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Test - Drone Swarm : Das genialste RTS seit langem

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Basen bauen, Kampfeinheiten erstellen, Ressourcen abtragen. Echtzeit-Strategiespiele gehören zu den trägsten Genres im Reich der Videospiele. Hin und wieder versucht mal jemand, es zu entschlacken oder von einer anderen Seite zu betrachten, letztendlich geben aber klassische Systeme wie in Starcraft 2, Company of Heroes oder Age of Empires nach Jahrzehnten noch immer den Ton an. Das könnte sich womöglich bald ändern, denn Drone Swarm stellt das Genre mit einer Spielidee auf den Kopf, die so einfach wie genial ist.

Wir wissen es alle, ignorieren es aber mit Leidenschaft: Wenn die Menschheit weiter so rücksichtslos und arrogant handelt wie bisher, haben wir den Planeten Erde bald völlig entstellt und unwirtlich gemacht. Aber was dann? Im Echtzeit-Strategiespiel Drone Swarm verfügt die Menschheit dank eines glücklichen Fundes über eine Technologie, welche die Suche nach einer neuen Erde begünstigt. Ein großes Mutterschiff, genannt Argo, kann nicht nur von Stern zu Stern springen, sondern auch einen Schwarm aus 32.000 kleinen Drohnen steuern, der in Personalunion Forschung, Verteidigung und Angriff in fremden Kulturkreisen übernimmt.

Diese Drohnen erweisen sich als ungemein widerstandsfähig. Nicht unzerstörbar, aber doch stabil genug, um mit hoher Geschwindigkeit durch die Raumschiffe von Aggressoren zu donnern, ähnlich wie es im Film Star Trek: Beyond der Enterprise zum Verhängnis wurde: eine mächtige Waffe und zugleich ein schützender Panzer gegen Laserkanonen. Wenige Kommandos genügen, um eine begrenzte Zahl an Drohnen in eine Formation zu zwingen.

Welch glückliche Fügung, denn auf der Suche nach einem neuen Heimatplaneten springt die Argo mitten in den Konflikt zweier Alien-Rassen. Seit etlichen Jahren führen die Voohr Krieg gegen die Vashar. Wer von beiden die moralische Überlegenheit innehat, ist aber nicht erkennbar, daher gerät das Menschenschiff zwischen die Fronten und muss sich erst einmal gegen beide Zankhähne verteidigen. Doch die Kunde von der ungewöhnlichen und ungemein starken Drohnen-Technologie verbreitet sich schnell in der Galaxis, sodass die Menschheit unfreiwillig in Seilschaften gerät und das Kräfteverhältnis dieses interstellaren Konflikts beeinflusst.

Von Grundauf entschlackt

Hinter Drone Swarm steckt eine derart simpel klingende Spielidee, dass man ihre Vielschichtigkeit anfangs stark unterschätzt. Nicht zuletzt aufgrund des entschlackten Spielaufbaus, der weder Basenbau noch die Produktion von Kampfeinheiten vorgibt. „Huch, das war‘s schon?!“ ist ein Gedanke, der sich aufgrund kurzer knackiger Schlachten mehr als ein Mal manifestiert. In drei bis vier Minuten hat man sämtliche Aufgaben eines Abschnitts erledigt und schreitet zum nächsten Segment vor, das weiterhin auf Übersichtlichkeit vertraut.

Das Mutterschiff Argo landet per Lichtsprung auf einem Schlachtfeld, das alle Handlungen auf ein zweidimensionales Raster reduziert. Als optischer Schauplatz entbehrt der Weltraum somit jeglicher Tiefe, aber das ist der Übersicht halber auch besser so. Einmal angekommen, genügt eine einfache Mausgeste für das Aussenden einer Handvoll Drohnen. Sie fliegen an den Ort, an den man mit der Maus zeigt, und rasen rücksichtslos durch jedes Objekt, das sich dort aufhält – egal ob Freund oder Feind. Der Rest der kleinen wuselnden Kampfsatelliten rotiert weiterhin in Bereitschaft um das Mutterschiff und bildet einen schützenden Ring.

Reichweite und Angriffskraft der Drohnen sind nicht unbegrenzt. Sie benötigen für das Zerstören kleiner Raumschiffe fünf oder sechs Anläufe und müssen zwecks Nachladens in regelmäßigen Abständen zum Mutterschiff zurückkehren. Zudem hinterlässt jedes Angriffsgeschwader eine Lücke im Verteidigungsring, die Gegnern Angriffsfläche bietet. Balance zwischen Angriff und Verteidigung zu halten, wird also umso schwieriger, je mehr Aggressoren um die Argo herumschwirren.

Da kommt die zweite Basisfunktion der Wuselobjekte sehr gelegen, denn sie bilden über einen anderen Befehl Schutzwälle, deren Form ebenfalls durch eine Mausgeste bestimmt wird. Je großzügiger die gewählte Form, desto mehr Drohnen verlassen das Mutterschiff und bilden eine Mauer, die sowohl schwache Laserstrahlen blockiert als auch gegnerische Schiffe am Durchkommen hindert. Verfängt sich ein Widersacher in einem Drohnenwall, zappelt er wie ein Fisch im Netz, dringt aber nach einer Weile durch bloße Gewalt durch. So ein Wall bietet also keinen hundertprozentigen Schutz, verlangsamt aber den Feind und nimmt ihm die Durchschlagskraft.

Diese Grundregeln bedingen die kurze Spielzeit je Schlacht, denn zwischen Erfolg und Niederlage liegen oft nur Sekundenbruchteile. Die Drohnen der Argo sind stark, aber das Mutterschiff verfügt über einen Deflektorschild, der genauso gut aus Papier bestehen könnte. Wenige Sekunden Laserbeschuss brechen bereits dessen Hülle. Mit einer Fehlertoleranz, die gegen Null zeigt, ist Effizienz das oberste Gebot: schnell die richtigen Entscheidungen treffen, flink handeln, stets die Übersicht bewahren.

Klingt einfach, ist es aber nicht unbedingt. Spätestens wenn größere Schlachtschiffe auftauchen, die über Energieschilde verfügen, lähmende EMP-Granaten werfen oder dicke Superlaser aufladen, die der Drohnenschwarm nicht blocken kann, fängt das Oberstübchen Feuer. Der anfangs gefühlte Überfluss an Drohnen schmilzt plötzlich zusammen. Sparsamkeit beim Anlegen von Mauern wird von jetzt auf gleich überlebenswichtig, damit man an mehreren Fronten gleichzeitig angreifen oder Raumschiffe alliierter Parteien verteidigen kann.

Non-lineare Progression?

Da Drone Swarm als reines Einzelspieler-RTS daherkommt, konnten die Entwickler der Stillalive Studios ein paar Wendungen einplanen, die den Spielablauf anhand der Progression spannend halten. Neben Überraschungen bei der Handlung spielen vor allem Upgrades eine tragende Rolle. Einige davon erwirbt man im Tausch gegen Skillpunkte, andere werden automatisch gewährt. Beispielsweise die Kinetik-Funktion. Sie funktioniert Drohnen zu einem praktischen Schubwerkzeug um.

Gegnerische Schlachtschiffe können ihren alles durchdringenden Superlaser nämlich erst dann abfeuern, wenn sie ihn in einer ruhenden Position aufgeladen haben. Schubst man sie währenddessen von ihrem Schusswinkel weg, müssen sie den Aufladeprozess von vorne beginnen. Weitere Aufwertungen stärken die Panzerung des Mutterschiffs, installieren automatisch feuernde Laserkanonen, fügen kursbasierte Angriffsvarianten für den Drohnenflug hinzu und so einiges mehr.

Wann ein Upgrade zur Verfügung steht, hängt allerdings oft von der Reihenfolge der Schlachten ab, auf die man begrenzten Einfluss hat. Eine schlichte Sternenkarte gewährt Einblick auf die nächsten möglichen Anlaufpunkte inklusive ihrer versprochenen Belohnung. Da die einzelnen Schauplätze in Sektoren zusammengefasst werden, die man durch Einbahnstraßen-Sternentore betritt, ist eine Rückkehr zu liegengelassenen Missionen nur zeitlich begrenzt möglich.

Wobei die Verzweigungsansätze bescheiden bleiben. Sofern man nicht zu schnell ins nächste Sternentor flüchtet, bleibt das Abgrasen aller Upgrades eines Sektors eine Angelegenheit von weniger als 30 Minuten. Es sei denn man scheitert an einer herausfordernden Mission. Dazu gleich mehr.

Verpassen kann man jedenfalls nichts, und das ist ein wenig bedauerlich, denn ein paar heftigere Konsequenzen bei der Missionswahl würden der Sternenkarte und der Progressionsentscheidung mehr Sinn verleihen. So wie sie jetzt geregelt ist, unterscheidet die Missionsauswahl lediglich zwischen den Spielansätzen „schnell weiterkommen“ oder „alles abgrasen“.

Schwierigkeitsgrad und Flüchtigkeitsfehler

Dass große Verzweigungen sowie permanente Story-Entscheidungen fehlen, obwohl manchmal Multiple-Choice-Antworten bei der Kommunikation mit den Aliens angeboten werden, ist insofern tragisch, als dass das Abgrasen aller Missionen grundsätzlich viel zu leicht ausfällt. Drone Swarm offeriert drei Schwierigkeitsgrade, von denen die unteren beiden kaum eine Herausforderung darstellen. Wenn man hier scheitert, dann am ehesten, weil man ein schlecht vermitteltes Missionsziel nicht verstanden hat.

Siehe etwa jene Missionen, bei denen man Wracks nach Infos und Upgrades abscannen soll. Die Entwickler weisen bei der ersten Instanz leider nicht deutlich darauf hin, dass man diese Scanvorgänge parallel zur Schlacht ausführen soll, weil man sonst irgendwann von einer Überzahl an Gegnern überwältigt wird. Anhand der vorherigen Missionsabläufe geht man schnell davon aus, man solle erst alle Feinde plattmachen, um anschließend in Ruhe zu scannen.

Hier mangelt es nicht am Missionsdesign, sondern an einer eindeutigeren Vermittlung. Hat man das Prinzip einmal kapiert, kommt es einem in späteren Missionen fast wie Mogelei vor. Wer geschickt ist, scannt sogar das ein oder andere Wrack, ohne einem einzigen Gegner ein Haar zu krümmen, wodurch die jeweilige Mission frühzeitig beendet wird. Unser Rekord für diesen Test: läppische 25 Sekunden!

Ein weiterer Grund für gescheiterte Anläufe liegt im manchmal ungenauen HUD. Bestes Beispiel ist die Kinetik-Funktion der Drohnen. In ihrer Urform vor dem ersten Upgrade soll man die linke Maustaste festhalten, um eine Anzahl Drohnen an einem Startpunkt zu sammeln, bevor sie auf einen Gegner zufliegen. Wie viele Drohnen zusammenkommen und wie stark somit die Schubwirkung ausfällt, erkennt man an einem kreisförmigen Aufladebalken.

Zumindest theoretisch. In der Praxis lädt der Kreis lange bevor auch nur eine einzige Drohne den Sammelpunkt erreicht. Dementsprechend muss man raten, wann tatsächlich die kritische Masse an Drohnen zusammenkommt. Sind es zu wenige, gelingt die Ablenkung des angepeilten Schlachtschiffs nicht, sodass es freie Bahn hat und das Mutterschiff nach nur einer Sekunde Beschuss zerstört. Dieses Problem löst sich schon im zweiten Sektor in Luft auf, indem man ein Upgrade installiert, bei dem die Truppenstärke automatisch bestimmt wird. Trotzdem ärgerlich und ein unnötiger Schnitzer, der hoffentlich durch einen Patch behoben wird.

Drone Swarm - So spielt sich das RTS

Der gute Holger zockt die Vorschau-Version des RTS Drone Swarm. Hier seine Ersteindrücke.

Das alles sind lediglich Kleinigkeiten, die behoben werden können. Der einzige echte Kritikpunkt, der ebenfalls gestalterischer Natur ist, wäre das Design der Zwischensequenzen. Wie bei vielen Produktionen kleiner Studios besteht die Vermittlung der Rahmenhandlung aus handgezeichneten Standbildern. Der Versuch, durch Linsenverzerrungen Kopfbewegungen vorzutäuschen, geht aber nach hinten los. Das Bild wirkt oft unscharf und die Bewegung lächerlich. Ein wenig mehr Mühe – etwa in Form von bewegenden Lippen und ein paar kleinen Animationsphasen – hätte dem Gesamteindruck sicherlich nicht geschadet.

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