Länderauswahl:
Du wurdest von unserer Mobile-Seite hierher weitergeleitet.

Test - Turrican Flashback : Der Klassiker für PS4 und Switch

  • PS4
  • NSw
Von  |  |  | Kommentieren

Von 1990 bis 1995 erschienen mit den Spielen der Turrican-Reihe sieben legendäre Run-n-Guns, die allesamt in Deutschland entwickelt und im Gegensatz zu vielen anderen inländischen Produktionen auch im Ausland gefeiert wurden. Die brandneue Flashback-Kollektion beweist zudem, dass die Spiele auch heute noch funktionieren können.

Turrican: Die Entstehung eines Klassikers

Hand hoch, wer kennt noch die Firma Rainbow Arts? Zwischen 1987 und 1991 gab es kaum einen deutschen Publisher, der derart fleißig Spiele für C64, Atari ST oder den Amiga veröffentlichte. Die Qualität schwankte entsprechend von grandios (Rock'n Roll, Spherical) über durchschnittlich (Danger Freak, Masterblazer) bis hin zu furchtbar (Graffiti Man, The Baby of Can Guru).

Es gab allerdings zwei feste Größen, auf die sich der Spieler verlassen konnte: Manfred Trenz und Factor 5. Trenz sorgte zunächst auf dem C64 mit seiner frechen Mario-Kopie The Great Giana Sisters für Aufsehen, gefolgt von dem genialen Shoot'em Up Katakis und der im Eiltempo entwickelten R-Type-Adaption. Factor 5 stürzte sich hingegen direkt auf den Amiga, schuf dort sein eigenes Katakis und begeisterte ebenfalls mit einer hervorragenden Arcade-Umsetzung von Irems Kult-Automaten.

All diese Spiele haben eines gemeinsam: Sie gehörten technisch zur damaligen Oberklasse. Kein Wunder, dass Trenz mit seinem nächsten C64-Projekt erneut bis ans Limit der Hardware gehen wollte. Er beharrte auf riesige Levels, sanftes Scrolling in alle Himmelsrichtungen, Dutzende von Gegnern sowie Projektilen und teilweise bildschirmgroße Endbosse.

Nehmt nun noch einen kernigen Actionhelden hinzu, mit dem ihr laufen, springen und ballern könnt, und heraus kommt das legendäre Turrican. Seine markanteste Waffe: ein fetter Rundum-Laser nach dem Vorbild der Ghostbusters, den ihr beliebig über den gesamten Bildschirm rotieren lasst.

Ein legendärer Soundtrack

Factor 5 wiederum kümmerte sich um die Umsetzung für den Amiga und nutzte den alten 16-Bit-Computer ebenfalls bis zum Anschlag aus. Allen voran lebte die Version von satten Farben, herrlicher Pixelgrafik und einem Hammer-Soundtrack von Chris Hülsbeck, den die Welt in solch einer Qualität und vor allem Quantität nie zuvor gehört hatte. Schließlich komponierte der damals als Soundhexer bekannte Komponist 18 Themen, vertonte individuell jeden einzelnen Weltenabschnitt sowie Endgegnerkampf, stapelte einen Ohrwurm nach dem anderen und verwies mit seiner glasklar gesampelten Instrumentenbank die Konkurrenz auf ihre Plätze.

Knapp 31 Jahre später könnt ihr nun dieses kleine technische Meisterwerk auf PS4 und Switch selbst erleben, dank der Sammlung Turrican Flashback, in der unter anderem die just erwähnte Amiga-Version enthalten ist. Beim erneuten Spielen nach so langer Zeit fällt vor allem das weit verzweigte Leveldesign auf. Speziell die letzten beiden der insgesamt fünf Welten strapazieren das Nervenkostüm mit unzähligen Irrwegen und Sackgassen, die mehr Platz als der eigentliche Weg zum Ziel einnehmen. Auch sind sämtliche Gegner zahlreich und biestig flink unterwegs, weshalb sie eure Energie in einem Atemzug aussaugen und schnell ein Leben futsch ist.

Deshalb benötigt ihr ein gutes kartographisches Gedächtnis und vor allem Geduld. Denn wenn ihr die ausschweifenden Levels, die von der Größe eher an Metroid statt an Contra erinnern, in all ihrer Pracht durchforstet, dann findet ihr Hunderte von Diamanten und Dutzende von Extraleben. Der Lohn der Mühe: Der Schwierigkeitsgrad von Turrican sinkt von mörderschwer zu locker-flockig.

Turrican 2: Die in jeder Hinsicht bessere Fortsetzung

Nach Turrican folgte freilich Turrican 2, das seinem Vorgänger in jeder Hinsicht überlegen ist und in der Tat zu den besten Spielen seiner Art zählt. Das Weltendesign ist weniger konfus und strotzt trotzdem nur so vor leckeren Geheimnissen zum Erforschen. Die Grafik ist bunter, vielschichtiger und technisch verspielter. Chris Hülsbeck schaffte es zudem, nach knapp zehn Monaten sein eigenes Meisterwerk noch einmal zu überbieten.

Er komponierte eine sieben-minütige Synthi-Pop-Symphonie als Intro, begeistert bereits in der ersten Welt mit pulsierenden Themen wie The Desert Rocks oder Traps und haut euch mit dem majestätischen Concerto For Lasers and Enemies von den Socken, sobald ihr in der dritten Welt Platz in einem Raumschiff nehmt und für ein paar Minuten in einem klassischen Shoot'em-Up durch die Welt von Turrican reist.

Turrican Flashback: technisch gut ...

Somit lohnt sich die Flashback-Kollektion allein schon wegen Turrican 2, die zum Glück eine sehr saubere Emulation abliefert. Die Steuerung wurde hervorragend vom alten Joystick an das Joypad angepasst und die vielen Tastenkommandos sinnvoll auf die verschiedenen Buttons sowie Schultertasten verteilt. Eine Speicher- und eine Rückspulfunktion hilft Neulingen, die mit dem klassischen, zuweilen unbarmherzigen Spieldesign ihre Probleme haben.

Deshalb gibt es streng genommen nur ein technisches Detail zu bemängeln: Die Amiga-Originale wurden für 50-Hz-Fernseher programmiert und erzeugten deshalb 50 Bilder pro Sekunde. Eine PlayStation 4 sowie die Nintendo Switch hingegen können nur 60 Hz darstellen und schaffen entsprechend zehn Bilder mehr.

Diese werden in der Emulation über ein Interpolationsverfahren erzeugt, was wiederum in einem leichten, konstanten Zuckeln resultiert. Aber es sei versichert, dass dies nur bei genauem Hinsehen auffällt und die Spielbarkeit in keiner Weise beeinträchtigt. Auch gibt es keine starken Ruckler mehr zu beklagen, die auf dem Original-Computer bei zu vielen Objekten wie Gegnern, Projektilen oder Explosionen zustandegekommen sind.

... aber unvollständig

Abseits der beiden Klassiker gibt es streng genommen noch fünf weitere offizielle Serientitel: Mega Turrican erschien für das Mega Drive und wurde ausschließlich von Factor 5 ohne Beteiligung von Trenz entworfen. Turrican 3 ist nahezu das gleiche Spiel, nur für den Commodore Amiga und entstand in einer Kooperation mit dem Kaiko-Gründer Peter Thierolf.

Super Turrican für das Nintendo Entertainment System wurde im Alleingang von Manfred Trenz entwickelt und stellt eine erweiterte Version des ersten Turrican mit vielen, eigenen Endbossen dar. Factor 5 werkelte ebenfalls an einem Super Turrican, jedoch für das Super Nintendo, und mixte zahlreiche Elemente der gesamten Serie zusammen, teilweise mit neuen Grafiken sowie Musikstücken. Und zum Schluss folgte 1995 Super Turrican 2, das sich am stärksten von der Spieldesignphilosophie der Serie entfernte und eher an einen grandiosen Contra/Probotector-Klon erinnert.

Der Grund, warum wir dies so ausführlich beschreiben: Auf der Flashback-Kollektion sind leider nur zwei dieser Fortsetzungen enthalten, nämlich Mega Turrican und die Super-Nintendo-Version von Super Turrican. Es ist schwer nachvollziehbar, wieso nicht zumindest die von Factor 5 entwickelten Titel komplett vorhanden sind. Zudem wäre es wirklich nett gewesen, die Turricans von Trenz für C64 sowie NES erneut zu spielen. Genügend Platz auf der Cartridge (im Falle von Nintendo Switch) oder gar der Blu-ray (Playstation 4) sollte jedenfalls gegeben sein.

Das Fehlen der Titel mutet umso dubioser an, wenn man sich die noch kommende Turrican Anthology vor Augen hält, die ebenfalls in diesem Jahr erscheinen soll. Diese wird in Zusammenarbeit mit Strictly Limited Games produziert und bereits seit Monaten über deren Shop in verschiedenen, teils sehr aufwändig gestalteten Editionen vorverkauft.

Des Weiteren soll dort ein Feature enthalten sein, das allen Chris-Hülsbeck-Fans das Wasser im Munde zusammenlaufen lässt: Man könne seine aufwändig arrangierten Soundtracks aktivieren, die der Musiker zusammen mit Fabian Del Priore Anfang 2013 dank einer sehr erfolgreichen Kickstarter-Kampagne produziert hat. Doch ausgerechnet dieses viel versprechende Feature fehlt in Turrican Flashback.

Und überhaupt ist die Ausstattung recht karg: Neben der Speicher- sowie Rückspulfunktion könnt ihr noch ein paar Grafikfilter einschalten, um per Scanlines sowie Bildkrümmung das Feeling eines alten Röhrenfernsehers vorzugaukeln. Das war's aber auch schon.

Super Turrican und Mega Turrican: solide Fortsetzungen mit Fehlern

Super Turrican ist wie gesagt eine Art Kollage, die Elemente aus Turrican 1, 2 und Mega Turrican miteinander vermengt. Zudem gibt es keinen feurigen Rundumlaser, sondern einen Eisstrahl, mit dem ihr eure Gegner kurzfristig einfriert. Während einzelne Grafikelemente und erneut die Musik von Chris Hülsbeck sehr gefallen, wirken die aneinandergereihten Levels ohne Zusammenhang und das Finale gekürzt. Aber es handelt sich keinesfalls um ein schlechtes Spiel.

Etwas problematischer wird es im Falle von Mega Turrican, das sichtlich ohne die Hilfe von Manfred Trenz entstanden ist. Ein Großteil der Levels ist sehr linear gestaltet, was den Erkundungsfaktor und die Freude am Sammeln von Extraleben empfindlich dämpft. Zudem sind viele der Endbosse arg einfallslos und agieren nach dem immer gleichen Bewegungsmuster, das viel zu schnell durchschaut ist.

Dafür ist die Grafik mit am besten gealtert, und ein Greifhaken, mit dem ihr euch an Plattformen heften und von A nach B schwingen könnt, sorgt für frischen Wind. Seine Handhabung ist zwar etwas gewöhnungsbedürftig, funktioniert dann aber erstaunlich gut.

Turrican Flashback - Trailer: Der Klassiker jetzt für PS4 und Switch

Turrican Flashback enthält die Teile Turrican 1 und 2 sowie Mega Turrican und Super Turrican für PS4 und Switch.

Der Musik von Chris Hülsbeck fehlt es etwas an Frische und sie leidet unter dem dumpfen Soundchip des Mega Drives. Das fällt ganz besonders bei jenen Stücken auf, die sowohl in Super Turrican als auch Mega Turrican enthalten sind und in ersterer Variante durch die Bank weg besser klingen.

Abschließend müssen wir auf derzeit noch häufige Abstürze der Switch-Version hinweisen, insbesondere in den späteren Leveln von Mega Turrican. Auf Rückfrage versicherten uns die Entwickler jedoch, dass ein Patch die Probleme bis nächste Woche beheben soll.

Kommentarezum Artikel