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Test - Solar Ash : Berauschend schön: das neue Spiel der Macher von Hyper Light Drifter

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Vor gut fünf Jahren war Hyper Light Drifter eine kleine Indie-Sensation – eine Art Neon-Zelda mit irre schön gepixelter Welt und krassen Kämpfen. Jetzt hat dessen Entwickler Heart Machine endlich ein neues Spiel veröffentlicht: Solar Ash. Das erzählt von der dramatischen Mission der jungen Voidrunnerin Rei. Sie durchskatet eine dreidimensionale Fantasywelt voller spektakulärer Panoramen und kämpft dort gegen mystische Kreaturen, um ihre sterbende Welt davor zu bewahren, von einem schwarzen Loch verschluckt zu werden. Euch erwartet ein ebenso rasantes wie elegantes Abenteuer voller Geschicklichkeitspassagen und High-Speed-Kämpfe.

Erinnert ihr euch, wie befreiend es sich anfühlte, 2007 mit Mario einfach über die Kante zu latschen, in Super Mario Galaxy? Weil da eben noch was kam, weil die Welt nicht aus war am Rande einer Plattform, sondern die Areale durch das Miniplaneten-Konzept gefühlt mehr als die üblichen drei Dimensionen hatten. Versteht das nicht falsch: Solar Ash ist sicher kein solcher Meilenstein wie der legendäre Wii-Hüpfer, schafft es aber, dass sich die Welten im Spiel ähnlich frei, ähnlich vertikal, ja geradezu voluminös anfühlen.

Das klingt seltsam, aber vielleicht hilft ein Beispiel dem Verständnis auf die Sprünge: Ihr lauft mit der Spielfigur Rei über einen normalen Weg, dann aktiviert ihr per Schultertaste eine Schlittschuh-Bewegung – nun bewegt sich Rei schneller, sie skatet mit eleganten Schwüngen durch die Welt. Vom Weg geht es hinein ins Wolkenmeer, Rei scheint einen halben Meter darin zu versinken, taucht dann aber wieder auf und zieht ihre Bahnen. Dann springt ihr auf eine Stange, die aus den Wolken ragt, rutscht ohne Tempoverlust weiter und nach einem langen Grind geht es per Doppelsprung und Greifhaken zu einer Plattform. Von dort aus landet Rei per Hüpfer wieder im Wattemeer und rauscht in Richtung eines Wolkengebildes, das turmhoch in den Himmel ragt. Rei saust darauf zu, skatet die fast vertikale Wolkenwand hoch, während sich rechts und links davon die Spielwelt zu drehen scheint. Oben angekommen kippt die Kamera wieder in die Normale, Rei hopst aus den Wolken auf festen Untergrund und nimmt z.B. ein Collectible auf oder startet einen Dialog.

Und das Ganze fühlt sich eben sehr flüssig und elegant, wie aus einem Guss an – weil schon Reis Animationen so raumgreifend und dabei fein animiert sind, während die farbenfrohe Welt mit den vielen wolkig-weichen Elementen geschmeidig an euch vorüberrauscht. Generell ist Solar Ash ein Action-Adventure, weil es Welterkundung mit Sprungeinlagen verknüpft und reichlich Kämpfe bietet. Andererseits ist durch die flotte Spielgeschwindigkeit und das viele Springen, Schwingen und Grinden eine Verwandtschaft zum Jump ’n’ Run nicht zu leugnen – Solar Ash ist definitiv mehr Sonic als Assassin’s Creed.

Was ist passiert?

In den ersten Spielminuten versteht ihr erstmal nur Bahnhof. Das Spiel wirft euch kopfüber in eine ferne Galaxie, wo ganze Planeten von schwarzen Löchern verschluckt werden – in eurer Rolle als sogenannter Voidrunner ist es eure Aufgabe, zumindest eurem Heimatplaneten dieses Schicksal zu ersparen. Solar Ash bombardiert euch mit kruden Fachbegriffen und hochtrabenden Floskeln, die ihr im Verlauf des Spiels zwar verstehen und einzuordnen lernt, doch gerade am Anfang macht es keinen guten Job, euch die durchaus interessante Geschichte einer Welt am Abgrund zu vermitteln. Ganz anders die spielerische Komponente: Da fühlt man sich im Nu wohl, da flutschen die Bewegungen und Sprünge sofort, dann will man gleich diese illustre 3D-Welt erkunden.

In jedem Areal ist es eure Aufgabe, ein erhabenes Monster hervorzulocken und es dann zur Strecke zu bringen. Das Anlocken gelingt, indem ihr die in einem Gebiet verteilten schwarzen Augen mit einem Kompass lokalisiert, dann zu ihnen gelangt (was ein Teil der Herausforderung ist) und schließlich einen Speer hineinrammt. Für den letzten Teil hat sich Solar Ash folgende Mechanik zurecht gelegt: Man schlägt auf eine Art Nadel, dann startet sofort ein Timer, währenddessen ihr die zweite Nadel erreichen und ebenfalls draufschlagen müsst. Also klettert, springt, grindet, zieht sich Rei von Punkt zu Punkt, immer ein Zeitlimit im Nacken, und versenkt schließlich ihre Waffe in einem Auge. Keine Sorge: Diese Aufgaben sind zwar herausfordernd und verlangen Geschick – es kommt aber nie der Nervfaktor auf, der Zockern beim Wort “Zeitlimit” in den Kopf schießt.

Wurden auf diese Weise alle Augen in einem der weitläufigen Areale erledigt, taucht ein schwarz-weißer Koloss auf – mal schält er sich von einem Turm herab, mal taucht er träge aus dem Wolkenmeer auf. Apropos Koloss: Die gigantischen Gegner erinnern in ihrer Gestalt tatsächlich (und sicher nicht zufällig) an die mystischen Feinde im Playstation-Liebling Shadow of the Colossus. Und wie in Fumito Uedas Klassiker muss auch Rei auf sie springen und ihre Schwachstellen mit der Waffe durchbohren. In Solar Ash ist das jedoch weniger dramatisch und intim, sondern entpuppt sich als rasante Geschicklichkeitsprüfung, die euer Können bezüglich Reis Bewegungsrepertoire gehörig auf die Probe stellt.

Wolkiges Wunderland

Die verschiedenen Areale, die von einem zentralen Hub-Level flott erreichbar sind (eine Schnellreise gibt es aber auch) sind angenehm abwechslungsreich: Es gibt zum Beispiel eine verlassene Stadt, überwucherte Tempelruinen, jedoch auch Säureseen mit lebensrettenden Sandbänken oder ein Gebiet, mit im Himmel schwebenden Felsnadeln, von deren Klippen Wasserfälle stürzen. Realistische Figuren oder hochaufgelöste Bodentapeten dürft ihr zwar nicht erwarten – doch der aparte, künstlerisch anspruchsvolle Look kommt richtig gut rüber und zeigt die technische Entwicklung, die das Indie-Studio Heart Machine seit Hyper Light Drifter durchgemacht hat.

Solar Ash - Release Date Trailer

Solar Ash, der actionreiche Plattformer der Macher von Hyper Light Drifter, wird am 26. Oktober 2021 für PC, PS4 und PS5 erscheinen.

Zwischen all den Ruinen und Wolkenkuckucksheimen, deren Aufbau klar dazu dient, ein reizvolles Sprung- und Parkour-Erlebnis zu ermöglichen gibt es auch ein paar ruhige Horte, ein paar gut versteckte Höhlen oder verträumte Ausgucke, wo Rei auf die Hinterlassenschaften und Briefe verblichener Kollegen stößt oder sogar schrullige Bewohner trifft. Die leider nur auf englisch vertonten Gespräche wurden textlich kompetent ins Deutsche übertragen und ergeben nach und nach ein schräges, aber stimmiges Gesamtbild der Welt.

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Zwischendurch kann Rei zudem in jedem Areal eine kleine Basis ansteuern, wo sie mit einer KI plaudert, sich nochmal auf den neuesten Stand der Mission bringen lässt oder Anzüge anlegt, deren Einzelteile sie in den Welten gefunden hat. Solar Ash ist ein puristisches Einzelspieler-Abenteuer ohne Online-Komponente, Highscore oder Mikrotransaktionen, nach zehn Stunden sind alle Gebiete erkundet und alle Monster gelegt – trotzdem ist es ein beachtliches Stück Software für ein so junges Studio, das bislang nur durch ein 2D-Spiel auf sich aufmerksam gemacht hatte.

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