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Special - Towel Required! : Unten ohne

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Der Mensch hat gefälligst etwas anzuziehen! Nackt sein ist verpönt und gilt als Affront gegen unsere moderne Zivilisation. Mit dem Finger zeigen wir auf diejenigen, die sich diesem Grundsatz widersetzen und ächten sie aufgrund ihres Verlangens nach Natürlichkeit. Der menschliche Körper scheint dem Drang trotz des massiven gesellschaftlichen Drucks immer wieder nachzugeben. Es entsteht beinahe der Eindruck, als wohne uns ein instinktives, nudistisches Bedürfnis inne, gegen das wir machtlos erscheinen. Trotzdem handelt die Allgemeinheit stets im Sinne der Textilindustrie. Dieser nicht enden wollende Konflikt wird nun von einem Spiel aufgegriffen, das auf den schlichten Titel Towel Required! hört.

Es ist das Badehandtuch, dass den zivilisierten Menschen vom Nackedei unterscheidet. Nur wer den Hauch von Frottee am eigenen Körper spürt, kann sich in dieser Welt, in der die Entblößten immer wieder aufbegehren, behaupten. In Towel Required! entscheidet ihr darüber, wer Teil des Systems und wer Ausgestoßener ist. Da ihr als Spieler ohnehin nicht gewillt seid, irgendwelche Kompromisse einzugehen, wird einfach jeder, der sich euch in den Weg stellt, durch einen beherzten Unterarmschwung ins Handtuch gewickelt. Denn ihr seid der festen Überzeugung, dass die Zurschaustellung primärer Geschlechtsorgane sittenwidrig ist.

Für den einen mag Towel Required! ein schnell hingeschustertes Spiel sein, das seine Faszination daraus gewinnt, dass ihr übergewichtigen alten Männer ein Handtuch um die Hüften anlegt, während im Hintergrund schrille Musik aus den Lautsprechern ertönt. Für den geübten Soziologen (der ich bekanntermaßen nicht bin) ist es ein Ausdruck von Angst gegenüber der sich anbahnenden Herrschaft der Unbekleideten, die drohen, die vergangenen Errungenschaften der Menschheitsgeschichte durch freiliegende Geschlechtsteile zu untergraben. Es ist eine dringliche Botschaft an alle Unaufmerksamen: Die Nackten sind unter uns. Wir laufen Gefahr unter ihren von Gott geschaffenen Körpern begraben zu werden, sollten wir nicht den Mut dazu haben, beherzt zum Handtuch zu greifen.

Im Spiel selbst ist der Kampf jedoch vergebens: Je mehr Tattergreise ihr vom Nacktsein erlöst, desto größer wird das Aufgebot. Da hilft auch nicht die heilende Wirkung des Wassers oder die Fähigkeit schneller zu laufen. All das zögert die unvermeidliche Niederlage nur heraus. Ist das Unterfangen also komplett hoffnungslos? Will uns Entwickler Dillon Becker also bewusst machen, dass all unsere Mühen, die Nacktheit an den Rand ihrer Existenz zu dringen, hoffnungslos ist? Towel Required! mag auf den ersten Blick Spaß verbreiten, doch im tiefsten Innern ist es eine Kapitulation vor der systematischen Unterwanderung des Nudismus. Jenem Nudismus, der uns Hosenträgern und Feinrippliebhabern an den Kragen will und dem das eines Tages wohl auch gelingt. Becker hat damit eines der wohl deprimierendsten Spiele der vergangenen Jahre geschaffen.

Wenn ein Spiel zum Kunstwerk wird

Wer nach dem Lesen der vier Absätze noch immer nicht gemerkt hat, dass das hier ein gewollt prätentiöser Text ist, um einem vollkommen absurden, aber für ein paar Minuten höchst unterhaltsamen Spiel etwas Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, soll bitte kurz kalt duschen gehen. Towel Required! ist von seiner Grundidee einfach so blöd, dass ich es als meine heilige Pflicht empfand, einen vergleichbar blöden Text darüber zu schreiben. Ladet euch das Spiel einfach hier herunter. Wenn euch die Vorstellung gefällt, eine Horde alter, nackter Säcke mit Handtüchern zu bewerfen, könnt ihr optional auch ein wenig Geld hinterlassen.

Manchmal muss man sich vom Stress des Alltags lösen, um für kurze Zeit dem Absurden und Verrücktem zu frönen. Genau dafür ist Towel Required! perfekt geeignet. Außerdem: Was kann es schöneres geben, als in der digitalen Welt dadurch abzutreten, indem man von einer Gruppe von alten Greisen umzingelt wird, die auf Teufel komm raus nicht ihr Gemächt verdecken wollen? Eben. Mit diesem Gedanken lasse ich euch nun allein. Und vergesst bitte eines nicht: Es ist Sommerloch.

P.S.: Danke Towel Required!, dass du mich an diese Szene erinnert hast:

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