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Special - Xbox Games Showcase : Konnte Microsoft endlich liefern?

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Das Duell ist eröffnet: In dieser Generation hatte die Playstation klar die Nase vor der Xbox One, zumindest in Sachen Exklusivtitel und Anzahl verkaufter Einheiten. Doch nun hat der Konsolen-Krieg für die nächste Generation begonnen. Das Spannende: Microsoft und Sony verfolgen diesmal stark unterschiedliche Strategien. Die Gameswelt-Hardware-Experten Denis Brown und Andreas Philipp liefern sich ein Streitgespräch über die Chancen der Xbox Series X und fassen die einzelnen Gesichtspunkte aus unterschiedlichen Perspektiven zusammen.

Xbox Games Showcase 2020 - Wir fassen alle Ankündigungen zusammen

Microsoft hat die Katze aus dem Sack gelassen und endlich ihre neuen Next-Gen-Titel für die Xbox Series X gezeigt. Felix, Andi und Dennis fassen den Xbox Games Showcase für euch zusammen.

Denis Brown: Microsoft hat ein Problem mit Prioritäten. Die Redmonder Marketing-Abteilung vermag Technik anzupreisen, aber beim Verkaufen von Spielen und Hardware setzen sie immer wieder aufs falsche Pferd. Nicht zwingend inhaltlich. In den rund 60 Minuten Xbox Showcase waren einige interessante Spiele zu sehen. Schon jetzt wirkt das First-Party-Angebot der Xbox Series X weit abwechslungsreicher als alles, was man uns auf der Xbox One vorsetzte. Trotzdem bleibt ein schaler Nachgeschmack, denn das Gezeigte ging nicht auf die Wünsche der Kundschaft ein.

Halo Infinite: Erster Eindruck mit wenig Wumms

Es hätte ein spannendes Duell werden können. PlayStation 5 gegen Xbox Series X. Die Japaner hatten vor einiger Zeit mit einem beeindruckenden Portfolio vorgelegt und nun warteten alle auf Microsofts Antwort, auf den One-Two-Punch mit 12 Teraflops Gewicht. Das Video beginnt, ein Countdown läuft, die Spannung steigt … und verpufft sofort. Der Grund: Halo Infinite.

Am Bekanntheitsgrad von Halo ist nichts auszusetzen, für einen ersten Eindruck war das dennoch die falsche Wahl. Ja, es läuft in 4K bei 60 Bildern pro Sekunde, zeigte eine irre Sichtweite und superflüssige, ja geradezu fluffig weiche Bewegungen - aber abseits des Terrains auch detailarme Oberflächen, die fast schon an Comic-Kolorierung erinnerten, und grobe Partikeleffekte mit wenig Transparenz. Raytracing? Next-Gen-Geometrie? Fehlanzeige! „Das soll die Zukunft sein?“ feixte in dem Moment ein Teilnehmer im YouTube-Chat. Womöglich ein toxisch gestimmter Playstation-Fan. Dumm ist nur, dass er recht hat. Halo Infinite wird sicher spielerische Vorzüge haben und wirkte mit seiner unkomplizierten Ballerei fetzig, aber nach Next-Gen roch das nicht.

Wie denn auch, wenn der Titel ebenso auf der sieben Jahre alten Vanilla-Xbox-One in 1080p60 laufen soll, ja sogar auf einer Engine läuft, die für die alte Kiste optimiert wurde. Eine Diskussion um den Sinn der Smart-Delivery-Strategie wäre an dieser Stelle müßig, aber warum muss das erste Spiel der Präsentation unbedingt eines sein, das die Schwächen der Xbox One wie einen Mühlstein am Fuß hinter sich her schleift?

Die Sichtweite in Halo Infinite ist unterm Strich nicht mehr als eine verschobene Detailkaskade, was in dem Moment sichtbar wurde, als der Master Chief auf eine Hebe-Plattform stieg, denn dann wurden weitere Rauchschwaden auf der anderen Seite der Spielwelt erkennbar. Ein technisches Detail, von dem sich der Durchschnittsspieler nicht beeindrucken lässt. Kurz nach der Präsentation, als das gefühlt halbe Web seinem Unmut freien Lauf ließ, betrieb MS Schadensbegrenzung: Es sei ja ein sechs Monate alter Build gewesen, der auf dem PC lief.

Das macht die Sache nur noch schlimmer. Halo lief auf einem Windows-PC und sah trotzdem so unterwältigend aus? Dass die Grafik innerhalb der nächsten drei Monate keine Kehrtwende erfährt, wissen selbst Spieler, die wenig Ahnung von der Entwicklung eines Videospiels haben. Ein paar grafische Feinheiten und Tweaks mögen dazukommen, aber schon jetzt steht fest, dass Halo kein optischer Knüller wird. Offene Spielwelt hin oder her, das war kein guter Start. Selbst das 4K-Videomaterial, das nach dem Stream erschien, konnte an diesem Eindruck nichts ändern.

Halo Infinite - Gameplay Reveal Trailer

Neben der längeren Gameplay-Präsentation zu Halo Infinite gibt es auch einen Gameplay-Reveal-Trailer, den wir euch nicht vorenthalten wollen.

Bedauerlich. Konsoleros – und bestimmt auch ein paar PC-Gamer – hatten sich in den Stream eingeklinkt, um die Power der Xbox Series X zu sehen. Das erste Spiel der Präsentation hätte eine Grafikbombe famosen Kalibers sein müssen. Ein Spiel, das von der ersten Sekunde an zeigt, dass Microsoft mit harten Bandagen kämpft. Es hätte mit 30 Bildern die Sekunde in einem Schlauchlevel stattfinden und seine Level-of-Detail-Kaskade auf Armlänge halten können – das wäre völlig egal gewesen, solange es nur knackscharfe Texturen, irre Geometrie, kurze Ladezeiten für Assets sowie ein wenig Raytracing präsentiert hätte. Und zwar bitte dort, wo der Spieler auch hinschaut, nämlich in unmittelbarer Nähe.

Kurzum: Gebraucht wurde genau das, was Sony mit Ratchet and Clank und Horizon 2 auftischte. Eine Präsentation mit dem Ziel, innerhalb weniger Minuten alles in die Waagschale zu legen, was die neue Konsole auf dem Kasten hat. So verkauft man Hard- und Software zugleich. Ratchet and Clank vermittelte bei Sony innerhalb weniger Szenen einen erheblich knackigeren Next-Gen-Kick als Microsofts gesamte sechzigminütige Video-Präsentation - auf leistungsschwächerer Technik. Traurig, aber wahr.

Einige Highlights

Nun, es ist nicht so, als ob Microsofts First-Party-Studios gar nichts Beeindruckendes gezeigt hätten, aber ihnen war wohl mehr daran gelegen, den Game Pass anzupreisen als ihre nächste Konsolengeneration an den Mann zu bringen. State of Decay 3 kam dem Erwarteten dank furchterregender Kreaturen-Gestaltung schon näher, nur sind zusammengeschnittene CGI-Trailer, die den Spielablauf aus dritter Perspektive vermitteln, wenig aussagekräftig.

Das wenige In-Engine-Material von Forza Motorsport (das nun augenscheinlich ohne Sequel-Zahl daherkommt) krankte am selben Problem, war aber trotzdem irre beeindruckend. Reflexionen im Fahrzeug-Lack und auf den Fahrerhelmen zeigten Raytracing von einem anderen Stern, das in manchen Szenen höher aufgelöst schien als Gran Turismos Ansatz.

Forza Motorsport - Offizieller Ankündigungstrailer

Derzeit befindet sich Forza Motorsport noch in einem frühen Entwicklungsstadium und wird mit 4K und 60fps laufen, was für eine dynamische Verbindung jeglicher Szenen sorgt. Denn dank Raytracing in Kombination mit ForzaTech entsteht eine lebendige Welt, in der alles miteinander verbunden ist - von den Oberflächen der Autos, die sich gegenseitig spiegeln, über die leuchtend rote Farbe, die von nassem Asphalt reflektiert wird, bis hin zu lebensnaher Licht- und Schattensimulation. Entwickelt von den Turn 10 Studios, wird Forza Motorsport auf Xbox Series X, Windows 10 PC und im Xbox Game Pass verfügbar sein.

Die Beleuchtung auf der Laguna Seca-Strecke, deren Korkenzieher-Kurve im Trailer nur in einem sehr engen Bildausschnitt zu sehen war, stellte fotorealistische Ansprüche in den Raum. Schade, dass der Teaser viel zu kurz war und zu wenig Material für eine ernsthafte Einschätzung lieferte. Angesichts der abschließenden Aussage, Turn 10 stehe noch ganz am Anfang der Entwicklung, ist damit leider erst in ein oder zwei Jahren zu rechnen.

Ähnliches gilt für Obsidians neues Rollenspiel Avowed. Die Entwickler konnten nicht viel zeigen, weil das Projekt noch in den Kinderschuhen steckt, aber zumindest war nach viel CGI für wenige Sekunden ein guter Ansatz zu sehen, der erahnen lässt, was man mit 12 Teraflops anstellen kann. Viel Show, kein Gameplay und schon gar nicht etwas, womit man den Veröffentlichungszeitraum der Konsole mit Hype füllt. Warum soll man sich eigentlich so eine Xbox Series X zulegen?

So ging das endlos weiter. Wo bitteschön war das Paradebeispiel des schnellen NVMe-Speichers? Eine Demonstration schneller Ladezeiten oder des schnellen Wechsels zwischen unterbrochenen Spielabläufen, dieses Mal aber mit Series-X-Games, hätte viel bewirken können. Den Nachweis einer Speicher-Revolution ist uns Sony nicht schuldig geblieben, während Microsoft nichts bis auf heiße Luft zu präsentieren hatte. Warum?

Avowed - Offizieller Ankündigungstrailer

Obsidian Entertainment (The Outer Worlds) hat mit Avowed ein neues Rollenspiel angekündigt, zu dem es allerdings noch keine konkreteren Infos gibt.

Vielleicht kann das Horrorspiel The Medium von Bloober Team den Wert dieser Hardware-Komponente vermitteln. Der Wechsel zwischen zwei gleichzeitig gerenderten Spielwelten hat das Potenzial dazu. Da wir darüber aber noch immer nur spekulieren, erübrigt sich jeder weitere Kommentar. Falsche Prioritäten war das Stichwort des Abends. Derweil feixen und lästern die PlayStation-Fans weiter im Youtube-Chat. Von denen hat Microsoft keinen einzigen auf die andere Seite verführt.

The Medium - Dual-Reality-Trailer

Der neue Trailer zu The Medium zeigt euch die beiden Realitätsebenen, zwischen denen sich die Ereignisse im Spiel abspielen.

Mäßige Grafik, viel Magie

Grafik ist nicht alles. Die Xbox Series X braucht gute Spiele, und von denen scheint es einige zu geben. Natürlich muss man das Endergebnis abwarten, aber Everwild von Rare dürfte die klaffende Lücke füllen, welche die Xbox One in jüngster Zeit hinterlassen hat. Es versprühte greifbare Magie durch dichte Atmosphäre, wenn auch bei eher durchschnittlicher Grafik, die Abseits von Detaildichte und Framerate an Spiele erinnert, wie man sie auf Nintendos Switch antrifft.

Everwild - Eternals Trailer

Everwild ist ein neues Spiel, das aktuell von Rare entwickelt wird, sich von der vielfältigen Schönheit der Natur inspirieren lässt und den Spieler in eine mystische wunderschöne Welt zieht. Everwild erscheint auf Xbox Series X, Windows 10 PC und im Xbox Game Pass.

Das Wort „durchschnittlich“ darf man hier nicht auf Goldwaage legen. Wunderschöne Animationen und kleine Physikdetails im Verhalten von Fell und Kleidung werteten den leicht generischen Cel-Shading-Stil auf. Die Grafik hat was, ist in Sachen Design auf jeden Fall rund, dicht und stimmungsvoll und bringt den esoterischen Ansatz der Handlung gekonnt rüber. Aber man ahnt, dass der Stil auserkoren wurde, um Entwicklungszeit zu sparen.

Psychonauts 2 aus dem Hause Double Fine war derweil neben Halo das einzige Spiel mit genug Einblick für eine Einschätzung des Spielinhalts. Hoffentlich wird das Endergebnis nicht so austauschbar wie der von Jack Black gesungene Song, der zur Präsentation lief. Es wäre eine verblüffend sinnbildliche Parallele, denn Jack Blacks Potenzial wurde auf Fremdschäm-Niveau untergraben. So einen Song singt er sonst höchstens unter der Dusche.

Macht nichts. Das Spiel sah dem ersten Eindruck nach trotzdem gut aus. Farbenfroh, fantasievoll und mächtig psychedelisch. Und so unglaublich sauber gerendert! Von unschönen Kanten auf Modellen fehlt jede Spur. Grob ist das Spiel nur dort, wo es dem Stil entspricht. Das war kein toller Nex-Gen-Showcase, aber insgesamt ein Höhepunkt der Show.

Psychonauts 2 - Gameplay Music Trailer

Auch zu Psychonauts 2 gab es gestern Abend endlich einmal wieder frische Eindrücke in einem Video.

Und sonst so?

Was man vom Rest nicht durchweg behaupten kann. Ein paar aussageschwache Trailer und Filmchen füllten so eine Video-Präsentation eben nur schwerlich. Einiges davon hätten im aktuellen Zustand gar nicht gezeigt werden dürfen. Beispielsweise das Spiel As Dusk Falls von Interior/Night, ein neues Studio ehemaliger Quantic-Dream-Mitarbeiter. Toller Zeichenstil, interessante Charaktere, null Animation. Im Ernst jetzt? Wenn das Absicht ist, muss das erklärt und vertieft werden. Es ist ja nicht einmal klar, welchem Genre das Spiel angehört.

Es folgten mehr Trailer, unter anderem von 22 sogenannten Console Launch Exclusives (was auch immer das genau bedeuten oder nützen soll). Ein großes Paket nudelte man kurz vor Schluss am Stück ab. Davon blieb kein Titel hängen. Doch, halt! Tetris Effect. Ein richtig gutes aus der Designschmiede von Tetsuya Mitsuguchi. Woher wir wissen wie gut es ist? Weil es das exakt selbe Tetris ist, das man seit 2018 auf der PS4 bekommt, nur nun angereichert um einen Multiplayer-Modus, der kurze Zeit später mit Sicherheit auch Sonys Lager erreichen wird.

Puh. Irgendwie ernüchternd. Warum gab es keinen tiefergehenden Einblick in Hellblade 2? Wäre doch eine prima Antwort auf die PS5-Demo mit der Unreal Engine 5 gewesen. Warum wurden tolle Designs wie The Gunk oder Stalker 2 mit stiefmütterlichen Trailern abgehandelt, statt echtes Gameplay zu zeigen? In der Entwicklung noch zu früh? Warum dann überhaupt zeigen? Diese Showzeit hätte viel besser genutzt werden können. Das sind Spiele, die interessant aussehen, aber im Moment nicht mehr als Worthülsen darstellen. Die Behauptung, Microsoft hätte nichts auf der Pfanne gehabt, wäre eine glatte Lüge. Die interessanten Titel gingen bloß in der Masse unter.

S.T.A.L.K.E.R. 2 - Official Reveal Trailer

Anlässlich des Xbox Games Showcase wurde nun auch der erste Trailer zum Shooter-Sequel S.T.A.L.K.E.R. 2 veröffentlicht.

Immerhin: Fable gab ein Lebenszeichen, mit Humor, der wie die Faust aufs Auge passt. Aber auch hier keine Inhalte angesichts des frühen Entwicklungsstadiums. Zu sehen gab es nur einen CGI-Trailer. Der war in etwa so lehrreich wie der Metroid-4-Schriftzug bei Nintendo. Microsoft versicherte, noch nicht alles Pulver verschossen zu haben. Man wolle vor dem Launch der Konsole noch weitere Spiele vorstellen.

Hoffentlich kommt da noch etwas, denn nach dem bisherigen Eindruck wird Microsoft beim Launch klar den Kürzeren ziehen. Nicht, weil es an guten Spielen oder Exklusivtiteln fehlt, sondern weil MS offenbar kein Händchen für Präsentationen hat.

Andreas Philipp: „Microsoft verfolgt einen ganz anderen Weg als Sony“

Das war es nun, das heiß erwartete Xbox Games Showcase. Kaum war es vorbei, gingen die Meinungen kräftig auseinander. Manche freuten sich über die Vielfalt der gezeigten Titel, andere zeigten sich enttäuscht, weil im Grunde kein wirklicher Technikkracher dabei war, der zumindest optisch den Eindruck macht, dass er die neue Konsole ausreizt (ausgenommen vielleicht der In-Engine-Trailer zu Forza, das offenbar noch weit entfernt ist).

Allerdings wurde für mein Empfinden sehr deutlich, dass Microsoft bei der Xbox-Familie mittlerweile ein ganz anderes Konzept fährt als Sony. Das scheint aber bei vielen Spielern noch nicht wirklich angekommen zu sein, die der Meinung sind, dass geile Exklusivtitel im Stile eines Horizon oder The Last of Us der Heilsbringer für eine neue Konsole sind.

Zwar wurde seitens Microsoft ungeschickterweise ein wenig zu sehr auf der Power der Konsole herumgeritten, was etwas albern wirkt, wenn in dem Zusammenhang eher wenig beeindruckendes Halo-Infinite-Gameplay gezeigt wird. Klar wurde aber, dass die Xbox Series X eigentlich gar nicht der springende Punkt für die Zukunft ist.

Vielmehr wurde deutlich, dass Microsoft seine Spiele (und die der Partner) vor allem einem breiten Publikum zugänglich machen will und das grenzenlos, egal, ob man Besitzer eines PC, einer Xbox One oder einer Xbox Series X ist. Und das auch noch mit brachialem Fokus auf den Game Pass, was wiederum klarmacht, dass dieses Abomodell für Microsoft die eigentliche Zukunft ist. Übergreifende Spiele für Xbox One, Xbox Series X, Project xCloud und PC – warum eigentlich nicht? Wenn das auch noch mit einer passenden Skalierung der Grafikqualität je nach Plattform kommt, ist das eigentlich schon ein ziemlicher Kracher, zumal der Preis des Abos für das Gebotene geradezu sensationell ist.

As Dusk Falls - XSX Announcement Trailer

Zum kommenden XSX-Titel As Dusk Falls gibt es nun den ersten offiziellen Trailer zu sehen.

Natürlich wurde auf breiter Front über die visuelle Qualität der gezeigten Spiele in technischer Hinsicht gejammert – mal ganz abgesehen davon, dass es zumeist nur CGI-Trailer zu sehen gab, die mal so gar keine Aussagekraft über die finale Grafikqualität eines Spiels, geschweige denn seiner spielerischen Qualitäten haben. Das ist aber zu kurz gedacht, denn das Gros der gezeigten Spiele verzichtete zugunsten eines eigenständigen Art Designs auf technischen Firlefanz. Mal ganz abgesehen davon, dass fortgeschrittene Hardware-Power nicht nur der Grafik, sondern auch anderen Aspekten wie KI, Spielwelt oder Gameplay zugute kommen kann.

Wer sagt denn, dass Titel wie S.T.A.L.K.E.R. 2 mit seiner Lebenssimulation oder The Medium mit seinen parallelen Welten nicht spielerisch einfach grandios werden können, auch wenn sie am Ende vielleicht nicht aussehen wie aus dem High-End-Ei gepellt? Wer sagt denn, dass das charmante Art Design eines Everwild oder der ungewöhnliche Ansatz eines As Dusk Falls nicht viel mehr spielerischen Wert hat, als der hundertste 08/15-Actiontitel in 4K60 mit HDR, ultrarealistischer Grafik und Raytracing?

Ebenso konnte beeindrucken, dass Microsoft beim Showcase eine bisher ungewohnt große Bandbreite gezeigt hat. Im Grunde waren so ziemlich alle Genres vertreten und für jeden Geschmack war etwas dabei. Graphic Novels, Actiontitel, Shooter, Rollenspiele, Adventures, Jump'n'Runs, Rennspiele – ich weiß gar nicht, ob und wann Microsoft zum Auftakt einer Konsole jemals ein so breites Portfolio gezeigt hat. Klar, der erhoffte Systemseller war vielleicht nicht zu sehen, aber nochmals: das ist nicht der springende Punkt. Microsoft hat sogar selbst im Vorfeld betont, dass man niemanden durch Exklusivtitel zum Kauf einer neuen Konsole zwingen wolle.

Außerdem schließt das aktuelle Portfolio durchaus nicht aus, dass noch echte Technikkracher in der Pipeline sind. Aber da spielt in der Übergangsphase von Xbox One auf Xbox Series X auch ein wirtschaftlicher Aspekt hinein. AAA-Titel kosten in der Entwicklung mittlerweile dreistellige Millionenbeträge und die neuen technischen Optionen verringern den Aufwand nicht gerade. Wozu also zum Launch gleich die Kronjuwelen raushauen, wenn noch viel zu wenige Konsolen im Markt sind und die Titel vorhersehbar dicke rote Zahlen einfahren? Dass ein Forza Motorsport dieses Mal nicht zum Launch der Konsole erscheint, wird damit bereits schlüssig erklärt, und mich würde nicht wundern, wenn es Ende 2021 oder vielleicht gar erst 2022 als Exklusiv-Titel für PC und Xbox Series X erscheint.

Natürlich wird man bei den meisten Titeln abwarten müssen, ob sie ihr Potenzial entfalten. Aber schon jetzt ein Urteil zu fällen, welches Spiel Mist ist und welches nicht, ist verfrüht, erst recht nach kurzen Trailern ohne jedwedes Gameplay. Und nein, es wurde so gut wie kein Gameplay gezeigt. Wie denn bitte auch im Rahmen eines einstündigen Ankündigungs-Events, das für um die 30 Spiele herhalten musste? Bis zum Release der angekündigten Titel ist ohnehin noch reichlich Zeit, um mehr zu zeigen, vor allem auch mit mehr Aufmerksamkeit, sodass etwaige Perlen nicht in der Masse untergehen.

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Ja, auch mir fehlte im ersten Moment der richtige Kracher. Aber Microsofts Konzept ist interessant und ein reizvoller Gegensatz, zum doch etwas altbacken wirkenden Exklusiv-Titel-Konzept von Sony, das dem Spieler im Grunde keine Wahl lässt, als das Sparschwein für eine PS5 zu knacken. Es wird sich zeigen, welche Idee sich am Ende langfristig durchsetzen wird. Der plattformübergreifende Game Pass mit seiner Service-Idee ist jedenfalls aus meiner Sicht eine echte Waffe und mir im Grunde viel lieber als eine Konsole, die zwischen zwei oder drei Exklusivtiteln fröhlich vor sich hin staubt. Sony will Konsolen und Spiele verkaufen, Microsoft einen plattformübergreifenden Service für Jedermann etablieren. Für mein Empfinden ein sehr spannendes Duell.

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