicht blond und weißhäutig ist. Ein Far Cry 2, in welchem uns im Fluss Krokodile in den Hintern beißen und als Gegenleistung zwei Zentner Blei zwischen die Augen bekommen. Oder ein Assassin's Creed, in welchem wir nicht in jeder Mission den gleichen Mist machen müssen, sondern statt auf einen Turm mal in einen Schacht klettern. Aber: Das wird nicht passieren. Zumindest nicht vollständig. Spiele (also gute Spiele) werden gerade so gut gemacht, dass wir Blut lecken und dasselbe noch mal haben wollen, nur etwas besser.

Wir sind dazu verdammt, weiterhin mit unfertigen, verbuggten Spielen zu leben. Mit Features, die selbst dem Dümmsten auf Anhieb einfallen, aber es niemals in ein Spiel schaffen. Und mit Detailverbesserungen, die im Grunde keine Sau interessieren, sich aber zumindest toll anhören.

Schade eigentlich.

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