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Test - Ghost Recon Breakpoint : Finaler Test: Spielspaß gefunden, Lust verloren

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  • PS4
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Eigentlich sollte Cole Walker der große Antagonist in Breakpoint sein. Ein fieser, aber glaubwürdiger Charakter, der sich aus persönlichen Gründen vom patriotischen Elitesoldaten zum eiskalten Söldner wandelte. Doch statt mitzureißen, dümpelt diese Geschichte vor sich hin. Zumindest das hat Gründe ...

Ich fliege hierhin und rede mit jemandem. Danach fahre ich dorthin und rede mit jemand anderem. Zwischendurch werden ein paar böse Jungs gekillt. Danach folgt eine Zwischensequenz aus der Vergangenheit, in der mein Nomad und Cole Walker in irgendeinem Kriegsgebiet entweder schlimme Sachen erleben oder schlimme Sachen tun. Das lässt mich leider kalt, obwohl es Ubisoft natürlich ganz anders haben möchte.

>> Zum Testtagebuch, Teil 1

>> Zum Testtagebuch, Teil 2

Auch nach Stunden und einer ganzen Reihe von Missionen holt mich der Plot von Ghost Recon: Breakpoint nicht ab. Dafür mache ich drei Faktoren verantwortlich. Zuerst ist da die schwache grafische Inszenierung der Zwischensequenzen. Gesichter und Animationen sind einfach zu grob und ausdruckslos, als dass ich dramatische Momente oder emotionale Dialoge auch als solche wahrnehme. Selbst Cole Walkers Konterfei fehlt es an Ausdruck, und das, obwohl man extra für diese Rolle den Schauspieler Jon Bernthal (The Walking Dead, Marvel‘s Punisher) engagierte.

Wölfe ohne Biss

Zum anderen weckt der Plot keinerlei Interesse für Walker, Wolves oder Skell. Selbst wenn ich mich ganz auf die Geschichte konzentriere und die zahlreichen Dialoge und Infos aufsauge, wirkt alles etwas zerfahren. Es werden einige Namen genannt und Personen vorgestellt, die etwas bedeuten sollen, letztendlich aber kaum Relevanz besitzen.

Den Aufgaben fehlt es auch inhaltlich an Besonderheiten. Ein Beispiel: Meine Truppe soll Flycatcher, einen von Walkers ranghöchsten Gefolgsleuten, ausschalten. Der Spezialist für die Drohnen hält sich in einem optisch schicken, mehrstöckigen Komplex auf, der an den Avengers-Tower aus den Kinofilmen erinnert. Also kämpfen wir uns durch die Etagen und erledigen eine Reihe von Wolves. Plötzlich heißt es „Auftrag abgeschlossen“, weil sich unter den Standardfeinden der gesuchte Flycatcher befand. Damit wurden die Hoffnungen auf einen zünftigen Bosskampf ganz schnell wieder begraben. Das ist nur ein Beispiel für die vergebenen Chancen, die Erzählung kurzweilig und interessant zu gestalten.

Während ich das Drogenkartell Santa Blanca im Vorgänger Wildlands noch stückweise auseinandernehmen musste, um zum Oberboss zu gelangen, bleibt Breakpoint eine vergleichbar motivierende Struktur schuldig. Obermotz Walker kann mein Team ab Level 150 relativ bequem fertigmachen, doch zu diesem Zeitpunkt ist die eigentliche Geschichte noch gar nicht am Ende. Zumindest ihn hätte ich mir als klassischen Endgegner gewünscht, schließlich wird Walker als eine Art Supersoldat dargestellt.

Zumindest bringt mir die Geschichte eine Menge Erfahrungs- und Fertigkeitenpunkte ein. Ohne neue Fähigkeiten sehe ich im weiteren Spielverlauf nur die Radieschen von unten. Natürlich ist jeder Gegner mit etwas Taktik und gezielten Schüssen zu knacken, aber mitunter dauert das sehr lange. Zwar überraschen mich weder Sentinel-Soldaten noch Walkers Männer mit ausgefeilten Taktiken, dennoch gehen gerade die Wolves aggressiv vor und schießen zielgenau.

Außerdem setzen sie starke Drohnen ein, die mein Team und mich ganz schnell aus dem Weg räumen können. Letztendlich hat sich meine Hoffnung, mit den Wolves auf einen anspruchsvollen Gegner zu treffen, aber nicht erfüllt. Eine Gefahr stellen sie hauptsächlich aufgrund ihrer zahlenmäßigen Überlegenheit und weniger der individuellen Klasse dar.

Ghost Division Lootpoint

Bereits in den vorherigen Einträgen des Testtagebuchs schrieb ich, dass ich das Loot-Prinzip des Spiels zwar akzeptiere, mich diesem aber nicht unterordnen möchte. Daran hat sich nichts geändert: Weil Kopfschüsse ungeachtet des Waffenlevels immer tödlich sind, kann ich auch mal eine Weile mit einer schwächeren Maschinenpistole durch die Gegend laufen, um die bösen Jungs mit schallgedämpften Salven aus dem Weg zu räumen. Ich spiele fast ausschließlich heimlich und ziehe mich zurück, sobald es brenzlig wird. Gerät mein Team unter Beschuss, geht uns auf den höheren Schwierigkeitsstufen schnell das Licht aus. Dann beginnen wir die Mission eben von vorne und versuchen ein zweites Mal, möglichst unentdeckt ans Ziel zu gelangen.

Nach wie vor funktioniert Breakpoint nur gut, wenn ich es auf meine eigene Art spiele. Bei normaler Schwierigkeit und im geführten Modus ist der Ghost-Einsatz beinahe ein Selbstläufer. Weder Sentinel-Truppen noch Wolves stellen eine Herausforderung dar, zumal sämtliche enthaltenen Survival-Aspekte über den gesamten Spielverlauf hinweg praktisch keine Faktoren sind. Verletzungen und begrenzte Ausdauer sollten eigentlich Hürden darstellen, die das Vorgehen meines Teams beeinflussen. Tatsächlich wirken sie sich maximal am Rande auf das Erlebnis aus.

Tom Clancy's Ghost Recon Breakpoint - Launch Trailer
Kurz vor der Veröffentlichung hat Ubisoft den offiziellen Launch-Trailer zu Ghost Recon Breakpoint veröffentlicht.

Dagegen ist das Loot- und Levelsystem immer präsent. An den unmöglichsten Stellen der Insel finde ich Kisten mit Waffen und Ausrüstung, deren Stufe immer etwas besser ist als mein aktuelles Zeug. Das sorgt für einen Effekt à la Anthem: Die Waffenmodelle wiederholen sich ständig, sodass ich andauernd schwächeres G36 gegen stärkeres G36 tausche, ohne jedoch einen Effekt zu bemerken. Das hat mit einem realistischen und anspruchsvollen Militärspiel rein gar nichts zu tun!

Mir fehlt das Gefühl des Vorgängers, eine richtig gute Waffe zu finden oder mir diese zu verdienen, um damit eine spürbare Verbesserung zu erzielen. Auch The Division 2 versteht es viel besser, mich mit neuen Gegenständen glücklich zu machen, weil sie angesichts des starken Rollenspiel-Einschlags wirklich etwas bewirken. Breakpoint jedoch fehlt dieser zentrale Aspekt. Das Aufspüren von Blaupausen oder Aufsätzen lasse ich inzwischen bleiben, weil auch das keinen nennenswerten Mehrwert bietet, sondern einzig den Spielverlauf aufbläht. Außerdem verfüge ich immer über genug Credits, um mir viele Extras einfach bei der Händlerin kaufen zu können.

Technik, die nicht begeistert

Ein echtes Ärgernis sind die vielen technischen Unzulänglichkeiten. Immer wieder laufen sich Gegner in Objekten fest oder bewegen sich brav in meine Schusslinie, obwohl sie genau wissen müssten, wo ich mich befinde. Dazu stellen sie häufig ihre Suche ein, obwohl ich mich keinen Zentimeter vom Fleck bewegt habe. Auf der anderen Seite kam es vor, dass ich nach dem Neustart am Checkpoint ein vollständig alarmiertes Lager vorfand, obwohl ich es noch gar nicht betreten hatte.

Mein Charakter bleibt von Problemen ebenfalls nicht verschont. Manchmal stellen winzige Vorsprünge, etwa die Randsteine eines Blumenbeetes, unüberwindbare Hindernisse dar. Ähnlich störrisch agiert mein Nomad beim Klettern. Dazu kommen abgehackte oder reduzierte Animationen, die einige Aktionen hampelig und unnatürlich erscheinen lassen. Mitunter gleitet meine Figur auf merkwürdige Art und Weise steilste Abhänge hinunter, obwohl diese den sicheren Bildschirmtod bedeuten müssten.

Sehr störend macht sich außerdem das heftige Nachladen von Texturen und Objekten auf der PS4 Pro bemerkbar. Ständig kommt es vor, dass Hubschrauber, Fahrzeuge oder ganze Landschaftsflächen direkt vor meinem Charakter auftauchen. Questgeber oder andere Charaktere, mit denen ich reden soll, brauchen mitunter mehrere Sekunden, um ins Spiel geladen zu werden. Daher habe ich nicht den Eindruck, dass das erste große Update auf Version 1.03 für merkliche Fortschritte hinsichtlich Stabilität und Spielerfahrung gesorgt hat. Wirkliche Spielspaßkiller mischen sich nicht ein, aber Ghost Recon: Breakpoint ist dennoch mindestens einen weiteren Patch davon entfernt, technisch einigermaßen sauber zu laufen.

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