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Test - Need for Speed: Hot Pursuit Remastered : Eines der besten Need-for-Speed-Spiele kehrt zurück

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Hab ich eigentlich Tomaten auf den Augen, oder warum sehe ich die Verbesserungen nicht, die Need for Speed: Hot Pursuit Remastered vom inzwischen zehn Jahre alten Original abheben sollen? Ich glaube, ich sollte mal ne Lupe auspacken.

Ganz tief im Keller des amerikanischen EA-Hauptsitzes gibt es wahrscheinlich einen Raum, der nur von den oberen Fünfzig der Firma betreten werden darf. Hinter einer Schleuse mit vierundzwanzigstelligem numerischen Passwort sowie zwölf genmutierten und mit Laser-Helmen ausgestatteten Krokodilen, die in sechs Säuregräben schwimmen, steht der heilige Trip-Hawkins-Schrein, bestehend aus einem ausgeblichenen Need-for-Speed-Poster und einer defekten 3DO-Konsole. Darunter liest man in goldenen Lettern: Den weisen Gestaltern der elektronischen Kunst sei angewiesen, jedes Jahr kurz vor dem Weihnachtsfest ein Need for Speed zu veröffentlichen, koste es was es wolle. Dies ist der Weg.

Anders ist mir nicht zu erklären, warum EA an dieser inzwischen fast schon gespenstischen Tradition festhält. Nach all den mittelmäßigen Auskopplungen der letzten Jahre erscheint die Glanzzeit der Serie zwischen 1997 und 2004 nur noch als fernes Glimmen am Horizont. Der Name mag bei Gelegenheitsspielern noch ziehen, aber irgendwann müssen doch auch die gemerkt haben, wie sehr die Serie gelitten hat. Selbst der halbwegs brauchbare Ansatz aus dem Jahr 2019 war nicht mehr als ein ganz netter Klon von Forza Horizon, angereichert mit ein paar Hot-Pursuit-Nuancen. Trotzdem sitze ich wieder hier und schreibe über Need for Speed. Same procedure as every year?

Lieber was gutes Altes als was mittelmäßig Neues

Dieses Jahr geht EA auf Nummer sicher. Aber sowas von. Hot Pursuit war nämlich nicht nur anno 1997 auf der ersten Playstation (und dem PC) ein Hit, sondern auch noch ein recht schön gestaltetes Remake im Jahr 2010. Sah auf der Xbox 360 und der PS3 gut aus, vermittelte einen mords Geschwindigkeitsrausch und garantierte dank halsbrecherischer Rennen zwischen illegalen Rennfahrern und Autobahn-Cops kräftige Adrenalinstöße. Dieses Remake nach zehn Jahren mit einem Remaster zu beehren, mag auf kreativer Seite zum Gähnen anregen, aber finanziell wie in Sachen Fanservice ist es ein nachvollziehbarer Schachzug. Was kann schon schiefgehen?

Beim spielerischen Aspekt überhaupt nichts. Hot Pursuit ist auch im Jahr 2020 ein Kracher. Nicht sonderlich modern und schon gar nicht so ausgefeilt wie andere Rennspiele aus dem Open-World-Segment, aber doch so solide, dass der Zahn der Zeit nur oberflächlich am Spielspaß nagt. Und das sag ich als jemand, der beinahe jedes ordentliche Rennspiel, das veröffentlicht wird, ausprobiert. Schnörkellos und direkt geht es von einem Rennen zum nächsten, angesiedelt auf einem anderen Abschnitt eines offen angelegten Straßensystems, das man auf Wunsch auch aus Jux und Dollerei frei befahren darf. Für Spazierfahrten, sozusagen.

Ist bestimmt nicht jedermanns Sache, weil auf den Straßen nicht viel passiert. Wenig Verkehr, keine Städte, kaum Aufregung und ein Tag-Nacht-Wechsel, der zwar die Beleuchtung anpasst, aber keinerlei dynamische Objekte auf die Mattscheibe zaubert. Selbst der Mond scheint am Firmament festgeklebt. Einzig ein paar Nebenpfade abseits der „offiziellen“ Autobahn stacheln den Forschertrieb an, sofern man nicht gerade in einem Auto sitzt, das so tief liegt, dass es vom sandigen Boden verlangsamt wird.

Ist letztendlich Wurst, denn Ruhm und Ehre verschaffen nur die halsbrecherischen Veranstaltungen gegen Mitbewerber, die jeweils einer Klasse an pfeilschnellen Straßenflitzern unterliegen. Welche als nächstes ansteht, darf auf einer Übersichtskarte frei gewählt werden, wobei jede gemeisterte Veranstaltung neue Ziele freischaltet.

Aufs Gas treten, vorne mitfahren, Nitros zünden, driften. Ja, so einfach kann hoher Spielspaß im Reich der Rennspiele aussehen, wenn Steuerung und Präsentation den richtigen Fokus bewahren. So alt und klassisch Hot Pursuit auch sein mag, ich finde es hat sein Herz am rechten Fleck und macht noch immer vieles besser als die NFS-Varianten der letzten Jahre. Ein sicheres Pferd für EA.

Das Extrasalz in der Suppe kommt durch Polizisten zustande, die einem das Übertreten der Geschwindigkeitsbegrenzung übelnehmen. Kreuzt man deren Lichtschranke, hat man sie bis zum Ziel des Rennens an der Ferse. Ich hatte zwar nie Probleme, ihren zaghaften Abdrängversuchen zu widerstehen, aber wenn ich aufgrund eines Fahrfehlers an Geschwindigkeit verlor und drohte, von den Cops eingekesselt zu werden, ging mir durchaus mal die Pumpe. Auch bei Straßensperren schau ich lieber zweimal hin, damit ich unbedingt die Lücke zum Durchbrechen finde, sonst droht ein schamvoller Rennabbruch in Handschellen. Nun, hier macht sich Straßenkunde bemerkbar. Wer die nützlichsten Nebenpfade kennt, kommt schneller von den Bullen weg.

Polizeiverfolgung ist aus umgekehrter Perspektive dennoch viel spannender. In den Missionen, bei denen ich selbst als Gesetzeshüter ran durfte, erkannte ich wieder, wo die Gemeinsamkeiten mit Burnout liegen - sowohl spielerisch als auch grafisch. Raser rempeln, rausdrängen, blockieren und umwerfen macht noch immer tierisch Laune. Hot, hotter, Hot-Pursuit.

Remastered?

Spielerisch haut dieser Klassiker also noch immer richtig rein. Meine Einleitung hat dagegen bereits verraten, dass mir der technische Aspekt dieses Remakes nicht tief genug geht. Um genau zu sein, ist er bei normalem Spielen überhaupt nicht ersichtlich. Das Spiel sieht genauso aus wie vor 10 Jahren. Selbst UHD-Auflösung bringt kaum einen Vorteil abseits leicht ruhigerer Kanten. Na gut, die Reflexionen auf den Autos wirken minimal detaillierter, aber das ist während der Fahrt nicht ersichtlich. Die zuschaltbare Kantenglättung arbeitet ebenfalls sauberer, kostet aber dafür deutlich mehr Rechenkraft.

Need for Speed: Hot Pursuit Remastered - Launch Trailer

Die Neuauflage des Rennspiel-Klassikers ist ab sofort erhältlich.

Bei genauer Betrachtung gibt es sogar Elemente, die schlechter aussehen als im Original. Beispielsweise das Schadensmodell für Crashs. Schon vor zehn Jahren war es nicht möglich, die verwendete Karre völlig zu demolieren, aber es waren mehr und tiefere Detailschäden zu sehen als heute, sowohl auf der Windschutzscheibe als auch auf dem Lack. Wie es zu den leicht gröberen Straßentexturen kommt, und warum die Bildrate regelmäßig für mehrere Sekunden einbricht, obwohl keine belastenden Grafikelemente zu sehen sind, kann ich mir dagegen nicht erklären.

Wie steht’s denn mit ein paar Modernisierungen? Mehr Verkehr auf den Straßen? Schönere Automodelle mit höherer Polygonzahl? Neue Abzweigungen im Straßennetz? Ausgefeilte Witterungseffekte? Neue Musikstücke im Soundtrack? HDR? Nö, dieses Remaster hat nichts davon in petto.

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