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Special - Ahmet-Kolumne - Oculus Rift : Verraten und verkauft

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    Probleme 2.0

    Ich bin immer noch unschlüssig. Ist es nicht völlig wurst, ob sich der Erfinder von Oculus Rift die Taschen vollstopft oder nicht? Ist nicht die Qualität das Wichtigste und dass wir mit dem Produkt Spaß haben? Das Problem ist, dass das Developer Kit 2 nicht frei von Fehlern ist. Das offizielle Forum ist mit Posts unzufriedener User gespickt. Die meisten erhältlichen Demos und Spiele sind noch nicht kompatibel, das Positional Tracking zickt herum und bei manchen Usern verweigert das Teil den Dienst komplett. Jetzt könnte man argumentieren, dass es sich eben um eine Vorabversion für Entwickler handelt und niemand erwarten sollte, dass der Kram bei jedem DAU fehlerfrei läuft. Doch wieso wird es dann überhaupt an Endkunden verkauft?

    Eigentlich bin ich ja gar kein Endkunde. Ich hatte tatsächlich vor, ein Spiel für Oculus Rift zu entwickeln. Der Titel: Hipster or Terrorist? Darin spaziert man in der Ego-Perspektive mit einem Baseball-Schläger bewaffnet durch die Stadt und muss Terroristen erschlagen. Hipster gilt es allerdings zu verschonen. Ihr könnt also nicht drauflosprügeln, nur weil jemand Rauschebart und Halstuch trägt. Meine zweite Idee ist der Nerd-Liebes-Simulator. Darin gilt es, in zahlreichen romantischen Minispielen das Herz einer Frau zu gewinnen. Wenn man versagt, wird man von der Dame ausgelacht und verspottet: „Geh heim, Indie-Games mit 8-Bit-Grafik spielen, du fette Nerd-Sau!“ Ist man siegreich, säuselt die Schöne: „Das war super. Du bist wirklich eine gute Seele. Best Friends Forever!“ In beiden Fällen muss man alleine ins Bett und ein Onanierminispiel absolvieren, wobei die Tränen als Gleitmittel dienen.

    Die Entscheidung naht

    Ein Bekannter von mir hat sein Developer Kit 2 ebenfalls erhalten. Er denkt darüber nach, es ungeöffnet auf Ebay zu verkaufen. Ich lüge ihm vor, dass mein Exemplar noch unterwegs ist: „Du Glücklicher, meines ist immer noch nicht angekommen! Also ich würde das Gerät erst mal ausgiebig testen, bevor ich es verkaufe. Bei Nichtgefallen kannst du es ja immer noch bei Ebay reinstellen. Ich komm kurz rüber und wir probieren das Teil gemeinsam aus, okay?“ In seiner Wohnung angekommen, helfe ich ihm beim Einrichten des Gerätes. Nach einer Stunde kriegen wir das Mistding zum Laufen. Das Positional Tracking funktioniert noch nicht so richtig. Wir kleben die Kamera über dem Fernseher an die Wand und nun klappt’s.

    Katastrophe: Obwohl die Auflösung des Displays gestiegen ist, sind die Pixel immer noch klar erkennbar. Wir testen ein paar Demos, aber keine scheint mit DK2 kompatibel zu sein. Enttäuschung macht sich im Gesicht meines Bekannten breit. Er bereut zutiefst, das Teil nicht gleich auf Ebay verhökert zu haben. Jetzt muss er alles wieder einpacken und das Ding „gebraucht“ verkaufen.

    Ich tröste ihn: „Hey, nimm’s leicht. Du packst einfach wieder alles zusammen und verkaufst es als Neuware. Merkt doch keiner! Oh, schon so spät? Ich mach mich besser auf den Weg, bevor es dunkel wird!“ Ich hetze nach Hause und logge mich bei Ebay ein, um das Ding so schnell wie möglich loszuwerden. Jede Sekunde zählt, denn je mehr Leute von den technischen Problemen erfahren, desto schneller sinken die Preise. Ich fühle mich schäbig, aber irgendwie befreit. Ich rede mir ein, dass es die beste Entscheidung ist, auf das fertige Produkt zu warten.

    24 Stunden später: Oculus Rift DK2 geht für 660 Euro an den Höchstbietenden. Ich spüre keine Freude. Das Engelchen sagt: „In spätestens vier Wochen werden die Demos gepatcht und die Kinderkrankheiten der Software ausgemerzt sein. Ist doch immer so bei neuen Geräten. Es dauert halt einige Zeit, bis so ein Teil auf allen Zylindern läuft. Bis dahin kann man ausgiebig die Elite: Dangerous-Beta zocken, denn die ist extrem geil und bereits mit DK2 kompatibel!“

    Ich besuche die Oculus Rift-Website und bestelle mir ein Developer Kit 2. Wenn ich Glück habe, dann wird es im Oktober geliefert. Ich bin eine dumme Sau.

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    Über den Autor

    Unser Kolumnist Ahmet Iscitürk schreibt seit 16 Jahren über Spiele und müsste deshalb schon längst für die andere Seite arbeiten - zum Beispiel als PR-Manager. Darauf hat er aber keinen Bock. Ebenso wenig möchte er YouTube-Videos machen, denn er ist zu fett für die Kamera. Das Schreiben ist seine einzige Fähigkeit und darum wird er mit den Fingern auf der Tastatur sterben. Sein Credo lautet: „Lebe deinen Traum, auch wenn der Traum scheiße ist.“ Seinen Untergang könnt ihr unter anderem auf Twitter live miterleben.

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