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Test - Metroid Dread : Ein Spiel von Meisterhand!

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Warnung: Der nachfolgende Text enthält Äußerungen euphorischer Begeisterung. Bitte lesen Sie nicht weiter, wenn Sie empfindlich auf haltlosen Gebrauch von Superlativen reagieren.

In den 80er-Jahren begründete Metroid zusammen mit Castlevania ein eigenes Genre, dessen Merkmale so einzigartig waren, dass die Namen beider Spiele in die Bezeichnung desselben flossen: Metroidvania. Grob gesagt versteht man darunter Platformer, in denen Erkundung ein zentrales Merkmal darstellt. Neue Fähigkeiten ermöglichen es, immer mehr Areale zu erschließen, deren Zugänge dem Spieler früh wie eine Möhre einem Esel vor die Nase gehalten werden, um ihn später mit dem richtigen Werkzeug wieder zurückzulocken. Metroidvanias sind gerade deshalb so faszinierend, weil sie das sonst oft so verhasste Backtracking raffiniert in die Spielwelt einbinden und Neugier kontinuierlich belohnen.

Über 35 Jahre später und der gerade einmal fünfte Teil der Metroid-Reihe erblickt das Licht der Welt (Remakes und Sub-Reihen wie Metroid Prime ausgeklammert). Ein neues Metroid ist also immer etwas Besonderes. Metroid Dread insbesondere deshalb, da es sich um die erste echte Fortsetzung seit Metroid Fusion aus dem Jahr 2002 und den ersten 2D-Ableger auf einer Heimkonsole seit Super Metroid handelt. Seit dem Super Nintendo und dem Game Boy Advance hat sich nicht nur technisch einiges getan. Die Erwartungshaltung? Nicht mehr messbar!

Das Ende einer Ära

Nachdem die Kopfgeldjägerin Samus Aran mehrfach zum vermeintlich letzten Mal die verbliebenen Exemplare einer parasitären und den Frieden im All bedrohenden Spezies namens Metroid eliminiert hatte, traf sie im Rahmen des Vorgängers, Metroid Fusion, auf die Parasiten X. Die Lebewesen, zu deren Vernichtung die Metroid erst erschaffen wurden, infizierten auch Samus und nur durch ein Serum aus Metroid-DNS konnte sie gerettet werden. X? Ausgelöscht. So heißt es zumindest.

Wenig später: Metroid Dread. Die Galaktische Föderation entsendet DNS-extrahierende Roboter namens E.M.M.I. (kurz für Extraplanetar-Mobil-Multiform-Identifizierer) auf den Planeten ZDR um zu prüfen, ob X dort existiert. Kurz darauf bricht der Kontakt zu den Einheiten ab und es liegt einmal mehr an Samus, der Ursache auf den Grund zu gehen. Auf ZDR angekommen, muss sie zu ihrem Unglück feststellen, dass die E.M.M.I. ihr inzwischen feindlich gesinnt sind. Sie stellen aber nicht die einzige Bedrohung auf dem Planeten. Eine Hetzjagd um ihr Leben beginnt.

Metroid Dread - E3 2021 Announcement Trailer

Überraschend hat Nintendo mit Metroid Dread ein neues 2D-Metroid angekündigt.

Metroid Dread erzählt das letzte Kapitel der inzwischen 35 Jahre alten Geschichte. Insofern stimmt die Handlung natürlich etwas wehmütig. Die Entwickler MercurySteam haben jedoch nichts unversucht gelassen, diesen Handlungsstrang mit einem Knall enden zu lassen. Neulinge müssen sich keineswegs davor scheuen, erst mit Teil 5 einzusteigen. Die für die Handlung wichtigsten Elemente werden im Prolog dargelegt. Für einige Fan-Service-Elemente ist Vorwissen natürlich vorteilhaft.

E.M.M.I. - (K)ein Problem mit unbesiegbaren Gegnern

Das neue Schaustück von Metroid Dread sind die E.M.M.I. genannten Roboter, mit denen erstmals komplexe Stealth-Passagen Einzug in die Reihe finden. Im Gegensatz zu den jüngeren Remakes der Resident-Evil-Reihe spazieren diese nahezu unbesiegbaren Gegner nicht durch ganze Gebiete, sondern in abgesteckten Bereichen. Nichtsdestotrotz hinterlassen diese unangenehmen Gesellen Eindruck. Betritt Samus ein E.M.M.I.-Areal, stellt sich ein irritierender Rauscheffekt auf dem Bildschirm ein. Mit vogelähnlichen, fast fröhlichen Pfeifgeräuschen, die im krassen Kontrast zur spinnenartigen Fortbewegung und brutalen Vorgehensweise gegenüber Samus stehen, kündigen sich die nervenaufreibenden Spielabschnitte an.

Innerhalb ihres Sektors streifen E.M.M.I. zunächst ziellos umher. Befindet sich Samus in ihrer Hörweite, begeben sie sich in den Patrouillenmodus, in dem sie zackig nach der Quelle des Geräuschs suchen. Besonders fies: Versteckte Gegner reagieren auf die Annäherung des Spielers und explodieren, was sofort den Roboter auf den Plan ruft. Trotz aller Umsicht passiert es früher oder später: E.M.M.I. entdecken Samus und machen nun erbarmungslos Jagd. Da keine gewöhnliche Waffe ihnen etwas anhaben kann, bleibt nur die Flucht. Dabei fällt die beunruhigende Wendigkeit der Maschinen auf, mit der sie nur allzu gerne Wege abschneiden, intelligent auf Richtungswechsel des Spielers reagieren und dabei unangenehm an die beängstigend fortschrittlichen, ganz realen Roboter der Firma Boston Dynamics erinnern. Kontakt mit einem E.M.M.I. geht fast immer tödlich aus, es sei denn, man meistert die verschwindend kurzen Kontermöglichkeiten.

Sobald der Phantomumhang zum Repertoire gehört, hat Samus immerhin das Ass der Tarnung im Ärmel. Aber selbst dieser hat den Haken der begrenzten Einsatzmöglichkeit, die bei übermäßigem Gebrauch sogar auf die Gesundheit geht. Metroid Dread versteht es, dem Spieler immer wieder seine Unterlegenheit vor Augen zu führen. Wo andere umherstreifende, unbesiegbare Bosse (Mr. X zum Beispiel) ihren Schrecken mit der Zeit verlieren und nur noch zum lästigen Umweg-Generator verkommen, führt Metroid Dread immer genau dann, wenn dieser Effekt einzutreten droht, ein neues E.M.M.I.-Modell mit einer neuen Fähigkeit ein. Bald schon können sie durch ehemals sichere Nischen krabbeln, durch Wände sehen oder Samus von Weitem betäuben. Sie bleiben bis zum Schluss eine konstante Bedrohung.

Unter bestimmten Voraussetzungen erhält Samus vorübergehend das nötige Werkzeug, um einen E.M.M.I. auszuschalten. Damit dies glückt, ist trotzdem weiterhin planvolles Vorgehen und etwas Geschick erforderlich. Als cleveres Stilmittel wurde dabei der Wechsel in die Third-Person-Perspektive gewählt. Sie trägt auf tolle Weise zur überspitzten Bedrohung bei, wenn der Roboter unaufhaltsam auf Samus und damit den nun hinter ihr befindlichen Spieler zukriecht. Selbst mit der notwendigen Waffe fühlt sich der Sieg wie eine Errungenschaft an.

Ist das überhaupt noch 2D?

Offenkundig ist, dass MercurySteam sich mit dem Remake von Metroid 2 für den 3DS nur warmgelaufen hat. Obwohl Samus Returns die 2D-Reihe darstellerisch in die dritte Dimension hievte, verpasste es die Gelegenheit, die einzelnen Gebiete fantasievoll auszuschmücken.

Auf der Switch sind diese Hemmungen gänzlich gefallen. Wunderschöne, lebendige Hinter- und Vordergründe mit abwechslungsreichen Biomen verleihen den Gebieten trotz des zweidimensionalen Gameplays beinahe die Tiefe eines 3D-Games. Höhlenbäche, die aus dem Hintergrund über die Ebene fließen, auf der das Geschehen abläuft oder blinkende Hologramme, hinter denen Samus in Labors vorbeiläuft, schmücken Artaria, Cataris und die anderen Orte auf ZDR zu nachvollziehbaren Orten. Wechselt das Spielgeschehen in die Third-Person-Perspektive, wirken die ausgeformten Umgebungen besonders plastisch. Und mittendrin die gewohnt genial in die Welt integrierten Verstecke für den ganzen Sammelwahn, Komplettisten bis zur letzten Minute motivieren wird.

Metroid Dread geizt nicht mit lebendigen Details und zählt damit locker zu den fünf schönsten Switch-Spielen. Die Fähigkeiten werden bis aufs Letzte ausgereizt und das bei konstant guter Framerate. Die trägt im Übrigen maßgeblich dazu bei, wie angenehm flüssig sich Samus steuert. Egal, ob die Kopfgeldjägerin durch Nischen rutscht, dabei Rakteten abfeuert, sich per Wandsprung nach oben arbeitet und anschließend als Morph-Ball in einen Schacht zieht. Die Figur scheint förmlich durch die Korridore zu gleiten. Dread dürfte daher mit Sicherheit ein Traum für Speedrunner sein.

Unabhängig davon dürfen sich Fans und solche, die es noch werden wollen, angesichts der Aufmachung die Finger lecken. Die sonst primär über Textboxen vorangetriebene Story wird von einer bombastischen Inszenierung ergänzt, die man zuvor bestenfalls in Metroid: Other M gesehen hat. Metroid Dread fühlt sich teilweise wie ein guter Science-Fiction-Streifen an, ohne dem Spiel die Interaktivität zu nehmen.

Top 10 - 10 Fakten, die du wissen musst, um die Metroid-Story zu verstehen

Damit ihr zum Release von Metroid Dread nicht vor lauter Fragezeichen steht, wappnen wir euch mit den wichtigsten Fakten.

Mitten in Boss-Fights kann es zu Momenten kommen, die wie eine Videosequenz wirken und für einen Augenblick vergessen lassen, dass weiter gefeuert werden kann. Mit Dread hat die Reihe die Qualität der Präsentation erreicht, die ihrer übrigen Qualität endlich gerecht wird. Sogar eine deutsche Sprachausgabe ist vorhanden. Abgesehen vom häufiger zu hörenden KI-Gebrabbel à la Microsoft Sam, dessen Qualität sich nicht einstufen lässt, zeigt sich die Synchronisation bei den seltenen Gelegenheiten von einer sehr guten Seite.

Schön schwierig

Gerade Neulinge sollten sich auf kein allzu leichtes Spiel einstellen. Metroid Dread ist knackig! Nur eben auf die angenehme Art. Der Schwierigkeitsgrad in Dread setzt sich vor allem aus drei Aspekten zusammen: Wer in E.M.M.I.-Gebieten ungeduldig wird oder einfach nur Pech hat, wird nicht selten den Bildschirmtod sterben. Zweitens: die Sammelobjekte. Wie üblich ist die Welt vollgestopft mit Energie-Tanks, Energie-Tank-Fragmenten, Missile-Containern und Power-Bomben-Upgrades. Viele davon sind ohne größeren Aufwand verbunden, wer aber alle sammeln will, muss sich auf knackige Kopfnüsse verbunden mit fiesen Timing-Aufgaben gefasst machen.

Viel zu sammeln lohnt sich auch deshalb, um bessere Karten gegen die nicht gerade zimperlichen Bosse bessere Karten zu haben. Trotz des hohen Schwierigkeitsgrades bleiben sie immer fair und verlangen in der Regel planvolles Vorgehen mit Samus’ steigender Zahl an Fähigkeiten. Einfach nur draufzuballern führt selten zum Ziel. Aus jeder Niederlage geht man mit einem Lerneffekt hervor.

Apropos Fähigkeiten: Metroid Dread überstrahlt mit seiner Qualität die wenigen ganz kleinen Kritikpunkte. Müssten wir einen nennen, wäre es die mit zunehmender Zahl der Fähigkeiten eintretende Tastenüberbelegungen. Spätestens wenn jede Fähigkeit die dritte Unter-Fähigkeit erhält, geht die Steuerung irgendwann nicht mehr ganz so intuitiv von der Hand. Ein Problem, das nach etwas Gewöhnung kaum der Rede wert ist.

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