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Test - Soul Sacrifice : Tagebuch des Wahnsinns

  • PSV
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Der Stil erinnert an Dark Souls, das Spieldesign an Monster Hunter und das Fähigkeitensystem an The World Ends With You - eine abgefahrene Mischung? In der Tat. Soul Sacrifice ist kein gewöhnliches Spiel.

Als sich unsere Augen öffnen, hören wir Schreie. Überall liegen Totenköpfe. Wir befinden uns in einer Art Kerker. Ein Typ quatscht uns an, seine Stimme ist von Angst erfüllt. Er berichtet, dass der hier herrschende Zauberer Magusar Menschen opfert. Als dessen Gehilfen auftauchen, dreht der Mann durch und beichtet, dass er in einem mysteriösen Tagebuch las und dadurch ebenfalls ein Magier wurde. Er erledigt die untoten Handlanger und will verschwinden. Doch dann taucht Magusar auf und zerfetzt den Gefangenen. Wenige Sekunden später verschwindet der dunkle Zauberer wieder spurlos. Es kehrt für einen kurzen Moment Ruhe ein. Plötzlich erscheint das Tagebuch und fängt an, mit uns zu sprechen.

Lesen bildet

Librom, so heißt das Tagebuch, ist Dreh- und Angelpunkt von Soul Sacrifice. Darin lest ihr in mehreren Kapiteln nach, was der Verfasser jener Zeilen durchlebt hat. Seine Geschichte wird mit euren Erinnerungen verschmelzen. Ihr lasst Begegnungen mit anderen Zauberern Revue passieren. Ihr erfahrt außerdem, wie Magusar zur Person wurde, die vor wenigen Augenblicken einen Menschen in Stücke riss. Das Tagebuch gibt noch mehr Auskunft: Darin gestaltet ihr euren Charakter und legt seine Attribute sowie Fähigkeiten fest. Das alles wirkt am Anfang ein wenig kompliziert, da der Titel von traditionellen Normen und Prinzipien Abstand nimmt. Soul Sacrifice ist in vielerlei Hinsicht anders als die meisten Genrevertreter.

Dazu müsste man erst mal einordnen, zur welchen Kategorie der Titel zählt. Am ehesten passt die Schublade des Action-Adventures. Die vielen Rollenspielanleihen erschweren die Einordnung jedoch. Prinzipiell ist der Spielablauf relativ simpel: Ihr wählt ein Kapitel, verfolgt den Handlungsstrang, erfüllt die Aufgaben, kassiert die Belohnungen und macht weiter. Die Missionen sind meistens alle gleich: Tötet Monster. Dazu werdet ihr in bestimmte Areale geschickt, die sich oft wiederholen, genauso wie die Ungeheuer, gegen die ihr antretet. Auf den ersten Blick hinterlassen diese eintönigen Mechaniken einen spröden Eindruck, der westlichen Spielern eher einen kalten Schauer über den Rücken jagt. Ja, Soul Sacrifice ist ein Nischentitel und speziell.

Soul Sacrifice - Ghost Trailer
Mit dem Ghost-Trailer zeigen wir euch hier den versprochenen zweiten neuen Videoclip zum Vita-Titel.

Was zur Hölle?!

Trotzdem reizt Kejis aktuelles Werk mit interessanten Elementen. Da ist zum einen das Kampfsystem. Bevor ihr eine Mission startet, bewaffnet ihr euch. Waffen sind das falsche Wort, vielmehr wählt ihr die Opfergaben. Hier kommt der Vergleich zu The World Ends With You ins Spiel: Ähnlich wie ihr beim Handheld-Hit von Square Enix Pins auswählt, um Angriffe festzulegen, legt ihr hier zwei Sets mit jeweils drei Gaben fest, auf denen ihr dann im Eifer des Gefechts zurückgreift. Allerdings nicht unendlich oft: Benutzt ihr eine Fähigkeit zu häufig, geht sie verloren und ihr müsst darauf hoffen, dass sie noch mal als Belohnung vergeben wird.

Es wird noch abgedrehter: Im Laufe des Abenteuers bekommt ihr die Möglichkeit, schwarze Rituale auszuführen und so bestimmte Teile eures Körpers zu Opfern, um einen entscheidenden Vorteil im Kampf gegen die Monster zu erlangen. Beispielsweise lässt sich die Haut opfern, um die Macht der Flamme zu erlangen, die Gegner mit Feuer umgibt. Der Haken: Ihr verliert die Hälfte eurer Verteidigungswerte. Die Auswirkungen sind permanent und lassen sich nur rückgängig machen, wenn ihr einen bestimmten Preis zahlt. Euer rechter Arm dient für diverse Boni auf Attribute und Resistenzen. Stufenaufstiege im klassischen Sinne gibt es in Soul Sacrifice nicht. Stattdessen entscheidet ihr über das Schicksal eurer Widersacher. Rettet ihr die armen Seelen, erhöht ihr eure Lebensstufe und somit die Verteidigung. Opfert ihr eure Feinde, verbessert sich die Magiestufe und eure Angriffe werden mächtiger.

Zünglein an der Waage

Ihr bestimmt ständig über Leben und Tod. Nicht nur bei Monstern, sondern auch bei Endbossen und andere Charakteren. Da ihr häufig mindestens zu zweit unterwegs seid, entstehen dadurch interessante Situationen, besonders im Mehrspielermodus. Liegt ein Mitstreiter im Sterben, könnt ihr ihm zu Hilfe eilen und ihn wieder aufpäppeln, was dazu führt, dass eure Lebensenergie drastisch minimiert werdet. Alternativ opfert ihr ihn. Dadurch wird ein zerstörerischer Angriff ausgelöst, der gerade in ausweglosen Situationen das Blatt zu euren Gunsten drehen kann. Das Gleiche tritt bei euch ein, falls ihr keine Energie mehr habt. Eine dritte Option ist der Tod selbst. Ihr verwandelt euch dann in einen Geist und greift so wieder ins Spielgeschehen ein, entweder indem ihr eure Kollegen unterstützt oder Feinde behindert.

Soul Sacrifice hat einen interessanten Stil. Sowohl die Charaktere als auch die Schauplätze wirken erwachsen und bedrohlich. Ihr habt es nicht mit dem typischen Japan-Kitsch zu tun. Leider wirken besonders die Gebiete oft leer und simpel. Etwas mehr Liebe zum Detail wäre wünschenswert gewesen. Es gibt zwar einige Gegenden, die grafisch etwas mehr hermachen, da ihr sie aber öfters besucht, habt ihr euch irgendwann daran sattgesehen. Der Erzählton ist düster, voller Leid, Hoffnungslosigkeit und Wahnsinn. Einen Zahn zulegen dürfte ruhig die englische Sprachausgabe. Die Monologschnipsel werden gemächlich vorgetragen und die komischen Tonfilter der Erzählstimme treffen sicherlich ebenfalls nicht jedermanns Geschmack.

Fazit

Christian Kurowski - Portraitvon Christian Kurowski

Wow, Soul Sacrifice ist eine kuriose Wundertüte verschiedenster Spielelemente. Wie kurios? Ihr könnt jederzeit gegen den finalen Endboss antreten. Selbst wenn ihr scheitert, wird der Abspann gezeigt. Provokant ausgedrückt könnt ihr das Spiel also in gut 15 Minuten durchspielen. Aber das ist nicht Sinn der Sache. Viele Elemente aus Soul Sacrifice erinnern an Genrevertreter, nichtsdestotrotz fühlt sich das Action-Adventure erfrischend anders an. Das liegt an der interessanten und erwachsenen Thematik über Vergebung und Opferung. Die Trostlosigkeit wird von der Grafik stimmig eingefangen, manchmal zu stimmig: Einige Schauplätze hätten ruhig noch mehr Pfiff vertragen. Die eintönigen und oft kurzen Aufgaben fallen nach einiger Zeit ebenfalls negativ auf. Egal: Soul Sacrifice ist eine spannende Erfahrung, die sich Vita-Besitzer nicht entgehen lassen sollten.

Überblick

Pro

  • interessantes Charaktersystem
  • motivierende Jagd nach neuen Opfergaben
  • erwachsener Erzählton
  • haufenweise Aufgaben und Abschnitte
  • Monster, Bosse, Charaktere und der eigene Held können geopfert werden
  • toller Soundtrack

Contra

  • eintöniges Missionsdesign
  • abwechslungsarme Schauplätze
  • sich wiederholende Dialoge

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