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Special - Geschichtsstunde: Kopierschutz : Von Code Wheel bis Ubisoft-DRM

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Die Antwort der Industrie folgte prompt. Sunflowers presste Anno 1602 beispielsweise auf überlange CDs, die 1998 noch kaum ein Brenner beherrschte. Andere bauten mit Absicht fehlerhafte Sektoren ein, die die Kopierprogramme ins Stottern brachten. Die vermeintlichen „unknackbaren" Tricks der Publisher hielten aber nie lange stand. Programme kopierten - wie früher - einfach den kompletten Inhalt des Datenträgers inklusive Kopierschutz. Ein ewiger Teufelskreis, der in immer drakonischere Kopierschutzmaßnahmen münden sollte.

So sieht's aus

Bevor Valve 2004 aber mit der Veröffentlichung von Half-Life 2 und der dazugehörigen Online-Plattform Steam für den ersten großen Aufschrei sorgte, weil zum Aktivieren eine Internetverbindung notwendig ist, klinkten sich die verschiedenen Kopierschutzmaßnahmen tief ins System ein und knabberten in ihrer Entwicklung immer mehr an den Nerven der Spieler.

SecuROM

Die von Sony entwickelte Lösung zählt zu den beliebtesten, auf die Publisher auch heute noch gerne zurückgreifen und nach ihren Wünschen anpassen. In den ersten Versionen musste lediglich die originale CD beziehungsweise DVD eingelegt sein, was vor jedem Spielstart überprüft wurde. Nachdem Steam aber eine Internetaktivierung salonfähig gemacht hatte, schwenkte auch Sony auf dieses System um und ließ die Echtheit der Software übers Netz verifizieren.

Electronic Arts entschied sich dabei für eine besonders restriktive Variante, die in allen Titeln eingesetzt werden sollte. Mass Effect und Spore traf es als Erste. Sie erlaubten zur Veröffentlichung nur drei bis fünf Installationen, die durch größere Hardware-Veränderungen oder einer Neuinstallation des Betriebssystems schnell aufgebraucht werden konnten. Nach heftiger Kritik von allen Seiten ruderte Electronic Arts zurück und bot ein Deautorisierungstool an, mit dem die Anzahl der Installationen zurückgesetzt werden konnte. Zukünftige Titel verzichteten auf allzu restriktive Maßnahmen und beschränken sich heutzutage in erster Linie auf CD-Key und Echtheitsprüfung des Datenträgers.

SafeDisc

Als eines der ältesten Systeme ist SafeDisc bekannt, das heute kaum noch Relevanz hat und größtenteils durch SecuROM ersetzt wurde. Macrovision bediente sich in der ersten Version noch defekter Sektoren, die am Anfang der CD absichtlich untergebracht wurden. Brennprogramme, die diesen Bereich nicht überspringen konnten, benötigten zum Einlesen mehrere Stunden.

In späteren Versionen verbot SafeDisc darüber hinaus das Starten des Spiels aus SCSI-Laufwerken heraus, die gerne von Emulationsprogrammen genutzt werden. Damit sollten Abbilder des Originals nicht einfach eingelesen und abgespielt werden können. Die bis dato letzte Entwicklungsstufe von SafeDisc suchte auf dem PC dann nach einschlägigen Kopier- und Emulationsprogrammen und blockierte nicht nur den Start der Kopie, sondern auch des Originals. Um die Schutzmaßnahme erfolgreich durchzusetzen, installierte Macrovision einen eigenen Treiber, der Zugriff auf die Ring-0-Ebene von Windows hatte und eine Schwachstelle für Trojaner und Viren aufriss. Erst ein Update von Microsoft Ende 2007 stopfte das klaffende Leck.

StarForce

Unter besonderer Kritik stand das von Protection Technology in Moskau programmierte StarForce, das hauptsächlich von Ubisoft und Codemasters genutzt wurde. 424 Tage hielt dadurch zum Beispiel Splinter Cell: Chaos Theory den Crack-Versuchen stand. Aber die Effektivität wurde teuer erkauft: Ähnlich wie SafeDisc installierte StarForce eine Reihe von Systemtreibern, die sich eng mit dem Betriebssystem verzahnten und für viele Spieler zu Instabilitäten und Abstürzen führten. Infolgedessen fuhren die Spieler die volle Bandbreite an Gegenwehr auf, die bis hin zu Sammelklagen in den USA reichte und die beiden Publisher schließlich in die Knie zwang. Heutzutage ist die Lösung fast komplett vom Markt verschwunden.

TAGÈS

Schon 2001 kam der französische Kopierschutz in MotoRacer 3 erstmals zum Einsatz, blieb aber sonst eher im Hintergrund. Erst als Ubisoft bei Anno 1404 auf TAGÈS setzte, geriet das System ins Rampenlicht - und in die Kritik. Nur drei Installationen sah das Modell vor, für das sich Ubisoft entschied. Wie bei SecuROM und StarForce löste dies Protestwellen aus, wovon man sich aber kaum beeindrucken ließ, da auch die Erweiterung Anno 1404: Venedig auf denselben Kopierschutz setzt. Erst zugunsten der eigenen „Online Services Platform" verabschiedete sich Ubisoft von TAGÈS. Dass es auch anders geht, zeigte zuletzt Deep Silver: Für die Handelsversion des Rollenspiels Risen nutzt man zwar das gleiche System, verzichtet aber auf etwaige Internetaktivierungen oder eine begrenzte Anzahl von Installationen.

Trotz aller Versuche und ständiger Weiterentwicklung blieb keines der Systeme ungeknackt. Diesen Anspruch kann derzeit nur Ubisoft mit seiner „Online Services Platform" erheben, bei dem eine permanente Internetverbindung vorausgesetzt wird. Noch hat keine der bekannten Cracker-Gruppen diesen DRM komplett aushebeln können. Die Franzosen gaben sich dabei offenbar deutlich mehr Mühe als Electronic Arts, dessen Online-Kopierschutz für Command & Conquer 4: Tiberian Twilight innerhalb einer Woche geknackt werden konnte. Ob Ubisoft dasselbe Schicksal auch bald ereilt, bleibt abzuwarten. Die Geschichte lehrt uns aber: Über kurz oder lang ist kein Kopierschutz sicher.

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