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Special - Gamehotel 2008: Der Kongress : Was ging ab im Videospiele-Hotel?

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    Anschließend richtete Steven Poole seine Worte an das Publikum. Poole ist Beuschs Nachbar in Paris und ein bekannter Videospieljournalist. Der Autor der Kultbuchs "Trigger Happy" sieht sich als Spielephilosoph, entsprechend fiel seine Rede über die Videospielzukunft mit ihrer Durchmischung von Arbeit und Spiel aus. Interessant war etwa, dass er überzeugt sei, dass Spielehersteller zukünftig nicht einfach voraussetzen dürften, dass Spieler ohne Gegenleistung ein MMORPG beleben oder eigenen Content kreieren würden. Der Kampf um die User dürfte also zunehmen, wovon die Konsumenten natürlich profitieren. Darüber hinaus glaubt Poole, dass es immer mehr emotionale Spiele und Kunstwerke im Stil eines Okami geben werde. Als ein weiteres emotionales Paradebeispiel nannte er Shadow of the Colossus.

    Fußballer, die keine sind, und Spiel-Engines ohne Spiel

    Nach einer kurzen Pause folgte eine etwas skurrile Präsentation, die sich aber als eine der interessanteste überhaupt entpuppen sollte. Skurril, weil der Redner Stephan Würmlin (LibroVision) aus dem Umfeld der Technischen Hochschule Zürichs eine Technik präsentierte, die gar nichts mit Videospielen zu tun hat. Im Gegenteil, Videospiele scheinen Würmlin nicht wirklich am Herzen zu liegen. Er erschuf die virtuelle Sportkamera, wie sie etwa während der UEFA Euro 08 im ZDF zum Einsatz kam. Jede beliebige reale Szene eines Fußballspiels kann blitzschnell im Computer als virtuelle Szene berechnet und verändert werden - und das mit fotorealistischer Grafik!

    Klar, dass sich so was für TV-Sportübertragungen exzellent eignet. Interessanterweise akzeptieren laut Würmlin die TV-Zuschauer eine solche Computerszene viel mehr, wenn sie fotorealistisch aussieht. Falls sie wie ein Videospiel wirkt, zweifeln die Zuschauer hingegen am Wahrheitsgehalt. Kein Wunder also, dass sich Würmlin von Games eher distanziert. Seine beeindruckende DiscoverEye-Technologie wird zurzeit im Fußball und American Football eingesetzt, weitere Sportarten sollen folgen.

    Bernd Diemer von Crytek will sich dagegen weder auf die Spielebranche noch auf Sport beschränken, vielmehr sind unter anderem Kinofilme, die Architekturwelt und die Stadtplanung sein Ziele. Das Werkzeug hierzu: Die CryEngine 2. Diese Grafik-Engine, die schon in Crysis zum Einsatz kam, soll zukünftig beispielsweise Architekten beim Planen und Präsentieren ihrer Entwürfe helfen oder virtuelle Städte auf den Bildschirm zaubern, damit die Stadtplanung besser entscheiden kann, welche Projekte sie umsetzen will.

    Besonders wertvoll sei die CryEngine aber im Filmbereich. Denn anders als im klassischen Motion-Capturing- und Bluescreen-Verfahren kann der Regisseur so direkt live auf einem Bildschirm sehen, wie die Render-Szene aussehen wird. Per Post-Produktion erschafft die Engine dann sehenswerte Ergebnisse. Als Beispiel zeigte Diemer das Intro aus Crysis Warhead. Allerdings ist so eine Spiel-Engine manchmal zu klug für Filmregisseure: Die Gegner-KI pfuschte manchmal in die Szene, also kam Crytek auf die Idee, eine für den Zuschauer unsichtbare Ratte durch den Schauplatz wuseln zu lassen, die die sonstigen Figuren ablenkt. Der etwas zu lange Vortrag demonstrierte die Power der Engine ganz gut. Ob die hohen Ziele von Crytek wirklich erreicht werden, bleibt abzuwarten.

    Müder Abschluss mit aufgewecktem Schlussredner

    So interessant die einzelnen Beiträge auch waren, insgesamt zeigte die Gamehotel-Konferenz mal wieder, dass zu viel einfach kein Mehr ist. Die Publikumsreihen lichteten sich, vereinzelte Schläfer waren auszumachen und die Zuhörer verweigerten in den Fragerunden zunehmend ihre Teilnahme. Darüber hinaus litt die Veranstaltung an Zeitnot, was gerade in der Schlussdiskussion mit den Rednern deutlich wurde. Es gelang dort nicht so recht, ein spannendes Gespräch in Gang zu bekommen. Man konnte kaum an den roten Faden der Anfangsrede anknüpfen und allgemein wirkte gerade der Schluss etwas bemüht und ermüdend. Das soll die Beiträge der einzelnen Referenten sowie die Einwürfe von Beusch während der gesamten Veranstaltung aber nicht mindern. Wünschenswert für das nächste Jahr wären bloß eine stärkere Fokussierung sowie ein weniger dichter Ablauf.

    Immerhin endete die Gamehotel-Konferenz mit einem mehr als gelungenen Schluss. Der Stargast der diesjährigen Gamehotel-Ausgabe war Chris Hecker, der das Schlusswort sprach. In einer äußerst launigen Rede ging der pfeilschnelle Sprecher und Vater des Creature-Tools aus Spore auf das Thema des User-Generated-Contents ein und schmückte seine Worte mit witzigen Beispielen aus seiner Familie, der T-Shirt- sowie Turnschuh-Branche und natürlich aus Spore. Chris zeigte sich überzeugt, dass dem User-Generated-Content die Zukunft gehöre. Als herausragende Beispiele aktueller Games nannte er LittleBigPlanet, Banjoo Kazooie: Nuts & Bolts sowie Die Sims 2. Allerdings wusste er auch nicht, wie sich die Spieler in Zukunft die Aufmerksamkeit für ihre Kreationen erkämpfen können - allein für Spore wurden innerhalb eines Monats 40 Millionen Dinge von den Usern erschaffen.

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