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Special - „Shit, I did Videogames ... again.“ – Kolumne : Rockstah goes Gaming #5: Cracking Sands

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„Weißt du noch, wo du am 11. September 2001 warst? Als ES passierte?“ Ja. Ich war im Media Markt Aschaffenburg und habe mir Extreme G 3 für die PlayStation gekauft. Als ich mich aufgrund mehrerer entsetzter Aufschreie umdrehte, blickte ich auf ein Meer von Röhrenfernsehern, auf denen parallel gerade live der erste Turm zu Fall ging. Das war der Stoff, aus dem Roland-Emmerich-Filme sind. Ich dachte, ich sei einer von diesen fünf bis sechs unterschiedlichen Charakteren, die sich aus einer Kette von Zufälligkeiten im Laufe des Tages irgendwo auf der Erde zusammenfinden würden, um gemeinsam den bevorstehenden Untergang der Welt zu verhindern. Ich sollte der Dicke sein, der die ganze Zeit nichts auf die Reihe bekommt, am Ende aber einen heldenhaften Auftritt hinlegt und die gesamte Menschheit durch Selbstopferung rettet, unterlegt mit pathetischer Musik und ein paar Tränen im Auge des Zuschauers. „Max Nachtsheim war ein Held!“, würden sie sagen, während sie meiner Mutter vor den Ruinen des Weißen Hauses eine Tapferkeitsmedaille überreichen. Bei meiner Beerdigung würde die U. S. Army „Informer“ von Snow spielen, weil ich das als Kind so gern mochte, und weinen würde alle. Ja, weinen. Hoffentlich viel und laut. So würde es passieren. Ich war der amerikanische Traum, aufgewachsen in einer Offenbacher Vorstadt. Es war schon lange Zeit für meinen großen Auftritt.

Doch Roland Emmerich kam nie. Geschweige denn die anderen Protagonisten. Nicht mal der Pizzamann, da an diesem Tag die Pizzeria „aus Respekt vor den Geschehnissen“ gar nicht erst geöffnet hatte. Was ein Quatsch. Sofern kein Düsenjet in den Pizza Express plumpst, ist immer Zeit für Pizza - gerade wenn die westliche Welt droht vor die Hunde zu gehen. Was bleibt uns denn noch, bitte, wenn nicht mal die Pizza? So ist der 11. September für mich nicht mehr als ein grauer, trauriger und pizzaloser Tag, von dem mir vor allem eins in Erinnerung geblieben ist: der entsetzte und müde Gesichtsausdruck von Peter Klöppel.



Warum ich das alles erzähle? Nun ... ich mag seitdem kein Extreme G 3 mehr. Oder sogar noch ein bisschen schlimmer: Ich habe seitdem eine Abneigung gegen die gesamte Extreme-G-Serie. Immer wenn ich diese seltsamen, bunten, futuristischen Motorräder sehe, wird mir schlecht. Dann muss ich daran denken, wie die Menschen im Media Markt geweint haben. Wie viele beschissene 11.-September-Lines und -Vergleiche ich im Deutsch-Rap die letzten 12 Jahre ertragen musste. Wie lästig seitdem Flughafenkontrollen sind. An einen sehr schlechten Film mit Nicolas Cage. Und natürlich daran, wie man Peter Klöppel im Fernsehen beim Altwerden zusehen konnte. Das war alles irgendwie nicht so schön.

Dabei war Extreme G – vor allem zu N64-Zeiten – doch wirklich eine gelungene Abwechslung zu Mario Kart und F-Zero. Sozusagen das WipeOut, das Nintendo-Kindern vorenthalten wurde. Es war im weitesten Sinne ein Fun-Racer, bei dem einem nicht selten schlecht wurde. Mein alter Freund Christoph musste davon sogar mal brechen. Extreme G war viel „Extreme“ und wenig „G“. Aus heutiger Sicht ein kleiner Klassiker, der mir von fiesen Terroristenschweinen kaputtgebombt wurde. Was es also brauchte, war ein Ersatz.

Nun ist das aber mit den Fun-Racern gar nicht so einfach. Nach der N64-Ära, in der so Perlen wie das genannte Extreme G, Mario Kart 64, WaveRace, Iggy’s Reckin’ Balls, Diddy Kong Racing und so weiter in regelmäßigen Abständen die Welt mit großartigen Titeln des Genres versorgten, wurde es über die Jahre hinweg stiller. Immer mehr lieblose Abklatschversuche von teilweise großen Lizenzen und mit wenig Mut wurden auf den Markt geworfen. Bis auf das ewige Qualitätssiegel Mario Kart, das ganz nette Blur und die kurzweilige Sega-Allstar-Racing-Reihe gab es wenig bis gar nichts Erwähnenswertes, sodass man Augen und Ohren für jeden ansatzweise ordentlichen Genrevertreter offen hielt. Auch in Bezug auf meine Kolumne war die Suche alles andere als einfach. So stieß ich irgendwann auf Cracking Sands für mein Windows Phone. Ein Fund, den man sich auch hätte sparen können.

Dass Cracking Sands nicht unbedingt zu den Höhepunkten der aktuellen Videospielindustrie zu gehören scheint, zeigt schon die Durchschnittsbewertung vorheriger Käufer. 2,5 von 5 Sternen? Wirklich? Dabei geben die doch allem 5 Sterne, solange es nur ein Wende-Cover hat. Kein Wende-Cover führt wiederum zum Verlust aller Sterne. Ein bisschen gruselig, aber auch eine Rechtfertigung, warum nicht jeder Simon aus Offenbach-Bürgel Kritiker werden sollte. Aber nur 2,5 Sterne für Cracking Sands? Gar nicht gut. Mal schauen, was das wird. Gameswelt zahlt zum Glück ja.

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