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Special - Interaktive Filme : Eine beinah tote Spielegattung

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    Der letzte Mohikaner

    Erst 2005 kam das Genre wieder ins Gespräch, aber nicht aufgrund eines neuen Booms, sondern wegen eines außergewöhnlichen Titels namens Fahrenheit. David Cage und sein Studio Quantic Dream waren verantwortlich für den Thriller. Die Entwickler selbst verweigerten Fahrenheit den Begriff „Spiel“ und bezeichneten es selbst als den erste „echten“ interaktiven Film. Eine sich verzweigende Geschichte rund um mehrere Figuren, jede Menge Motion-Capture-Animationen, verschiedene Kameraperspektiven – Cage und sein Team versuchten mit Wucht, Film und Spiel zu verquicken. Der Titel setzte stark auf Quick-Time-Events, also das Bedienen der richtigen Kontrollelemente zur richtigen Zeit, oder das Ausführen bestimmter Aktionen - ganz im Gegensatz zum freien Interagieren und der direkten Steuerung in anderen Spielen. Während die spielerischen Elemente gemischte Gefühle hervorriefen, überzeugte der Titel jedoch vor allem bei Handlung und Charakteren.

    Einen Boom oder ein Revival der interaktiven Filme löste das allerdings nicht aus. Zwar kamen sporadisch immer mal wieder Vertreter auf den Markt, wie die Casebook-Reihe oder Darkstar, für weitere bekannte Titel waren nun jedoch nur noch David Cage und sein Team verantwortlich. 2010 erschien Heavy Rain. Der interaktive Thriller rund um den Origami-Killer sorgte für eine Menge Diskussionen. Handlung und Charaktere wurden über den grünen Klee gelobt und in der Tat bietet das Spiel viele unvergessliche Momente und Entscheidungen, die den Verlauf und vor allem das Ende der Geschichte maßgeblich beeinflussen. Zumindest in diesem Bereich geht Cages Konzept der filmischen Erzählweise für Spiele gut auf.

    Nicht wenige betrachten jedoch auch Heavy Rain gar nicht als echtes Spiel. Erneut setzte Quantic Dream vor allem auf Quick-Time-Events oder sehr ähnliche Varianten, in denen der Spieler weniger aktiv interagiert, sondern reagierend bestimmte Knöpfe drücken oder den Controller bewegen muss. Cage störte das wenig, er nutzte alle Elemente, um sein Konzept der persönlichen Geschichten mit moralischen Entscheidungen und lebensnahen Charakteren durchzusetzen, auch wenn dies gängigen Spielkonzepten widerspricht. Der Erfolg gab ihm Recht. Die 40 Millionen Dollar teure Produktion wurde zu einem Riesenerfolg.

    In Beyond: Two Souls bleibt Cage seinem Konzept treu und setzt auf reale Schauspieler wie Ellen Paige und Willem Dafoe, die im Spiel lebensnah nachgebildet werden. Auch dieser Titel wird weitgehend eher als interaktives Drama und nicht als „richtiges“ Videospiel bezeichnet. Cage hat eine Lücke für sich entdeckt und füllt diese mit hohem Aufwand sehr erfolgreich, während andere Entwickler eher auf klassischen Pfaden bleiben. Das Genre selbst erlebt dadurch aber offenbar keine Wiedergeburt. Cage hatte viel Glück, dass Heavy Rain weit über den Erwartungen einschlug. Statt von über zwei Millionen Exemplaren war Sony angeblich von 200.000 bis 300.000 ausgegangen.

    Interaktive FIlme waren und sind ein interessanter Versuch, Film und Videospiel zu verknüpfen, aber auch gleichzeitig ein Beweis dafür, dass ein hoher Aufwand damit verbunden ist. Die strikt lineare Struktur eines Filmskripts beißt sich mit den Erwartungen der Spieler, eigene Entscheidungen zu treffen und eigene Handlungen zu vollziehen, und jede zusätzliche Verzweigung in der Handlung bringt einen enormen Produktionsaufwand mit sich. Und das mit dem Ergebnis stark eingeschränkter oder ungewohnter Interaktion für den Spieler. Letztendlich waren es die Kosten, die dem Genre das Genick gebrochen haben, zusammen mit den Möglichkeiten, die durch die Entwicklung immer stärkerer Hardware entstanden.

    Dennoch wird es sicherlich weiterhin Versuche geben, die beiden Medien zu verbinden. Immer mehr setzen Spielentwickler auf filmähnliche Inszenierung, auf kinoreife Zwischensequenzen, auf Hollywood-Standards. Eigentlich etwas schade, denn mittlerweile ist das Genre eigentlich groß genug, um seine eigenen Wege zu finden, statt vom Nachbarn Kinofilm abzugucken. Wir sind gespannt, was die Zukunft diesbezüglich für uns bereithält.

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