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Test - Der Herr der Ringe: Gollum : Test: Leider kein Schatz

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Die Geschichte von Gollum ist zeitlich zwischen den Ereignissen von “Der Hobbit” und “Der Herr der Ringe” angesiedelt. Nachdem ihm Bilbo den Ring abgeluchst hat, ist Gollum besessen davon, den “Schatz” wieder in seinen Besitz zu bringen. Als die Versuchung unerträglich wird, geht Gollum auf die Reise. Wäre er doch nur daheim geblieben!

Daheim ist in diesem Fall eine düstere Höhle im Schattengebirge. Der Weg hinaus führt über simple Sprung- und Klettereinlagen, denn Gollum folgt stets festen Pfaden. Es geht Wände hinauf, hangelnd an Kanten entlang und mit etwas Anlauf über Abgründe hinweg. Auf Kämpfe lässt sich der kleine und äußerst schmächtige Kerl dagegen gar nicht ein: Erwischt ihn ein Feind, heißt es sogleich “Game Over” mitsamt Neustart vom letzten Checkpoint. Nur an wenigen vorgegebenen Stellen kann Gollum sich von hinten anschleichen und einen Gegner erwürgen.

Das Schleichen ist auch sonst ein wichtiger Bestandteil des Spiels. Regelmäßig muss Gollum unbemerkt von A nach B gelangen. Dafür kriecht er von Schatten zu Schatten oder harrt unter einem Tisch aus, bis die jeweilige Patrouille ihm den Rücken zuwendet. Hin und wieder kommen Steine zum Einsatz, um Feinde auf eine falsche Fährte zu locken: Geht plötzlich die Laterne aus, schaut der Ork nach dem Rechten – und schon ist Gollum an ihm vorbei. Oder auch nicht …

Technische Abgründe

Bereits im zweiten Gebiet, den Minen von Barad-dûr im Herzen von Mordor, macht sich die schlechte technische Aufmachung des Action-Adventures deutlich bemerkbar. Eine grobschlächtige Levelgestaltung, matschige Texturen, ein schlecht abgestimmtes Kontrastverhältnis und arg hakelige Animationen bei den NPCs lassen das Spiel teils wie einen PS3-Titel erscheinen. Vergleichsweise schöne Ecken, allen voran das lichtdurchflutete Reich der Waldelben mit seinen Bäumen, Wiesen und Flüssen, sind eine absolute Seltenheit. 

Von den drei Grafikmodi der PS5-Version (Qualität, Qualität mit Raytracing, Leistung) kann ebenfalls keiner überzeugen. Am besten sieht es noch mit aktivem Raytracing aus, weil das zumindest für nette Effekte wie Spiegelungen im Wasser sorgt. Allerdings gerät dadurch die Bildrate regelmäßig ins Stottern – trotz generell nur 30 FPS. Auf dem PC sieht es zum Testzeitpunkt ähnlich aus: Trotz starker Hardware läuft das Spiel in einer 4K-Auflösung mit 60 Bildern pro Sekunde niemals stabil – angesichts der allgemein schwachen Grafik eine sehr enttäuschende Vorstellung. 

Spielerisch langweilt Gollum mit unzähligen gleich ablaufenden Klettertouren, die der überschaubar animierte Ex-Hobbit ziemlich träge hinter sich bringt. Zwischendurch geht es vorbei an schrecklich steifen, dafür mit Adleraugen ausgestatteten Wachen. Orks und Elben entdecken Gollum teilweise schon, wenn er nur seine Nasenspitze aus einem schattigen Versteck hält. Wann er gesehen wird und wann nicht, lässt sich vielerorts nur über blindes Ausprobieren herauszufinden. Auf die weiter oben erwähnten Ablenkungen in Form geworfener Steine reagieren die Häscher mitunter gar nicht, was den Schleichgang erschwert oder unmöglich macht – dann bleibt nur der Neustart vom Checkpoint. 

Reichlich Nerven kostet auch die Steuerung. Häufig gehen Sprünge ins Ungewisse, weil die Kamera in die Ego-Perspektive “kippt” oder im völlig falschen Winkel steht – ein Nachjustieren ist nicht oder nur eingeschränkt möglich. Gelegentliche Aussetzer nach Tasteneingaben oder Gollums Weigerung, sich an einer Kante festzuhalten, lassen selbst dem Anflug von Spielspaß keine Chance. Zu allem Überfluss müssen wir im Test mehrfach Level neu starten, weil sich NPCs nicht rühren oder Gollum an einem Checkpoint in einer “Todesschleife” feststeckt: Beim Neustart fällt das graue Wesen gleich wieder in den Abgrund, ohne dass wir etwas dagegen tun können.

Der Herr der Ringe: Gollum - Story Trailer

Der frische Trailer zu Der Herr der Ringe: Gollum soll euch auch die Story etwas näher bringen.

Starke Ansätze, schwache Umsetzung

Nun werden viele dieser Probleme mit dem ersten oder zweiten Patch nach dem Release (hoffentlich) ausgebügelt. Aber das ändert nichts an den enormen inhaltlichen Schwächen des Abenteuers. Es sind nicht nur die belanglosen Kletter- und Sprungeinlagen, die von Anfang bis Ende nach dem immer gleichen Muster ablaufen, sondern auch das Fehlen einer ansatzweise interessanten Geschichte. Dabei zeigt das Spiel in dieser Hinsicht durchaus starke Ansätze.

Das trifft vor allem auf den stetigen Konflikt zwischen dem bösartigen Gollum und dem guten Sméagol zu. Eine erstklassige deutsche Vertonung hebt die permanenten Zwiegespräche der beiden fast auf das Niveau der Kinofilme. Mehrfach ist es sogar erforderlich, eine Situation auf Sméagols oder Gollums Art zu lösen. Beispielsweise will entschieden werden, einen Verbündeten zu retten oder ihn zu opfern. In der anschließenden Diskussion gilt es dann, die jeweils andere Seite mit Argumenten (in Textform) zu überzeugen. Gelingt das, läuft alles wie geplant. Falls nicht, setzt die zweite Persönlichkeit ihr Vorhaben durch. 

Das wäre ein äußerst solides Fundament für intensive Auseinandersetzungen, weitreichende Entscheidungen und somit unterschiedliche Story-Verläufe gewesen. Tatsächlich lässt schon die holprige Inszenierung der Streits mit Standbildern (siehe oben) und grafisch dürftigen Zwischensequenzen keine Spannung aufkommen. Zudem werden mögliche Auswirkungen auf den Verlauf der Story nicht einmal angedeutet. Von einer charakterlichen Entwicklung, die mit den getroffenen Entscheidungen zusammenhängt, fehlt ebenfalls jede Spur.

Selbst Gollums eigentlicher Antrieb, den einen Ring zu finden, geht zwischen Botengängen, Spitzel-Einsätzen und einer bizarren Vogelzucht fast vollständig verloren. Plötzliche Zeitsprünge, viele blasse Nebencharaktere und abrupte Wechsel der Schauplätze lassen den Plot zusammengestückelt wirken. Von den großen Momenten, die Bücher und Filme auszeichnen, nimmt das Spiel so viel Abstand wie Orks von einer heißen Dusche. Die wenigen ungewöhnlichen Abschnitte, beispielsweise die Flucht vor der Riesenspinne Kankra, nerven aufgrund der allgemein miesen Technik so sehr, dass man froh ist, wenn sie vorüber sind. Und das gilt am Ende leider fürs gesamte Spiel ...

Anmerkung: Wir haben Gollum in der Version 1.000 bis 1.002 getestet.

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