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Test - Bloodborne : Miyazakis Meisterstück

  • PS4
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Zwischen Genie und Wahnsinn

Yharnam ist ein (Alb)Traum. Sowohl optisch als auch was die Gestaltung betrifft. Wem Dark Souls II zu geradlinig war, der wird hier seine helle Freude haben. Die Zahl der Leuchtfeuer ist drastisch reduziert. Zum einen, weil in Bloodborne stattdessen Laternen zum Einsatz kommen. Zum anderen, weil der verschachtelte Aufbau der Gebiete eher dazu führt, dass ihr Abkürzungen entdeckt, die euch zu bekannten, wichtigen Orten führen. Immer wieder wird der Moment kommen, an dem ihr staunend vor dem Fernseher sitzt, weil ihr gerade erneut einen Weg gefunden habt, der viel Zeit spart. Man muss es so sagen, wie es ist: Mit dem Design der Welt hat sich From Software dieses Mal selbst übertroffen.

Nicht nur, weil sie so clever aufgebaut ist. Hier borgt sich das Spiel Anleihen der offenen Welt aus Dark Souls. Die Spielwelt ist einfach wunderschön und strotzt nur so vor Details und Kleinigkeiten. Ihr solltet euch wirklich die Zeit nehmen und jeden Winkel erkunden. Oftmals findet ihr so versteckte Objekte. Wer hastig durch Straßen rennt, verpasst die Hälfte.

Ein Hauch Diablo

Eine komplett neue Facette im Spieldesign bilden die Chalice Dungeons. Dabei handelt es sich praktisch gesehen um Dungeons, die abgekapselt von der restlichen Spielwelt besucht werden können. Ihr könnt sogar eigene erstellen. Ihr braucht nur den passenden Kelch sowie das richtige Ritualblut und der Spaß kann beginnen. Der Clou kommt mit den besonderen Wurzelkelchen. Sie sorgen dafür, dass jedes Verlies bei der Erstellung am Grabstein einen anderen Aufbau besitzt und somit stets frische Erfahrungen liefert. Ihr könnt sie sogar anderen Spielern zugänglich machen.

Hier weht ein Hauch von Diablo. Nicht nur, weil diese Dungeons mehrere Ebenen besitzen und von insgesamt drei Bossen bewohnt werden. Auch zahlreiche Fallen und knifflige Passagen erschweren euch die Erkundung. Dafür werdet ihr mit besonderen Gegenständen belohnt. Es ist ein genialer Kniff, um die Langlebigkeit des Spiels zu erweitern. Zwar merkt man bei den prozedural erstellten Verliesen den blockartigen Aufbau. Trotzdem machen sie eine Menge Spaß. Besonders wenn ihr sie mit Freunden spielt.

Nicht ganz so einsam

Damals wurde Demon's Souls bekannt für die clevere Multiplayer-Komponente. Ihr konntet andere Spieler in eure Welt rufen, die euch dann unter die Arme griffen. Oder ihr wurdet von feindseligen Seelen heimgesucht. Nachrichten auf dem Boden verrieten gut versteckte Schätze oder lockten euch in eine Falle. Blutpfützen offenbarten die Fehltritte anderer. All das gibt es in dieser Form auch wieder in Bloodborne. Zwar gestaltet sich die Suche nach Partnern gegenwärtig noch etwas schwierig, doch wer etwas Zeit mitbringt, findet Mitstreiter.

Doch Vorsicht: Seid ihr mit Freunden unterwegs, steigt ebenfalls die Chance, dass andere Abenteurer eindringen und euch töten wollen. Dafür braucht ihr verschiedene Glocken. Eine, um Leute in euer Spiel zu rufen, eine weitere, um anderen als Koop-Partner beizustehen und eine, die es euch ermöglicht, in andere Welten einzudringen. Wer mit Freunden zocken möchte, greift auf das Passwortsystem zurück, das ihr in den Optionen findet.

Bloodborne - Cut You Down Trailer
Kurz vor dem Release in der kommenden Woche gibt es hier einen weiteren Trailer zu Bloodborne für euch.

Eine wichtige Rolle im kooperativen Spielerlebnis nimmt die Einsicht ein. Wollt ihr andere Spieler in eure Welt holen, müsst ihr mit Einsicht zahlen. Doch Einsicht hat noch andere Funktionen. Je nach Wert verändert sich die Umgebung. Neue Gegner tauchen auf und Puppen fangen an, mit euch zu reden. Einsicht kann alternativ bei einem zweiten Händler im Traum des Jägers für Ausrüstung und andere Gegenstände ausgegeben werden.

Bloodborne ist ein faszinierendes und gleichermaßen düsteres Abenteuer. Es nimmt euch nicht an die Hand. Es sagt euch nur selten, was genau ihr als nächstes zu tun habt, und sperrt sich auch sonst vehement, euch Informationen darüber preiszugeben, was in dieser Welt eigentlich vorgefallen ist. Genau hier liegt der Reiz. Es ist wie ein Puzzle: Jede Notiz, jeder aufgesammelte Gegenstand und jede Unterhaltung mit den Personen in Yharnam offenbart mehr von der Geschichte des Spiels. Seid deswegen so aufmerksam wie möglich.

Außerdem bekommt ihr die volle Breitseite Horror. From Software hielten sich wahrlich nicht zurück und servieren euch ein überaus schauriges Erlebnis. Das hat nicht nur damit zu tun, dass euch Gegner aus dem Hinterhalt angreifen und den ein oder anderen Angstschrei entlocken, sondern auch mit der grundsätzlichen Thematik. Bloodborne behandelt Themen wie Religion in einem Setting, das aus der Feder Lovecrafts stammen könnte. Und da ihr euch mit fortwährender Dauer nie sicher sein könnt, ob sich beim Verhalten der Gegner nicht etwas geändert haben könnte, seid ihr stets auf der Hut.

Ihr trefft regelmäßig auf düstere Gestalten und hinterfragt sofort ihre Motive. Da es so etwas ähnliches wie Nebenaufgaben gibt – ohne dass euch das Spiel wirklich sagt, dass es wirklich welche sind – solltet ihr bereits besuchte Gebiete regelmäßig aufsuchen. Vielleicht hat eine Person etwas Neues zu berichten, vielleicht gibt es ja neue Möglichkeiten für euch. Bloodborne ist trostlos und zieht euch genau aus diesem Grund in den Bann. Schicksalsschläge anderer wiegen plötzlich um so mehr. Doch es liegt an euch, diese zutage zu bringen.

Ein wahres Monster

Es gibt so unfassbar viele Aspekte, über die man an dieser Stelle so zahlreiche Worte verlieren könnte. Doch würde es den Reiz der Überraschung zerstören. Es gehört zur Magie von Bloodborne, nicht alles zu wissen, sondern mit der Zeit zu lernen. Ja, es mag keine Hüllenform mehr geben und Bosse hinterlassen beim Ableben keine besonderen Seelen mehr, oder in diesem Fall Blutecho. Dafür werdet ihr mit ganz neuen Eigenheiten konfrontiert. Es ist ein Abenteuer, das ihr gut und gerne in 50 Stunden beenden könnt, doch habt ihr dann noch lange nicht alles erlebt. Aber dafür gibt es ja New Game+. Ihr startet einen erneuten Ausflug in die Welt von Bloodborne, behaltet aber eure Ausrüstung und eure Attribute. Stattdessen müsst ihr gegen noch stärkere Gegner kämpfen.

From Softwares neuer Titel für die PlayStation 4 ist eine richtige Schönheit und das technisch solideste Produkt. Es existieren zwar weiterhin Clipping-Fehler bei den Figuren sowie der Umgebung und eine zickige Kamera folgt euch auf Schritt und Tritt. Auch gibt es an einigen Stellen einige Unsauberkeiten in der Gestaltung der Umgebung, doch handelt es sich dabei nur um Tropfen auf einem großen, heißen Stein. Der größte Dorn im Auge besteht aus den unverschämt langen Ladezeiten. Ein Patch hierfür ist in Arbeit. Was die Akustik betrifft, ließ sich From Software dieses Mal nicht lumpen und bietet eine solide deutsche Sprachausgabe. Ein Ohrenschmaus ist vor allem der Soundtrack, der in Bosskämpfen eine theatralische Epik verbreitet, vor der sich niemand versperren kann.

Fazit

Christian Kurowski - Portraitvon Christian Kurowski
Miyazaki und From Software übertreffen sich selbst

Bloodborne ist das Spiel des Jahres. Jedenfalls für mich persönlich. Und das sage ich nicht, weil ich Fan der vorherigen Werke aus dem Hause From Software bin. Anfangs war ich, was Bloodborne betrifft, ziemlich skeptisch. Fragen wie "Ruinieren Schusswaffen nicht das Kampfsystem?" schossen lange Zeit durch meinem Kopf. Die Trickwaffen hauten mich ebenfalls nicht vom Hocker. Und das Setting ließ mich auch kalt. Doch jetzt, nach circa sechzig Stunden mit dem Spiel, muss ich eingestehen, dass ich ein ziemlicher Narr war. Bloodborne ist From Softwares Meisterstück. In allen Belangen stellt es die hervorragenden vorherigen Werke in den Schatten. Das Level-Design gehört mit zum besten, was dieses Medium zu bieten hat. Jede Auseinandersetzung ist fordernd, taktisch und befriedigend, selbst wenn man den Kürzeren zieht. Atmosphärisch raubt euch das Spiel den Atem. Ernsthaft: Wenn ihr noch keine PlayStation 4 besitzt, dann holt euch eine. Und wenn es nur für dieses Spiel ist. Ihr werdet es nicht bereuen.

Überblick

Pro

  • fantastische Spielwelt
  • clever gestaltete Areale
  • taktische und fordernde Kämpfe
  • wunderschönes Artdesign
  • angenehm sperrige Welt und Spielprinzip
  • spaßige Chalice Dungeons
  • umfangreiches System zum Aufwerten der Waffen
  • Online-Komponente erweitert das Erlebnis

Contra

  • lange Ladezeiten
  • ein paar technische Ungereimtheiten

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