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News - Kommentar: Blizzard, WTF??? : Es kriselt in der 'World of WarCraft' ...

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Wirft man in diesen Tagen einen Blick in die offiziellen 'World of WarCraft'-Foren, so trifft man recht häufig auf ähnliche Aussagen wie in der Überschrift unserer Kolumne. Kurz gesagt: die Spieler sind so was von stinksauer, dass selbst Ragnaros persönlich sich zitternd und klammheimlich unter das nächstbeste Sofa verkrümelt. Nicht zu unrecht, muss man sagen, denn was beim meistverkauften MMORPG aller Zeiten derzeit abgeht, sorgt nicht gerade für Sympathie-Steigerung gegenüber dem renommierten Studio.

Akt 1 – Der Login
Schauen wir uns mal einen normalen Spiele-Abend auf dem europäischen Realm 'Blackhand' an. Frohgemut starten wir also um 20:00 Uhr unser 'WoW', um uns zusammen mit unserer Gilde in die 40-Mann-Instanz 'Molten Core' zu wagen. Bevor es allerdings in diese Richtung geht, dürfen wir beim Login erst mal 35 Minuten lang die Meldung "Charakterliste wird geladen" bewundern. OK, machen wir uns also erst mal einen Kaffee, stöbern noch etwas im WWW herum, bestellen noch die Pizza für nebenher und frischen die Zigarettenvorräte auf.

Endlich erblicken wir dann den Ladebildschirm, der uns normalerweise nur noch wenige Sekunden vom Eintritt in die Spielwelt abhält. Normalerweise, aber nicht heute, denn der Ladebildschirm lässt uns nochmals 10 Minuten hängen. Nachdem auch diese Zeit überbrückt ist, finden wir uns endlich in Ironforge wieder und wetzen (nicht mehr ganz so) frohgemut Richtung Greif. Pustekuchen, kaum ein paar Schritte gegangen: "Verbindung unterbrochen". Also noch mal das Ganze, diesmal nur 20 Minuten Wartezeit, um 21:10 Uhr sind wir endlich im Spiel und siehe da, es geht .... nein doch nicht, nach zwei Minuten kommt der nächste Verbindungsabbruch. Irgendwann aber schaffen wir es dann doch mal ins Spiel und der Ping bewegt sich sogar im erträglichen Rahmen.

Also auf zum Geschmolzenen Kern mit 34 Mann von 40 (bei den andern sechs steht "offline", die Jungs hatten wohl ähnliche Probleme beim Login). Bereits nach wenigen Minuten schrumpft unsere Zahl dann schon wieder. Wieder sind drei Mann geflogen, während zwei weitere die Sache wegen Latenzen oberhalb des 5000er-Bereiches gleich ganz aufgeben. Und auch im folgenden wechselt das Raid-Personal schneller als die Bedienungen bei McDonald, das Fluchen im TS der Marke "Verdammte Char-Liste" wird lauter. Aber siehe da, gegen 23:00 Uhr sind wir dann tatsächlich soweit, dass wir unsere 40 Mann beisammen haben – zu schade, dass die Hälfte der Truppe gleich offline gehen muss, immerhin ruft am nächsten Tag die Arbeit.

Akt 2 – Die Latenzen
Hat der entnervte Spieler die Login-Hürde überwunden, steht er sogleich vor dem nächsten Problem: Bereits nach kurzer Zeit wandert der Ping in schwindelerregende Höhen bis hin zur Unspielbarkeit – vier bis fünfstellige Latenzen sind keine Seltenheit. Nicht bei allen Spielern, muss man zugeben, aber diejenigen, die es erwischt hat, fluchen wie die Rohrspatzen. Besserung ist derzeit nicht wirklich in Sicht, stattdessen wird die Schuldfrage hin- und hergewälzt und die Spielergemeinde mit vagen und seltenen Aussagen vertröstet oder unsinnigerweise auf bestehende FAQs verwiesen, die mit dem Problem so gar nichts zu tun haben.

Glaubt man den ersten Aussagen von Blizzard, liegt das Problem bei diversen europäischen Providern, die nicht ausreichend Bandbreite zur Verfügung stellen. Nicht wirklich glaubwürdig, haben doch viele Spieler seltsamerweise genau seit dem Tag massive Probleme, an dem der neueste Patch eingespielt wurde. Es wäre schon ein komischer Zufall. Die Provider hingegen weisen diese Schuld von sich und verweisen auf Telia. Zwischen den beiden Stühlen sitzen die Leidtragenden, nämlich die Spieler, die sowohl an Blizzard als auch an ihre Provider monatlich Geld abliefern, ohne eine auch nur annähernd passende Leistung zu erhalten.

Knackpunkt scheint jedenfalls ein Engpass des Datenstroms zwischen den externen Providern und Blizzards Haus- und Hofprovider Telia zu sein – nichts Neues, wer sich erinnern mag: Auch bei 'Diablo 2' gab es lange Zeit Latenzprobleme durch dieselbe Schnittstelle. Nach einigen Wochen des Protests hat Blizzard nun immerhin durch die Blume zugegeben, dass es auch intern Probleme gibt – warum sonst wird immer wieder betont, dass die Server-Mannschaft rund um die Uhr an den Problemen arbeitet und viele der Realm-Server mit neuer Hardware ausgestattet werden sollen. Das allerdings erst im Februar, augenscheinlich ticken die Uhren bei der Beschaffung von Hardware ziemlich langsam.

Akt 3 – Nix passiert
Während also die willigen und zahlungskräftigen Spieler wutschnaubend vor ihrem Rechner sitzen, irgendwann die Geduld verlieren und sich wortstark in den Foren melden, um dort mit temporärer Account-Sperrung belohnt zu werden, hält sich Blizzard bedeckt. Die Kalifornier drücken auch in Europa ihre berühmt-berüchtigte Informationspolitik der nicht vorhandenen Aussagen durch und heizen die Stimmung damit nur noch mehr an – nicht wenige Spieler ergreifen mittlerweile die Konsequenzen und legen ihre Accounts auf Eis.

Kein Wunder, denn wenn eins die ganze Situation beherrscht, so ist das der Faktor Ungewissheit, denn Blizzard ist offenbar nicht in der Lage, das Problem kurzfristig zu lösen und sich offen und ehrlich dazu zu äußern. Die Spieler wären sicherlich glücklich, wenn statt leeren Worthülsen wirklich einmal konkrete Äußerungen getroffen würde. Kurz gesagt: Einer der erfolgreichsten Entwickler wirkt rettungslos überfordert, sowohl im technischen Bereich als auch im Umgang mit der Community.

Zweifel kommen an der Kompetenz des Unternehmens auf, vor allem wenn man Sätze liest wie "Wir haben nicht mit einem derartigen Erfolg des Spieles gerechnet". Halt, Moment mal, da werden doch Erinnerungen wach, gab es seinerzeit bei den massiven Problemen bei 'Diablo 2' nicht ähnliche Aussagen? Sollte es sein, dass Blizzard nichts dazugelernt hat? Wieso werden eigentlich fünf Millionen Exemplare des Spieles auf den Markt geworfen, wenn die Server-Architektur dem Ansturm nicht gewachsen ist?

Wieso werden Erkenntnisse, die sich eigentlich während eines Jahres 'World of WarCraft' angesammelt haben, nicht genutzt? Wieso werden zu einem Zeitpunkt, zu dem viele Server an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit fahren, noch Werbe-Aktionen mit Probe-Accounts und ähnlichem gefahren, ohne dafür gesonderte Server bereitzustellen? Wieso wurde nicht frühzeitig auf die sich mehr und mehr füllenden Server reagiert und rechtzeitig entsprechende Begrenzungen gesetzt?

Man könnte Blizzard auf dieser Basis unterstellen, dass es dem Unternehmen wirklich nur darum geht, soviel Geld wie möglich zu scheffeln, und man kann wohl niemanden einen Vorwurf machen, dass er zu dieser Meinung kommt. Interessant dürfte jedenfalls werden, wie lange die Spieler den seit Wochen katastrophalen Zustand noch hinnehmen. Der Unmut wächst und das Wort "Account-Kündigung" taucht bei den Betroffenen bei aller Liebe zum Spiel immer häufiger auf. Ebenso interessant wird sicherlich die Frage, ob Blizzard es irgendwann mal schafft, die Probleme zu beheben, wobei sich dann gleich die nächste Frage stellt: Wie werden die Spieler entschädigt, die nun seit Wochen kein zufriedenstellendes Spielerlebnis haben, dafür aber trotzdem noch ihre monatlichen Beiträge abdrücken.

Bis dahin bleibt den zahlreichen betroffenen 'WoW'-Spielern wohl nichts anderes übrig, als entweder fluchend zu leiden, oder aber die Konsequenzen zu ziehen und ihre Accounts auf Eis zu legen, um damit Druck auszuüben. Auch wir appellieren an dieser Stelle an Blizzard, endlich die Karten auf den Tisch zu legen und Klartext zu reden, die Community wird es euch danken!

Update:
Mittlerweile tut sich was, nach gestriger Ankündigung wurden heut mit der Wochen-Wartung die Server heruntergefahren. Bis auf wenige Ausnahmen ist nun erstmal eine etwa 24-stündige Zwangspause für die 'WoW'ler angesagt, denn Blizzard transferiert einen Teil der Server in ein anderes Data-Center. Zudem wurde ein weiterer Patch eingespielt, der einige Bugs aus dem 1.9.0-Update beheben soll (aber laut ersten Meldungen auch schon wieder einen neuen bug mit sich bringt. Wir sind gespannt, ob die überraschende Maßnahme Besserung bringt.

Update Nr. 2:
Blizzard hat es tatsächlich geschafft, den Umzug der Server innerhalb der angekündigten 24 Stunden auf die Reihe zu kriegen. Die Realms sind wieder online und wir sind sehr gespannt, was die ganze Aktion gebracht hat. Morgen zur "Prime Time" wissen wir mehr. Ohne Pannen ist allerdings auch diese Aktion nicht verlaufen, so wurden offenbar die umgezogenen Realms falschen Servern zugeordnet. Die Spieler vom Realm Azshara fanden sich wenig erfreut auf dem Server Taerar wieder, wobei alle Daten aus Auktionshäusern, Postkasten und Friends-Lists, sowie auch die bereits erledigten Anstrengungen für das neue World Event auf Status 0 waren. Auch hier sind wir gespannt, wie am Donnerstag die Situation ausschaut.

Peinlicher Nebenaspekt: So wie man hört, haben heut während der Downtime etliche Spieler die ausländischen Realms geflutet und sich dort mit neu erstellten Charakteren zum Teil benommen wie die Axt im Walde. Ein trauriges Bild, so durften sich die englischen und französischen Spieler heute mit knüppelvollen Servern herumplagen und Spielern, die sich schlimmer benehmen als Ballermann-Touristen mit 3.0 Promille. Da fragt man sich, was schlimmer ist: Die Probleme mit den Servern oder der Kopfinhalt einiger Spieler - ich tendiere zu Letzterem.



World of WarCraft Autor: Andreas Philipp, Chef-Redakteur

(Dieser Kommentar ist lediglich die Meinung des Autors und spiegelt nicht zwangsläufig die Meinung der Redaktion wieder.)

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