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Special - Das erste Mal – Folge 1 : Sich regenerierende Lebensenergie

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Es tobt eine erbitterte Schlacht. Nachdem er sich zu unvorsichtig aus der Deckung wagte, wird der junge Soldat von mehreren Kugeln durchlöchert. Doch anstatt leblos zusammenzusacken, kauert er sich für ein paar Sekunden hinter eine Böschung. "Mir geht’s schon wieder besser. Kann weitergehen!", hört man den Burschen daraufhin sagen. Was im echten Leben undenkbar ist, gehört in vielen Videospielen zur Tagesordnung. Sich automatisch regenerierende Lebensenergie ist vor allem in Shootern längst ein fester Bestandteil der Spielmechanik. Dabei debütierte das umstrittene Feature zunächst in einem ganz anderen Genre.

In Mike Tyson's Punch-Out!! von 1984 gab es bereits eine Mechanik, die Ähnlichkeiten zum aktuellen System aufweist, auch wenn es sich hier eher um die Ausdauer der Kämpfer handelt, die sich nach einem Niederschlag regeneriert. Näher an der modernen Definition befindet sich das japanische Action-RPG Hydlide, das ebenfalls 1984 veröffentlicht wurde. In diesem an Ultima und The Tower of Druaga erinnernden Fantasy-Adventure, von dem unter anderem Versionen für MSX und NES erschienen, erneuert sich die Gesundheit des Helden langsam, aber stetig, solange er sich nicht bewegt.

Im JRPG-Bereich erlangte die sich regenerierende Lebensenergie vor allem durch die Ys-Reihe weitere Popularität. Schon das Debüt Ys: The Vanished Omens von 1987 bot dieses Feature, das seitdem fester Bestandteil der Serie ist. Bis es die Mechanik in den Westen schaffte, sollte einige Zeit vergehen. Wolverine: Adamantium Rage erschien 1994 für das Super Nintendo und das Mega Drive. Der Titelheld gewinnt hier während des Spiels nach und nach einen kleinen Prozentsatz seiner Lebensenergie zurück. Dass man sich bei diesem Spiel für den Einsatz sich regenerierender Energie entschied, wundert kaum, schließlich ist die aus Experimenten resultierende Heilfähigkeit Wolverines eine prominente Charaktereigenschaft.

Der Durchbruch

Auch Super Mario 64 hat eine Art sich regenerierender Lebensenergie. Da Marios Gesundheitsanzeige gleichzeitig der Indikator für seine verbleibende Atemluft ist, füllt sich diese beim Auftauchen wieder komplett auf. Als der Titel, der das Feature großflächig bekannt machte, gilt aber freilich einer der wichtigsten Shooter der Konsolengeschichte: Halo: Combat Evolved. Dabei hat das Spiel streng genommen keine sich regenerierende Lebensenergie. Lediglich der Energieschild des Master Chiefs lädt sich wieder neu auf. Erst Halo 2 erneuerte den Lebenssaft im eigentlichen Sinne.

Dennoch: Seit Halo gehört das automatische Wiederaufladen der eigenen Gesundheit vor allem in Shootern zum guten Ton. Manch einer mag das Feature für seine "Deus-ex-machina"-Artigkeit verspotten oder es als Beleg anführen, dass moderne Videospiele zu leicht und zu verzeihend geworden sind. Wegzudenken ist es jedoch nicht mehr. Die Kritik am System ist indes nicht neu: Schon im Jahre 2002 musste sich das ambitionierte Verbrechensepos The Getaway viel Spott gefallen lassen.

Das Spiel von Team Soho gilt als das erste, das die Mechanik in der heute zumeist verwendeten Form benutzte. Wird euer Protagonist verwundet, genügt es, sich kurzzeitig an eine Wand zu lehnen. Gerade in einem Spiel, das stark auf Immersion und filmische Inszenierung setzte, wirkte die Wunderheilung für viele mehr als deplatziert.

Lebenswerk

Egal ob Call of Duty, Gears of War oder Mass Effect - heutzutage lassen sich fast alle Schäden lindern, solange man nur regelmäßig Deckung sucht. Einige Spiele wie The Witcher 3: Wild Hunt koppeln das Feature an bestimmte Items oder Perks, andere füllen nur einen Teil des Lebensbalkens wieder auf. Manch ein Entwickler denkt sich besonders kreative oder kuriose Mechaniken aus, um euch wieder zu Kräften kommen zu lassen.

In Ico regeneriert ihr Energie, wenn ihr mit Yorda Händchen haltet. The Legend of Zelda: Skyward Sword erlaubt es Link, seine Herzleiste zu erneuern, wenn er sich auf Bänke oder sogar Toiletten setzt. Die Macher von Uncharted ließen übrigens einst verlauten, dass es bei ihnen trotz der typischen Muster keine regenerative Lebensenergie gebe. Wenn sich nach mehreren Treffern der Bildschirm verfärbe und der Spiel-Sound dumpf werde, bedeute dies lediglich, dass Nathan Drakes Glück schwinde. Mit anderen Worten: Gesundheit ist in der Naughty-Dog-Reihe gleichbedeutend mit Glück. Habt ihr alles aufgebraucht, findet die nächste Kugel ihr Ziel.

Sich regenerierende Lebensenergie war und ist ein viel diskutiertes Thema. In der Tat lässt sich darüber streiten, wie sinnvoll es ist, wenn die kaum geschützte Heldin aus Mirror's Edge Fall- und Projektilschaden einfach wegsteckt, solange sie nur konsequent weiterrennt. Andererseits kann das Feature auch für Spannungsgewinn und zusätzliche Dramatik sorgen. Am Ende des Tages reden wir schließlich immer noch über Videospiele. Die Realität sollte hier nicht die Grenze sein.

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