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Special - Abgesang auf die Wii U : Die Chronik eines Traumes

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Die Wii U hatte riesige Fußstapfen auszufüllen und ist an vielen Hürden gescheitert. Die Geschichte der Wii U ist eine Geschichte von falschen Versprechungen, planlosem Marketing, Isolation und der als Wegbereiter für die Switch. Das klingt alles sehr negativ und steht auch stellvertretend für die mageren Verkaufszahlen der Konsole, doch das Prinzip der zwei Bildschirme hatte immer wieder seine glorreichen Momente, die Nintendo-Freunde die Wii U ins Herz schließen ließen. Wir blicken zurück auf die Höhen und Tiefen des Traums, es allen recht machen zu wollen.

Pre-Launch: Wii U kann nicht auf zwei Hochzeiten tanzen

„A Wii for U“, mit diesen Worten stellt Reggie Fils-Aimé 2011 auf der E3 die neue Konsole vor. Die schwammige Erklärung wird auch gleich zu ihrem Namen: Wii U. Zuvor ist der Nachfolger der überaus erfolgreichen Wii noch als Project Café bezeichnet worden. Die Wii U wird also klar als direkter Nachfolger der, oft zu Unrecht, als Casual-Konsole verschrienen Wii gehandelt. Von diesem Image will sich Nintendo jedoch entfernen und stattdessen verstärkt wieder die Core-Gamer bedienen. Die Wii U soll beide Wege erfolgreich beschreiten. Das Tantchen soll mit der Konsole ebenso viel Spaß haben wie Fans von Third-Party-Blockbustern. Genau dieser Anspruch ist es, an dem die Konsole später scheitern soll.

In den Monaten vor der Veröffentlichung bemüht sich Nintendo sehr, Dritthersteller mit ernst zu nehmenden Projekten an Bord zu holen. Kein einfaches Unterfangen, da einige Publisher wie EA oder Activision in den letzten Atemzügen der Wii mit teils gar nicht schlechten Exklusivtiteln eine gehörige Bruchlandung hinlegten. Doch der Traum der „Wii for U“ kann ohne Third-Party-Titel nicht realisiert werden. Deswegen beißt sich Nintendo fest und ist sogar bereit, Geld zu investieren, damit Publisher die Wii U unterstützen.

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Dann kommt es doch anders als geplant. Statt sich wie beabsichtigt zu den Core-Gamern zu bekennen, wird auf der E3 2012 gerade die verrufene Casual-Kiste wieder geöffnet: Sing Party, Wii Fit U und Nintendo Land. Der Hardcore-Markt soll zwar noch mitgenommen, aber nicht mehr in den Vordergrund gerückt werden. Der eigentliche Auftritt entbehrt Nintendos gewohnt starker Marken. Folglich ist die Bühne frei für lieblose Portierungen von Drittherstellern, die erst einmal die Reaktionen der Kunden auf die neue Konsole abwarten wollen und noch nicht voll einsteigen. Vom Hochgefühl vor dem Launch ist nur noch wenig übrig.

(v.l.n.r.: Sing Party, Wii Fit U und Nintendo Land)

Der Launch: Die Fehlzündung

Rückblickend betrachtet, wirkt der eigentliche Launch der Wii U wie der Moment, wenn in Mario Kart das Gaspedal zu früh durchgedrückt wird. Das Ziel vor Augen, die Konsole für alle zu veröffentlichen, konzentriert sich Nintendo nicht auf das Timing. Im Gegensatz zum Start der Wii fehlen der Wii U die starken Launch-Titel, die für Lieferengpässe sorgen. Den Status der Killer-Tech-Demo wie Wii Sports, das damals der Plattform beilag und das jeder vom bloßen Zusehen verstand, erreicht die Minispielsammlung Nintendo Land nicht. Das Prinzip des asymmetrischen Gameplays, das Nintendo anhand eigener Marken erklären will, ist zu kompliziert für unerfahrene Konsoleros.

Statt der gewohnten Wii-Fernbedienung bekommen sie einen zweiten Bildschirm vorgesetzt. Einen Controller, der abgesehen davon sehr klassisch ist. Nintendo Land schafft es nicht, andere Entwickler zu der innovativen Nutzung zweier Displays zu inspirieren. Dem Unternehmen gehen bald die Ideen dafür aus. Manche Spiele nutzen noch vereinzelte Features, die aber keinen reellen Mehrwert bieten. So verkommt das Wii-U-Gamepad zum zweiten Bildschirm, auf dem gespielt werden kann, wenn der Fernseher gerade anderweitig belegt ist. Off-TV-Gameplay wird schnell zum neuen Aushängeschild der Konsole. Damals noch eine reine Idee, wird sie bis 2017 zum Konzept der Switch vollendet.

New Super Mario Bros. U - Video Review
Was wäre ein Nintendo-Konsolen-Launch ohne ein Mario-Spiel. Mit New Super Mario Bros. U gibt es das nun für die Wii-U, doch was hat der alte Klempner noch auf dem Kasten.

Das übrige Launch-Line-up ist umfangreich, lässt aber Perlen vermissen. Nintendo haut mit New Super Mario Bros. U, das aussieht, als wäre es noch für die Wii geplant gewesen, niemanden vom Hocker. Ubisoft indes zeigt sich zu Beginn engagiert und bringt mit ZombiU einen starken 18er-Titel heraus, der sogar das Gamepad sinnvoll einbindet. Das zum Start geplante Rayman Legends wird dagegen verschoben. Ansonsten prägen Ports und Minispielsammlungen das Aufgebot, eben das, was auf der Vorgängerkonsole schon funktionierte. Trotzdem laufen die ersten Monate der Wii U zunächst recht gut. Schnell hat Nintendo 3 Millionen Exemplare an den Mann gebracht.

Im Januar will Nintendo das Ganze ein wenig beschleunigen und kündigt in einer Direct-Präsentation große Kracher an. Xenoblade Chronicles X, Yoshi's Woolly World, ein HD-Remake von The Legend of Zelda: Wind Waker und das noch unter anderem Namen gehandelte Tokyo Mirage Sessions #FE. Die obligatorischen Wiedergänger Mario Kart, ein neues Zelda und Super Smash Bros. versprechen eine glorreiche Zukunft für die Wii U. Doch nur wenige schätzen die Lage realistisch ein und rechnen mit einigen der angekündigten Titel erst in bis zu vier Jahren. Doch die anfangs leicht gedämpfte Euphorie keimt wieder auf.

Trockenzeit: Die Wüste des Vertröstens

Die Wii U ist noch kein halbes Jahr alt. Nintendo schafft es nicht, seine vollmundigen Versprechungen einzuhalten. Hoffnungsträger wie Pikmin 3 werden verschoben. Erst im März 2013 wird mit LEGO City Undercover wieder zufriedenstellendes Software-Futter veröffentlicht. Doch es sind die vielen Vertröstungen, die der Wii U schnell den auf der Kippe stehenden Ruf ruinieren. Gebetsmühlenartig entschuldigen sich Satoru Iwata und andere hochrangige Mitarbeiter mit der bald sinnbildhaft für die Konsole stehenden Floskel: „Please understand!“ Während der harte Kern mit dem Aufgebot zufrieden ist, gerät der große Hoffnungsträger zunehmend ins Online-Kreuzfeuer. Die Wii U wird, in mancher Hinsicht zu Unrecht, kollektiv kaputtgeredet.

Die Konsequenzen lassen nicht lange auf sich warten: In der zweiten Hälfte des Launch-Jahres liegt die Konsole wie Blei in den Regalen. Nintendo reagiert mit einer Preissenkung und zieht das weiße Basismodell aus dem Verkehr. Dass der bombastische einstige Exklusivtitel Rayman Legends nicht länger nur auf der Tablet-Konsole erscheint, sorgt für zusätzlichen Unmut. Am besten spielt sich das Jump 'n' Run dennoch dort.

Auf der E3 2013 präsentiert Nintendo einen Hoffnungsschimmer. Die renommierten Retro Studios liefern Donkey Kong Country: Tropical Freeze ab. Nintendo dagegen verspielt leider sein Vertrauen bei Mario-Fans, die sich statt Super Mario 3D World einen Nachfolger im Stile von Super Mario Galaxy erhofft hatten. Eine zermürbende Zeit.

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