Länderauswahl:
Du wurdest von unserer Mobile-Seite hierher weitergeleitet.

Special - Xbox – Der Rückblick: Interview mit Daniel Hess (Xbox Schweiz) : Special

  • Xbox
Von  |  |  | Kommentieren
GW: Xbox Live Arcade ist mittlerweile ein beliebter Bestandteil der Xbox 360. Zu Xbox-1-Zeiten fristete das Angebot in Europa aber nur ein Schattendasein. Waren Xbox-1-Spieler noch nicht bereit für Download-Spiele gegen Bezahlung?

DH: Nun, man hatte diese Möglichkeiten einfach früher nicht. Man braucht dazu eine Festplatte und die Xbox war die erste Konsole mit einer eingebauten Festplatte. Wir wussten, dass Pay-Downloads zu Xbox-1-Zeiten noch nicht massenfähig waren. Ich hatte vor Kurzem ein interessantes Gespräch mit einem Vertreter von T-Online. Dieser hat mir erzählt, dass die Leute zurzeit noch Angst haben, mit dem Handy im Internet zu surfen, weil sie nicht wissen, was es kostet. In fünf Jahren wird das selbstverständlich sein. Damals sind wir davon ausgegangen, dass die Leute langsam anfangen, online zu gehen, und dass die Internet-Verbindung immer besser wird. Anfangs hatten wir mit der Swisscom noch ziemliche Diskussionen wegen 128Kbit Upload und so weiter, heute ist das gar kein Thema mehr. Deshalb glaube ich schon, dass heute ein anderes Nutzerverhalten da ist. Apple ist ein gutes Beispiel: Das Unternehmen brauchte lange, bis es die ersten zehn Million Musikdownloads verzeichnen konnte, und jetzt explodiert das. Es ist nun kein neues Feature mehr, sondern es geht in die Gewohnheit der Menschen über. Ich würde sagen, beim Gaming ist es genau das Gleiche. Wenn ich schnell was spielen will, das nicht so kompliziert ist wie ’Splinter Cell’ & Co., dann kann ich jetzt einfach so ein Spielchen herunterladen. Das Ganze wurde von einem neuen technischen Feature zur Gewohnheit. Da es nun einer breiten Öffentlichkeit zugänglich ist, machen auch mehr davon Gebrauch. Da hat sich ganz sicher etwas verändert zwischen der ersten Xbox und der Xbox 360.

GW: Bereits dreieinhalb Jahre nach dem Xbox-Start erschien in Europa mit der Xbox 360 die Nachfolgekonsole. Hand aufs Herz: War der frühe Wechsel, rückblickend gesehen, sinnvoll oder hätte man noch länger an der Xbox 1 und am Support der Xbox 1 mit Software festhalten sollen?

DH: Der Wechsel hatte mit zwei Sachen zu tun: Das Problem der ersten Xbox war, dass man nur sehr schwierig Updates durchführen konnte. Bei der Xbox 360 mit 60 Prozent Online-Nutzern ist das anders. Jeder kann heute Updates saugen, und dadurch wird der Lebenszyklus der Xbox 360 sicher länger ausfallen als derjenige der Xbox. Die Frage war damals, wie viele Xboxes wir noch zu dem Preis verkaufen konnten und ob wir den Leuten nicht ein neues Spielerlebnis bieten wollten, das zum einen mehr Spaß macht, zum anderen immer mehr angereichert werden konnte mit zusätzlichen Inhalten. Die Entscheidung fiel rasch: Man wollte lieber in etwas Neues investieren, als noch am alten herumzudoktern. Bei der PS2 ging es immer nur darum, den Lebenszyklus möglichst lange zu halten, um dann noch so Dinge wie ’SingStar’ oder ’Buzz’ nachzuschieben. Wir wussten, dass wir diese Massentauglichkeit mit der Xbox 1 nicht hatten. Deshalb war das Absatzfeld in diesem Segment mittlerweile sehr überschaubar, sodass wir gesehen haben, dass es woanders mehr Potenzial gab. Ich glaube, es war die richtige Entscheidung. Wenn wir jetzt zurückschauen, sehen wir, dass es Sinn gemacht hat. Damals war es aber eine extrem schwierige Entscheidung. Wir haben außerdem dank 200 kompatibler Xbox-Spiele auf der Xbox 360 versucht, diesen Generationswechsel möglichst behutsam zu vollführen.

GW: Die Xbox 360 ist nun seit eineinhalb Jahren auf dem Markt. Wie beurteilen Sie die Lage der Konsole? Sind sie zufrieden?

DH: Hurra, die erste Konsole, die zehn Millionen Units verkauft hat! Früher hat man gesagt, wer zuerst zehn Millionen Geräte verkauft hat, gewinnt die jeweilige Konsolengeneration. Ich glaube, der Start ist uns sehr gut gelungen. Aber ich glaube auch, unser Problem ist ein Problem der Branche. Wir haben Wii auf der einen und PS3 sowie Xbox 360 auf der anderen Seite und wir sehen, dass das Konzept der Wii zurzeit die Massen erreicht – vor allem eine große Menge an Leuten, die sich bislang nicht mit Games beschäftigt haben. PS3 und Xbox 360 visieren Leute an, die ganz sicher schon vorher eine Konsole besessen haben und die wissen, was sie spielerisch und multimediatechnisch erwartet. Der Wechsel dieser Personen von der letzten Konsolengeneration zur neuen geht allerdings langsamer voran, als wir gedacht haben. Das gilt für Xbox 360 und PlayStation 3. Auch wenn Roger Frei (Geschäftsführer von Sony Computer Entertainment Switzerland) behauptet, dass alles wunderbar läuft – stimmt nicht. Wenn man es genau anschaut, sind die Branchenzahlen nicht da, wo sie sein sollten, und werden durch Handhelds und Wii geschönt. Scheinbar sind die Gamer noch nicht dazu bereit, zur neuen Konsolengeneration zu wechseln. Dies liegt daran, dass die alte Konsolengeneration sehr gut ist und die Leute noch sehr zufrieden sind mit ihren alten Systemen. Die PS2 ist ein Okay-Gerät, die erste Xbox ist gut, das überzeugt auch heute noch beim Spielen. Das ist der Preis, dass wir so früh auf die nächste Plattform gesetzt haben. Darüber hinaus ist die Technik noch nicht genügend verbreitet. Die ganze HDTV-Sache ist noch nicht weit genug. In der Schweiz sind die HDTVs relativ gut verbreitet, aber es gibt Länder, wo das noch keinen Menschen interessiert. In Italien zum Beispiel will niemand High Definition. Diese Veränderung geht langsamer voran, als wir geglaubt haben. Ich bin überzeugt, dass wir die Ziele mit der Xbox 360 erreichen, es ist nur eine Frage der Zeit. Wir hatten einen guten Start, wir hatten eine Talfahrt in den vergangenen Monaten seit dem letzten Weihnachten. Die PlayStation 3 erlebte Ähnliches – die hatte im März auch einen guten Start, nur sind die Verkaufszahlen dort schneller eingebrochen. Wir haben mit der Xbox 360 mehr Marktanteile als Sony mit der PS3, von dem her sind wir zufrieden. Und die PS3 muss sich etwas einfallen lassen, um den hohen Preis zu rechtfertigen. Sony hat das Gefühl, es müsse in Europa nicht mit dem Preis runter, in den USA haben sie den PS3-Preis gesenkt. Die müssen selbst wissen, was sie tun. Aber ich denke, mit dem niedrigen Preis der Xbox 360 ist unsere Konsole attraktiv für jeden Gamer – egal ob er einen HDTV hat oder nicht. Er bekommt tolle Erlebnisse, mit einem HDTV sogar noch etwas mehr. Es gibt aber noch einige Probleme, die wir angehen müssen, die Geschwindigkeitshemmer (in puncto X360-Verkäufen) werden mit der Zeit verschwinden. Es werden immer mehr Programme in High Definition ausgestrahlt, die Fußball-Europameisterschaft wird der Sache nächstes Jahr einen gewaltigen Schub geben. Wir sind bereit.

GW: Wird Microsoft weiter am Konzept von Core, Premium und bald Elite festhalten oder wird die Core-X360 in absehbarer Zeit verschwinden?

DH: Core ist ein fantastisches Spielerlebnis für Einsteiger. Wir haben den Leuten aber noch nicht erklären können, wieso das so ist. Wir glauben, dass wir mit dem Preispunkt von 579 CHF für eine Xbox 360 Premium noch einen niedrigeren Preis brauchen. Gerade für Leute, die neu in das Videospielen einsteigen und noch nicht wissen, ob sie zum Beispiel Wireless brauchen oder nicht. Da braucht man einen Einstiegspreispunkt. Zugleich braucht man aber auch ein Angebot für die Gamer-Junkies. Für was braucht ein Mensch 120GB? Eigentlich braucht man das nicht, aber mit der Xbox 360 Elite bekommen diejenigen, die das wollen, so eine Möglichkeit. Einer, der einsteigt oder noch aus PSone-Zeiten kommt, der weiß gar nicht, dass es eine Festplatte für Xbox 360 gibt. Irgendwann lernt der dann, was er alles mit einer Festplatte, Xbox Live und so weiter tun kann. Core ist eine gute Idee, die von uns vielleicht noch nicht sonderlich gut umgesetzt worden ist. Für solche Einsteiger reicht auch eine alte Xbox noch. Aber ich denke, wir werden da ein Revival in den nächsten paar Monaten erleben, wo wir die Core diesen Personen etwas schmackhafter machen können.

Kommentarezum Artikel