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Test - Diablo II: Resurrected : Altbau, neu tapeziert

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Es wird fleißig weiter remastered. Nach dem eher misslungenen Warcraft und dem doch recht beliebten WoW Classic ist nun der über 20 Jahre alte König des Lootens und Levelns an der Reihe. Im Kern das alte Spiel, mit neuer Tapete und einigen, wenn auch wenigen Anpassungen sollen sowohl alte als auch neue Fans angelockt werden. Da musste ich tatsächlich mal wieder ran, hat doch Diablo II seinerzeit mit dafür gesorgt, dass ich nun überhaupt diese Zeilen schreibe.

Blizzard hat sich zum Launch allerdings erneut einige Pannen geleistet. Einige Stunden lang war es quasi unmöglich, überhaupt ein Spiel zu eröffnen. Die ersten zwei Stunden Fortschritt waren dann auch gleich für die Tonne, nachdem die Charaktere nach der Notfallwartung wieder auf Anfangslevel waren. Mittlerweile läuft das Spiel allerdings einigermaßen rund. Dennoch skurril, dass Blizzard es immer wieder schafft, Launchtage komplett zu versemmeln trotz jahrzehntelanger Erfahrung mit Onlinespielen.

Sei es drum, die ersten paar Schritte in Diablo II: Resurrected waren dann sogleich Nostalgie pur. Zwar hatte ich das Spiel seit etlichen Jahren nicht mehr angerührt, aber zuvor hatte ich unzählige Stunden mit dem Original verbracht. Immerhin gehört die eigene Fanseite Diablo II Watchtower nebst zugehörigem Clan seinerzeit zu den größten im deutschsprachigen Raum und begründete meinen Eintritt in die Spielebranche.

Das alte Feeling war dann auch schnell wieder da. Blizzard hat am Kern-Gameplay so gut wie nichts verändert, sondern im Grunde nur den Altbau neu tapeziert. Das ist allerdings recht gut gelungen. Mit hochauflösenderer 3D-Grafik, neuen Animationen, deutlich verbesserten Effekten und komplett neu gestalteten Cutscenes sieht das Spiel sogar erfreulich ordentlich aus, auch wenn man das alte Grundgerüst immer wieder durchblitzen sieht. Per Knopfdruck könnt ihr den Unterschied direkt sehen, denn ihr könnt jederzeit von der neuen zur alten Grafik und zurück wechseln.

Spielerisch bleibt alles beim Alten. Im Rahmen der weitgehend zu vernachlässigenden Story metzelt ihr euch durch alle fünf Akte des Spiels – die Erweiterung Lord of Destruction ist komplett enthalten, inklusive aller Klassen. Die Story ist aber ohnehin nur Nebensache, es geht ums Looten und Leveln. Scharen von Monstern aus den Latschen kloppen, bestmögliche Items einsacken und die Builds der Klassen auf Vordermann bringen ist weiterhin Hauptsinn und Zweck des Spiels.

Das macht tatsächlich immer noch Laune, sowohl durch die rosarote Retrobrille als auch durch den gewissen Suchtfaktor der immer noch brillant funktionierenden Lootspirale. Immer, wenn die Farben Gelb, Gold oder Grün beim Loot erscheinen, beginnt man unwillkürlich vor Erwartung zu erschaudern, in der vagen Hoffnung, ein Upgrade für den Charakter zu bekommen, sodass man sich früher oder später den höheren Schwierigkeitsgraden widmen kann. Natürlich, um noch mehr und besseres Loot zu ergattern.

Diablo II war und ist im Prinzip der Inbegriff des Loot-Grinds, aber es funktioniert eben. Niemanden stört es, 50 mal hintereinander Mephisto auf die Glocken zu hauen, wenn das Inventar danach prall gefüllt ist. Und da es neben sieben mehr oder weniger gleichermaßen gut spielbaren Klassen noch drei Schwierigkeitesgrade, Hardcore-Modus und Ladder-Seasons gib, ist die Langzeitmotivation halt da.

Auch im Koop für bis zu acht Spieler macht Diablo II auch heute noch Laune, allerdings sollte eine gewisse Frusttoleranz mit an Bord sein. Da es auch im Remaster kein individuelles Loot gibt, gehen nicht wenige Spieler nach dem Boss-Run leer aus, weil einfach derjenige die Beute einsackt, der am schnellsten klickt (oder der einen Pick-up-Bot hat). Geteilt wird nach dem Kill eher selten, von daher ist es durchaus eine Empfehlung, offene Matches zu meiden und eher mit Freunden loszuziehen.

Solo ist Diablo II sperrig wie eh und je. Zwar kommt ihr ganz gut durch die Gebiete, aber die Bosskills, speziell Duriel und Diablo himself, sind eher ein Geduldsspiel und mit vielen Verlusten verbunden, da Pets und Begleiter zumeist schnell aus den Latschen kippen. Für Bastler, die gern das Beste aus ihren Builds herausholen, ist aber eben diese Herausforderung auch heute noch ein Gedicht.

Vor allem im direkten Vergleich mit neueren Loot-Spielen fällt auf, auf welch hohem Niveau sich Diablo II auch heute noch bewegt. Der schmale Grat aus Enttäuschung und Belohnung wird exzellent ausgereizt, sodass der Spieler im Grunde nie die Motivation verliert. Da haben aktuellere Titel deutlich schlechter abgeliefert. Es ist erstaunlich zu sehen, wie gut das zwanzig Jahre alte Gameplay trotz mangelndem Komfort immer noch funktioniert.

Trotz der deutlich aufgehübschten Optik ist der Altbau darunter aber immer wieder erkennbar. Die Hitboxen agieren oft etwas merkwürdig, vor allem bei Flächenzaubern. Nicht selten steht mal ein Gegner direkt in der Feuersuppe, bekommt aber nix ab, weil noch ein Stein vor seinen Füßen liegt. Auch Bedienung und Interface sind trotz einiger Anpassungen für heutige Verhältnisse eine fummelige Qual, speziell aufgrund des weiterhin limitierten Inventars. Paar Gegner kloppen, Portal, Inventar ausmisten und wieder runter ist der übliche Ablauf.

Diablo II: Resurrected - Cinematic Trailer | PS5, PS4

Relativ kurz vor Release des Diablo-II-Remasters gibt es nochmals einen wie immer beeindruckenden cinematischen Trailer.

Immerhin wurden dem Spiel ein paar kleine Quality-of-life-Features spendiert. So kann Gold nun optional automatisch aufgesammelt werden, Gegenstände können im Inventar mit den angelegten Gegenstücken verglichen werden. Ein Genuss ist die Account-übergreifende und vergrößerte Truhe. Viele Anpassungen an moderne Standards bleibt uns Blizzard allerdings schuldig, vielleicht auch, weil der alte Unterbau weiterhin vorhanden ist und wohl nur schwerlich hätte angepasst werden können. Mühsam zuweilen und oft nicht selbsterklärend. Wer den Komfort moderner Spiele erwartet, der braucht mit Diablo II: Resurrected gar nicht erst beginnen.

Erfreulich ist allerdings, dass Diablo II: Resurrected es nicht nur auf die Konsolen geschafft hat, sondern die Gamepad-Steuerung soger ziemlich gelungen ist, in einigen Bereichen würde ich sie sogar der alten Maus-Tastatur-Steuerung vorziehen. Die Aktionsleiste ist deutlich übersichtlicher als die Quasi-Blind-Belegung der Tastatur, auch die Menüs für Skills, Attribute und Inventar sind gelungen. Dass ich zudem meine Skills nach eigenen Vorlieben auf die Aktionstasten legen kann, und das sogar mit Doppelbelegung, ist ein Genuss. Einzig das Inventarmanagement, speziell bei Tränken, ist etwas arg fummelig.

Einerseits ist es schade, dass Blizzard nicht noch ein paar mehr Modernisierungen ins Spiel gepackt hat. Auf der anderen Seite werden Oldschoof-Diablo-Fans sicherlich begrüßen, dass es sich immer noch genauso anfühlt wie vor 20 Jahren, nur halt mit hübscher Blümchentapete statt stumpfer Raufaser. Einbußen gibt es allerdings auch: auch beim Offline-Spiel müsst ihr online sein, der TCP-IP-Modus ist geflogen und nicht alle visuellen Überarbeitungen werden Oldschool-Spielern schmecken, vor allem, was die Charaktermodelle angeht. Aber nun gut.

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