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Special - Charakterfrage : Emotionale Bindung, aber wie?

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Seit es möglich ist, mehr als nur einen weißen Punkt in einem Videospiel zu steuern, haben sich Charaktere zu einem der wichtigsten Elemente entwickelt. Und immer mehr kommt der Drang auf, diesen Charakteren eine Persönlichkeit zu verpassen, um dem Spieler Emotionen zu entlocken und ihn dadurch ans Spiel zu binden. Doch wie baut man diese Bindung zwischen dem Spieler und seiner Spielfigur auf? Was kann man alles falsch oder richtig machen? Und: Ist das überhaupt erforderlich, um erfolgreich zu sein?

Letztere Frage lässt sich schon mal ganz leicht beantworten: Nein. Das beste Beispiel dafür liefert eine der erfolgreichsten Spielfiguren überhaupt: ein Klempner namens Mario. Der turnt nämlich seit etlichen Jahren nahezu unverändert durch die Spielewelt und ist einfach nur knuffig. Eine Persönlichkeit hat er allerdings nicht, er ist wohl eine der eindimensionalsten Gestalten überhaupt in der Welt der Spiele. Allerdings benötigt er auch keine, denn Jump 'n' Runs leben von ihrer Spielmechanik und nicht von ihren Charakteren oder gar einer Geschichte.

Damit haben wir gleich eine wichtige Verbindung gefunden. Charaktere und Geschichte gehören so untrennbar zusammen wie das Ei und das Huhn. Denn natürlich kann sich eine virtuelle Persönlichkeit nur entwickeln, wenn es dazu auch eine Geschichte gibt, die uns Informationen über die Figur liefert. Vor allem in stark actionlastigen Titeln, wie beispielsweise Shootern, wird unsere Hauptfigur über eine zumindest marginale Hintergrundgeschichte personalisiert. Hier werden meist relativ leere, stereotype Hülsen verwendet, deren Klischees jeder kennt und worunter sich jeder schnell etwas vorstellen kann.

So werdet ihr in Militär-Shootern meist als Private, Sergeant, Corporal oder was auch immer ins Rennen geschickt. Ab und zu dienen ein paar Infos aus der Militärakte dazu, die Figur ein wenig abzurunden. Es wimmelt nur so vor Exspezialagenten, Soldaten aller erdenklichen Ränge, meist nun in einer Spezialeinheit. Oder der gute alte Exknasti, der von der Regierung angeheuert wurde. Unzählige Klischeegestalten werden von uns durch Action-Szenarien gesteuert, ohne dass wir auch nur ansatzweise eine Bindung entwickeln oder sich so etwas wie eine Persönlichkeit ergibt, und wenn ein Entwickler das versucht, wird es meist sogar eher peinlich. Ist aber auch nicht schlimm, bei den Action-Titeln geht es vorrangig um das Erleben, um das Adrenalin, und nicht um Emotionen oder Geschichten.

Vor allem sind es die Action-Adventures und Rollenspiele, die versuchen, ihren Hauptfiguren möglichst viel Persönlichkeit einzuhauchen oder zumindest dafür zu sorgen, dass der Spieler das übernimmt. Dabei gibt es recht unterschiedliche Wege, aus Vergangenheit, Gegenwart und den Handlungen der Figur eine mehr oder minder glaubwürdige Persönlichkeit zu zimmern. Dazu gehören unter anderem die Handlung eines Spiels selbst, Entscheidungen und Verantwortung, Aufgaben oder aber andere Charaktere - und wenn man es richtig gut machen will, eine Mischung dieser Elemente. Ab und zu werden sogar tiefe Instinkte des Spielers angesprochen, um Emotionen zu wecken und so eine Bindung zur Spielfigur aufzubauen.

Ein gutes Beispiel dafür, wie sich ein Videospielcharakter durch die Handlung des Spiels entwickelt, ist John Marston aus Red Dead Redemption. Die Basis für Marston ist eigentlich recht klischeebeladen: ein zurückgezogener Revolverheld, der von der Regierung durch Druck auf die Familie dazu gezwungen wird, gegen seine alten Bandenkollegen vorzugehen. Im Prinzip ein ganz einfaches und nachvollziehbares Motiv. Über den Verlauf der Handlung jedoch entwickelt sich Marston zu einer enorm facettenreichen Persönlichkeit, deren Stärken und Schwächen wir kennenlernen und deren bedingungsloser Wille, das zu schützen, was ihr wichtig ist, uns emotional tief berührt.

Rockstar hat es ohnehin gut drauf, Charaktere und deren Facetten durch ihre Handlungen und Aktionen aufblühen zu lassen. Schon Nico Bellic aus GTA IV war nicht nur ein harter Hund, sondern ließ mit der Zeit auch seine tiefgründigeren Seiten aufleuchten, speziell wenn es um seine Vergangenheit im Balkankrieg ging. Und auch GTA V macht aus anfänglich klischeehaften Gestalten erstaunlich facettenreiche Charaktere. Selbst am Psychopathen Trevor entdeckt man beispielsweise, dass er im Grunde auf seine Art der ehrlichste Charakter des Trios ist und eine enorme Loyalität zeigt. Allerdings sollte man aufpassen, dass die Sache schlüssig bleibt und der Schuss nicht nach hinten losgeht. Der Tomb-Raider-Neustart war zwar ein überaus unterhaltsames Spiel, die Gestaltung der Lara Croft litt aber durch die Diskrepanz zwischen harter Action auf der einen Seite und den eher sensibel gestalteten Zwischensequenzen, die nicht so recht zusammenpassen wollten.

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