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Preview - Psychonauts 2 : Tim Schafers irrer Mindfuck

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Als Psychonauts im Jahr 2005 erschien, wurde es zum Opfer eines regelrecht paradoxen Fluches: Während sich die Spieler lauthals über Einheitsbrei beschweren und nach Innovation und Originalität schreien, verschmähen sie gleichzeitig gerne mal Spiele, die genau dies ausstrahlen. Zu schräg, zu schrill, zu surreal war Psychonauts seinerzeit für den Massengeschmack. Doch vielleicht ist die Welt ja nun 16 Jahre später bereit für Tim Schafers kunterbunten Mindfuck ...

Denn wie so häufig erreichen einstige Kritikerlieblinge im Laufe der Jahre einen gewissen Kultstatus, erschließen sich durch Mund-zu-Mund-Propaganda eine Fangemeinde oder werden einfach nur so lange in diversen Sonderangeboten verramscht, bis es irgendwann genug Leute gespielt haben. Mittlerweile dürfte die Zeit reif sein für Psychonauts 2, denn seit dem Erscheinen des ersten Teils hat sich die Spielelandschaft grundlegend verändert: Während der Markt damals von großen Publishern dominiert wurde, die stets ein möglichst breites Publikum ansprechen mussten, weil in den Händlerregalen nur begrenzter Platz für Spieleschachteln vorhanden war, brachte die Möglichkeit zum unkomplizierten Downloadkauf eine lebendige Indieszene hervor, die die Gehirne der Spieler auch für abseitige Ideen und ausgefallene Wahrnehmungen geöffnet hat.

Genau darum geht es in Psychonauts: ins Eindringen von Gehirnen und deren surreale Gedanken- und Wahrnehmungswelten per Telepathie. Ihr übernehmt die Rolle des jungen Razputin, der im ersten Teil aus dem Zirkus geflohen war und ins Ferienlager der Psychonauten platzte, wo er seine Begabung als Gedankenreisender entdeckte und einer großen Verschwörung auf die Schliche kam.

Die Psychonauten bilden eine übersinnliche Spezialeinheit – gewissermaßen eine Art telepathisches S.H.I.E.L.D. oder MiB – , die in die Gehirne der Menschen vordringen, um im Idealfall die Welt vor wahnsinnigen Bösewichtern zu retten. Oder einfach nur turbulenten Schabernack zu treiben. Das herausstechende Merkmal an Psychonauts war dementsprechend die fantasievolle Gestaltung der jeweiligen Gedankenwelt als surreales Panoptikum verschwommener Erinnerungen, irrlichternder Traumata und verwirrter Eindrücke.

Nicht wenige dieser Level genießen heute Kultstatus: das schrille Oberstübchen etwa einer Hippie-Diva, deren knallbunte Flower-Power-Welt einem LSD-Trip gleichkommt, der sogenannte „Fleischzirkus“, in dem der misshandelte Sohn eines Metzgers seine traumatische Kindheit verarbeitet, oder die irren Allmachtsfantasien im Kopf eines Fisches (!), der sich vorstellt, wie Godzilla eine gesamte Stadt plattzutrampeln. Geradezu legendär ist heute das Kapitel der „Milchmann-Verschwörung“, eine herrlich überdrehte Parodie auf vorstädtisches Kleinbürgertum. Ebenfalls an dieser Stelle lobend erwähnt sein soll der oftmals vernachlässigte VR-Ableger Psychonauts in the Rhombus in Ruin, der zwar nicht sonderlich lang, aber höchst amüsant ausfällt.

Bevor wir auf Psychonauts 2 inhaltlich genauer eingehen, bringen wir zunächst noch schnell die Kuh vom Eis und klären ein paar Fakten, die gelegentlich falsch verstanden werden. Zum einen: Wenngleich Entwickler Double Fine mittlerweile von Microsoft aufgekauft wurde, erscheint Psychonauts 2 nicht exklusiv für PC und Xbox-Konsolen, sondern auch für die Playstation. Zum anderen: Auch wenn es viele als Next-Gen-Spiel auf dem Zettel haben dürften, ist es, auch aufgrund seiner langen Entstehungsgeschichte, voll und ganz ein Kind der letzten Generation. Auf der offiziellen Seite ist es sogar nicht einmal für die PS5 aufgeführt, obwohl die PS4-Version natürlich aufgrund der Abwärtskompatibilität auch auf der PS5 spielbar ist. Wer also Next-Gen-Luft zu schnuppern erwartet, sollte besser tief Luft holen und seine Erwartungen korrigieren.

Die Gedanken sind Brei

In Psychonauts 2 wird Raz zum Praktikanten im Hauptquartier der Psychonauten und steht alsbald erneut einer Bedrohung durch einen Superschurken gegenüber. Denn eine vor Jahren besiegt geglaubte böse Psychonautin scheint von den Toten auferstanden, während sich der Chef der Organisation zunehmend seltsam zu benehmen scheint und ein Spion in den eigenen Reihen heimlich Informationen an den Feind übermittelt. Also los, es wird wieder Zeit, ein paar Gehirne zu infiltrieren …

Auch Psychonauts 2 ist vom ersten Moment an erfüllt vom übersprudelnden Einfallsreichtum seines Vorgängers. Im ersten der fünf Kapitel, die wir vorab schon spielen durften, reist ihr ins verwirrte Oberstübchen eines sadistischen Zahnarztes. Wände bestehen hier aus Zahnfleisch und Kieferknochen, Gegner haben die Form von zigarrerauchenden Backenzähnen und der obligatorische Plattformer-Hüpfparcours geht über Bohrer und Gurgelbecken.

Ein anderes Kapitel führt uns in die traumatische Erinnerung einer einst spielsüchtigen Krankenschwester: ein grellbuntes Casino, in dem wir unter anderem zum Spielball in einem Flipperautomaten werden und an einem turbulenten Wettrennen innerhalb eines Kardiogramms (!) teilnehmen. Vor allem auch visuell extrem originell ist die Hüpfsequenz durch ein Röntgengerät, in dem Raz lediglich als Skelett erscheint. Ausgefallene Szenen wie diese rücken Psychonauts 2 in Sachen Abwechslungsreichtum und Kreativität immer wieder verdächtig nahe in Richtung von It Takes Two, das Anfang des Jahres die Messlatte in diesen Kategorien auf schwindelerregende Höhe legte.

Im Großen und Ganzen folgt Psychonauts 2 dem Spielablauf aus Hüpfen und Kämpfen des Vorgängers, das in den letzten 15 Jahren erstaunlich wenig gealtert wirkt. Das liegt neben seiner zeitlosen Beschaffenheit und dem kreativen Leveldesign vor allem auch an dem vielschichtigen Kampfsystem, in dem zahlreiche telekinetische Fähigkeiten zum Einsatz kommen: Ihr könnt Objekte aus der Umgebung greifen und schleudern, euch blitzschnell an Gegner heranziehen oder diese von euch stoßen, Feuerbälle in der Luft erschaffen, wie Breath-of-the-Wild-Link an einem Drachenflieger schweben und euch sogar kurzfristig in andere Lebewesen versetzen, Ratten etwa, die ihr dann durchs Mauseloch schickt. Besonders witzig ist, dass ihr die Welt dann auch mit den Augen der Ratte wahrnehmt, in deren Vorstellung alle Lebewesen, die größer sind als sie selbst, schlicht Katzen sind.

Psychonauts 2 - Official Gameplay Trailer

Psychonauts 2 kommt am 25. August - hier gibt es erstes Gameplay des Jump & Runs.

Jede dieser Fähigkeiten lässt sich in mehrere Stufen verbessern, wenn ihr die (unzähligen) passenden Sammelobjekte dafür findet, für die mitunter kleinere Rätsel gelöst werden müssen, etwa eines, das auch in der Geschichte des Spiels später noch eine größere Rolle einnehmen dürfte: So müsst ihr die Gehirnwindungen eures Gedankenwirtes in manchen Szenen neu verknüpfen, um ihren Geisteszustand zu verändern. Solange etwa im Verstand eurer Lehrerin die beiden Gedanken von „Risiko“ und „Tod“ miteinander verbunden sind, hält sie das Abenteuer für zu gefährlich für ihre Schüler und verbietet euch, sie zu begleiten. Sobald ihr aber einen Weg findet, ihr einzutrichtern, dass Risiken lehrreich sein können, ändert sie ihre Meinung.

>> Hä, was?! Die 10 größten Mindfuck-Momente in Spielen <<

Doch wer weiß, vielleicht erweist es sich auf lange Sicht nicht als klug, ständig im Verstand anderer Menschen herumzupfuschen? Indem Psychonauts auf diese Weise immer wieder psychologische Themengebiete wie traumatische Erfahrungen, seelische Erkrankungen und unterdrückte Sehnsüchte streift, erhält das quietschfidele Psychoabenteuer immer wieder doppelte metaphorische Böden, von denen ich im fertigen Spiel höchst gespannt bin herauszufinden, wie tief sie führen.

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